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Finanzpaket im BundesratNun steht Hubsi doch im Rampenlicht

Die Grünen sind im Boot, doch jetzt muss das Finanzpaket noch durch den Bundesrat. Und damit kommt es auch auf Hubert Aiwanger an.

Der lachende Dritte: Mal sehen, wie hoch Hubert Aiwanger (hier neben Söder und dem bayerischen Finanzminister Füracker) pokert Foto: Imago/ Frank Hoermann/Sven Simon

München taz | Zumindest diese Genugtuung bleibt Hubert Aiwanger: Jetzt hängt die Zukunft Deutschlands doch noch an ihm. Nur drei Wochen nachdem Aiwangers Freie Wähler bei der Bundestagswahl krachend gescheitert sind, schaut jetzt alles auf den Niederbayern. Gerade mal 1,5 Prozent erreichte seine Partei bundesweit, selbst im Stammland Bayern waren es nach 7,5 im Jahr 2021 nur noch mickrige 4,3 Prozent, und die anvisierten drei bis vier Direktmandate verfehlte die Partei nicht nur knapp. Aber jetzt braucht die mutmaßliche künftige Bundesregierung im Bundesrat auch die Stimmen Bayerns. Ohne die Zustimmung der Freien Wähler zum Finanzpaket von Union und SPD allerdings müsste sich der Freistaat enthalten.

Und man kann nicht gerade behaupten, dass es die CSU ihrem bayerischen Koalitionspartner bisher leicht gemacht hätte, ihr den Gefallen zu tun und dem Paket seinen Segen zu geben. Ministerpräsident Markus Söder verhält sich zurzeit eher wie die Axt im Walde – als hätte man vergessen, ihm mitzuteilen, dass der Wahlkampf bereits beendet ist. So schlug er zuletzt beim Politischen Aschermittwoch, aber auch bei Interviews weiterhin auf Grüne und Freie Wähler ein – also ausgerechnet die beiden Parteien, auf die Schwarz-Rot jetzt angewiesen ist. „Ich habe keine Lust mehr, ständig bundespolitisches Gequake zu hören von Leuten, die null Ahnung von der Sache haben“, moserte er beispielsweise über die Freien Wähler. Klingt nicht nach Diplomatie im fortgeschrittenen Stadium.

Wenig verwunderlich also, dass die Freien Wähler erstmal „nein“ gesagt haben. „So, wie derzeit dieses Papier vorliegt, können wir nicht zustimmen, weil wir damit mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes sehen“, meldete sich Aiwanger am vergangenen Mittwoch nach einer Sondersitzung seiner Fraktion im bayerischen Landtag zu Wort. Die Schuldenbremse müsse beibehalten werden, um den Reformdruck aufrechtzuerhalten – „dass wir wirklich an die Probleme rangehen, die Deutschland zu teuer machen, die Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit rauben“.

Zugeständnisse beim Länderfinanzausgleich?

Gleichzeitig ließen die Freien Wähler jedoch durchblicken, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Man setze nun auf Gespräche mit der CSU. In der Tat reagierte der Juniorpartner der bayerischen Koalition wohl auch deshalb so pikiert, weil die CSU noch nicht einmal das Gespräch mit ihm gesucht hatte. Am Montag nun soll der Koalitionsausschuss zu einer Sondersitzung zusammentreten.

Ob es reicht, den Freien Wählern dann ein bisschen den Bauch zu pinseln, womit sich Söder ohnehin erkennbar schwertut, oder handfeste Zugeständnisse nötig sind, um sie milde zu stimmen, wird sich erst dann zeigen. Und welche Zugeständnisse das sein könnten, ist unklar. Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Pohl, brachte eine Reform des Länderfinanzausgleichs ins Spiel. Die neue Bundesregierung, so der Vorschlag, sollte die Zahlungen der Geberländer auf 0,5 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts deckeln.

Bayern müsste demnach statt bisher knapp 10 Milliarden Euro nur noch 3,5 bis 4 Milliarden Euro zahlen. Söder hätte wohl kein Problem zu versprechen, sich in der Koalition für eine Reform des auch von ihm als zutiefst ungerecht empfundenen Länderfinanzausgleichs einzusetzen. Was die Koalitionspartner in Berlin dazu sagen würden, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Söders Nimbus als starker Mann in Gefahr

Theoretisch ginge es im Bundesrat auch ohne die Freien Wähler. Doch dafür müsste das schwarz-rote Bündnis außer den Bundesländern, in denen ausschließlich CDU, SPD und/oder Grüne regieren, Bundesländer mit FDP-, BSW- oder Linken-Regierungsbeteiligung auf seine Seite ziehen. Das wären Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt (FDP), Thüringen und Brandenburg (BSW) oder Mecklenburg-Vorpommern und Bremen (Linke). Oder eine wilde Kombination daraus.

