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Absturz der Kryptowährung $LIBRAArgentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen

Anleger haben in wenigen Stunden bis zu 107 Millionen Dollar verloren. Anwälte verklagen den libertären Präsidenten Milei wegen Betrugs.

Der umstrittene Präsident Milei richtet in Argentinien mit rigorosen Kürzungen viel Schaden an. Jetzt schadet er auch Anlegern Foto: Agustin Marcarian

Buenos Aires taz | Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei hat einen dubiosen Run auf eine neue Kryptowährung ausgelöst. Am vergangenen Freitag, kurz nach 19 Uhr, veröffentlichte Milei einen Beitrag auf seinem X-Account, in dem er für das private Projekt $LIBRA Token warb, mit dem kleine argentinische Unternehmen und Start-ups finanziert werden sollen. „Das liberale Argentinien wächst!!! Die Welt will in Argentinien investieren“, jubelte der Präsident und postete zugleich den Link zu dem Projekt, das eine Kryptowährung in Form eines Tokens anbot.

Kaum war der Post online, ging der Wert des $LIBRA Token durch die Decke. Nicht wenige seiner 3,8 Millionen Follower hielten es für eine klare Kaufempfehlung des Präsidenten. Dabei zirkulierten schon kurz nach Mileis Post Hinweise auf ein wenig seriöses Event. So war einigen Kryptoexperten rasch aufgefallen, dass die Domäne der Projekt-Website am selben Tag eingerichtet und die angebotenen Token gerade mal drei Minuten vor dem Posting des Präsidenten erstellt worden waren.

Darüber hinaus wurden offensichtlich über 80 Prozent der sich rasant im Umlauf befindlichen Token von nur fünf digitalen Geldbörsen kontrolliert. Eine Konzentration, die für Kryptowährungen völlig ungewöhnlich ist, so die Experten. Auch der Mangel an Informationen über die zugrunde liegenden Betreiber wurde kritisiert. Mehrfach wurde die Frage gestellt, ob Mileis Account nicht von einer Bande von Kryptokriminellen gehackt worden waren, um einen mutmaßlich betrügerischen Post einzustellen.

Als schließlich nach einer Stunde der Abzug von 90 Millionen Dollar aus den wenigen digitalen Geldbörsen gemeldet wurde, brach der Wert des $LIBRA Token zusammen. Für das Ende des Runs sorgte Milei dann selbst, als er seinen Jubelpost nach weiteren vier Stunden schließlich löschte. Er sei nicht gehackt worden, der Post sei von ihm gewesen, aber er habe „die Details des Projekts nicht gekannt“ und nun beschlossenen, es nicht weiter zu unterstützen, schrieb er.

Vorwürfe gegen Milei

Daraufhin löste sich der letzte Rest des Wertes des Tokens in Luft auf. Es wird geschätzt, dass rund 44.000 Anleger in den etwas mehr als fünf Stunden bis zu 107 Millionen Dollar verloren haben. Da nicht klar ist, wo die Millionen jetzt sind, wird wild spekuliert: Hat etwa Milei mit einigen Insidern den Reibach gemacht?

Während der Präsident eine umfassende Untersuchung durch das staatliche Antikorruptionsbüro ankündigte, ob sich jemand aus seiner Regierung bereicherte, wurde seine Unwissenheit infrage gestellt. „Javier Milei hat Libra Token anfangs unterstützt und aktiv auf Social-Media-Plattformen, einschließlich X und Instagram, beworben“, erklärte Hayden Davis, der sich als „Berater von Milei“ und Controller bei $LIBRA Token bezeichnet. „Seine Mitarbeiter hatten mir ihre öffentliche Unterstützung bei der Einführung zugesichert und mir versichert, dass ihre Unterstützung während des gesamten Prozesses fortbestehen würde“, so Davis weiter in einem auf Instagram eingestellten Video. Noch ist vieles kryptisch. Bekannt ist aber, dass sich Davis und Milei Ende Januar im Präsidentenpalast getroffen hatten. Am Sonntag haben argentinische Anwälte Klage gegen Milei wegen Betrugs eingereicht.

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21 Kommentare

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  • Wenn man den Kerl so leicht über den Tisch ziehen kann, dann wird das allerhand Nachahmer motivieren.

    • @Monomi:

      Wer sagt denn, wer hier wen zog? Manus dextera manum dexteram lavat.

  • Die nächste Stufe des Kapitalismus: Schauspieler als Politiker, Schauspiel als Politik, Bereicherung einer unappetitlichen Schicht, Abspeisen der Ärmsten mit hirnerweichendem Müll. Abzocken, wie es Trump und Musk vormachten, nur noch dreister.



    Währenddessen schrumpft die Wirtschaft im jähen Fall, wen kümmert's?

  • Das riecht streng nach einem Insider-Schurkenstück.

  • Extrem viel von dem Krypto-Zeugs sind Schneeballsysteme... sowas was der Milei da offenbar inszeniert hat, ist ja kein Präzedenzfall... mein Gott.. die Menschen...

  • "Darüber hinaus wurden offensichtlich über 80 Prozent der sich rasant im Umlauf befindlichen Token von nur fünf digitalen Geldbörsen kontrolliert. Eine Konzentration, die für Kryptowährungen völlig ungewöhnlich ist, so die Experten."

    Gewöhnlicher geht es gar nicht bei Kryptowährungen. Das ist ein klassicher Rugpull-Scam wie es ihn schon tausende Male gegeben hat.

  • Aber abgesehen von solchen Einzelfällen wie diesem un ein paar hundert anderen, ist es vollkommen sinnvoll in Cryptowährungen sein Geld zu stecken? "Investieren" kann man so etwas ja nicht nennen. Das sind im besten Fall wetten ohne Quote.

  • "Mehr Milei" wagen, meinte Christan Lindner. Vielleicht hat dieser marktradikale FDP-Fanboy das hier gemeint.

    • @Ice-T:

      Da haben die Argentinier wohl etwas falsch in den gierigen Hals bekommen.



      😉

  • Wer den Hals nicht voll bekommt, hat sich verspekuliert, was solls ? Mitleid ? Es zeigt nur, wie verzweifelt 'Anleger' noch nach Gold suchen, wo keins mehr ist. Ob das von einem 'Präsidenten' ausgeht oder einem Zocker, wie Musk, völlig egal ! (Falsch-) Geld regiert die Welt, zumindest so lange, wie die Abgehängten dabei zuschauen, wie immer weniger (noch!) Reiche -untertützt von Politik und 'Volks'-