Zudem wäre es ein herber Rückschlag für Markus Söder, der sich schon längst als der starke Mann in der neuen Regierung geriert. Er selbst lehnt einen Ministerjob in einem Kabinett Merz zwar vehement ab, da ihm die Mitgliedschaft in Gremien, in denen er nicht selbst den Ton angibt, grundsätzlich zuwider ist. Ihm schwebt aber vor, über den Koalitionsausschuss, der nach seiner Vorstellung künftig eine deutlich stärkere Rolle bekommen soll, mitzumischen – und das zumindest auf Augenhöhe mit Merz, Klingbeil und Co. Ganz nach dem alten Strauß’schen Motto: Ist mir doch egal, wer unter mir Kanzler ist.

Wenn nun aber ausgerechnet das Finanzpaket an Bayern scheitern sollte, wäre der Nimbus des starken Manns dahin. Und selbst wenn es trotz eines bayerischen Neins noch die Zweidrittelmehrheit bekommt: Allein die Vorstellung, dass die Handlungsfähigkeit der neuen Regierung gegen die Stimmen Bayerns und nur mit dem Segen von, sagen wir, Bremen zustande kommen würde – welche Schmach für Söder!

CSU gibt sich gelassen

Allzu wahrscheinlich ist das Szenario freilich nicht. Zu viel dürften die Freien Wähler in Bayern bei einem Nein riskieren. Die CSU gibt sich denn auch betont gelassen. „Der Freistaat Bayern wird diesem Paket zustimmen, da muss man sich gar keine Gedanken drüber machen“, sagt etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Auch Söder scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Und in der Tat hat er einen argumentativen Trumpf – und noch einen machtpolitischen dazu.

Zum einen sind die Freien Wähler ihrer Herkunft und auch ihrem Selbstverständnis nach die Partei der Kommunen. Lehnten die Landespolitiker nun das Finanzpaket ab, das auch den finanziellen Spielraum für die Kommunen erweitern würde, dürfte dies nicht nur auf Zustimmung bei den vielen Landräten und Bürgermeistern stoßen, die die Freien Wähler stellen.

Zum anderen riskiert Aiwanger ein Ende der Koalition in Bayern. Rechnerisch könnte Söder auch mit jeder anderen Partei im Landtag eine Koalition bilden. Geht man davon aus, dass AfD und Grüne nicht in Frage kommen, bliebe aber immer noch die SPD. Deren Fraktionschef Holger Grießhammer zitierte im Spiegel vorsorglich schon mal den früheren SPD-Chef Franz Müntefering und verwies darauf, auch er sei durchaus der Meinung, dass Opposition Mist sei.

Anm. der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Bayern müsse nur Millionen für den Länderfinanzausgleich abgeben. Tatsächlich sind es Milliarden. Wir haben das korrigiert.

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12 Kommentare

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  • Hui, da werden ja die Tage von unseren legetimierten Politikern gerade so manche Pirouetten gedreht - es könnte einem fast schwindelig werden...



    Aber, ein wichtiges Kennzeichen von Rechtsstaatlichkeit ist ja die Gewaltenteilung, insbesondere der Unabhängigkeit der Justiz: Alle staatlichen Entscheidungen müssen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können.



    Solange diese Unabhängigkeit gewahrt bleibt, sollte es doch keine Probleme geben, oder ?



    Wobei unser Grundgesetz gibt unseren Legetimierten in der Regierung - schon recht viel Spielräume, wie wir gerade sehr fein erkennen dürfen.

  • Die Grünen bekommen für ihre Zustimmung nach ausführlichen Verhandlungen ihre komplette Wunschliste erfüllt.



    Und das ist weitaus mehr, als sie in drei Jahren an der Regierung umsetzen konnte.

    Im Bundesrat gibt es allerdings Stimmen, die von BSW, Linke, FDP, FW beeinflußt bzw. bestimmt werden.



    Mit denen wird gar nicht erst verhandelt, im Fall der FW erteilt die Söder-CSU einfach eine Anweisung.



    Wenn die FW das ohne Gegenleistung machen, können sie sich auch gleich auflösen.

  • 'Stand heute', so scheint mir, ist: Ob die Wunschträume von Merz und Söder in dieser Woche - vorläufig, wenigstens - in Erfüllung gehen werden, ist durchaus ungewiss. Morgen werden wir's vielleicht schon wissen.



    Sollte es doch zum worst case kommen, 'was nun, Herr Merz?'



    Für den Fall einer solchen 'Implosion' wage ich die Prognose, dass Merzens Knabenmorgenblütenträume (Goethe) binnen Tagen frost/frust-geschädigt erledigt sein werden. Am Ende könnte es unter neuer Anführerschaft im April! April! sogar zu einem Not-Dreier (mit oder ohne CSU?) kommen...



    Sollte ein solcher 'Konjunktiv' nun 'Optativ' oder 'Irrealis' genannt werden? Wir werden sehen.

  • Tja, wer könnte Hubsi schon groß leiden? Aber ich könnte mir trotz Abneigung vorstellen, dass er intelligenter ist als die Grünen und versteht, welche Macht er in diesem Moment hat - auch wenn sie deutlich geringer ist als die der Grünen. Er wird mehr versuchen, denke ich.

  • Bei den Grünen wahren es die Politiker aus den Landesregierungen welche im Endeffekt die Zustimmung durchgedrückt haben, weil die Bundesländer das Geld benötigen. Aiwanger steht vor dem selben Problem (für ihm), weil auch hier die FW Politiker in den Städten, Kreisen, Gemeinden das Geld dringend benötigen. Aiwanger wird deshalb genauso, nach einem kleinen Geschenk, zustimmen.

  • Wenn der Eiwanger Hubsi König Söder Markus auf das Normalmaß zurechtsstuzt tinke ich einen darauf, genauso wie beim politischen Ende von Lindi Lindner und Frau Zarenknecht.

  • Was Union und SPD noch nicht ganz verstanden haben:

    Wenn sie harte Kürzungen wie z.B. Schwarzrot im Land Berlin durchsetzen, werden sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufs Spiel setzen.

    Und da das ziemlich wenig zu interessieren scheint: Dann wird es eine sehr kurze Amtszeit des Sauerländers geben und eine Verzwergung der SPD unter das Niveau der Linkspartei (von bisher nicht vorstellbaren Umbrüchen im Parteiensystem ganz zu schweigen).

    Aber wenn die Volksparteien eh den Weg allen Zeitlichens gehen: Warum nicht besser früher als später.

    Diese Agonie mag doch keiner mehr sehen.

    • @Stavros:

      "harte Kürzungen im Land Berlin" ? 29 € Tickets, kostenlose Kitas, enorme Aufwendungen für Kunst und Kultur, usw., Berlin hat immer nur das Geld der anderen Bundesländer (Bayern) verschwendet und ist selbst jetzt nach Einsparungen noch viel Großzügiger in vielen Sachen als der Rest von Deutschland. Berlin ist und bleibt das Paradebeispiel wie in Deutschland (Steuer) Geld vernichtet wird.

      • @Günter Witte:

        taz.de/Sparplaene-in-Berlin/!6051481/

        Kann nicht nachvollziehen, was Sie gegen kostenlose Kitas haben.

        Die arbeitenden Eltern zahlen Steuern und die hoffentlich gut ausgebildeten Kinder Ihre Rente.

        Die Zusammenhänge sind meistens komplexer als "Bayern muss alles zahlen"-Mantra. Selbstverständlich kann Bayern andere Wege gehen, wo die Betreuung eher häuslich erfolgt - dann gibt es aber auch weniger (meist weibliche) Steuereinnahmen.

  • Das parasitäre Anhängsel der CDU - genannt CSU - gehört endlich raus aus dem Bundestag. Wie hat Söder einst getrötet: Deutschland braucht Bayern, aber Bayern braucht Deutschland nicht? Schön, dann soll er seinen Aiwanger nehmen und daheim den Kini spielen.

  • Wenn Aiwanger die Situation erkennt und als 5. Strategem begreift könnte er Ministerpräsident werden. Aber Esken wird ihn schon auf Linie bringen. Er ist ja kein Saddhu.

  • Wenn Aiwanger dem Schuldenpaket zustimmt riskiert er es vor allem, Wählerstimmen an die AfD zu verlieren. Nächstes Jahr sind Kommunalwahlen in Bayern, das ist die eigentliche Machtbasis der FW. Darauf muss Aiwanger achten. Ok, im Paket ist soviel Geld da kann man auch eine zweite Partei kaufen. Aber ob Aiwanger käuflich ist, erscheint mir bei diesem deal fraglich. Söder ist gleich nach dem Treffen in Berlin nach München zurückgefahren, als ob er mit dem ganzen Laden nichts zu tun haben will. Er hat seitdem auch nicht viel gesagt, was bei ihm unüblich ist. Wenn er dem Schuldenpaket zustimmt, verliert auch die CSU Stimmen, an die AfD. Und das kann sich Söder überhaupt nicht leisten. Und es wird interne Streitigkeiten geben weil die Mehrheit der CSUler auch dagegen ist. Mir scheint fast als ob Söder den Aiwanger machen lässt. Wenn das Paket platzt, ist er nicht schuld und er hat keinen Ärger mit seiner Partei und bei den nächsten Wahlen.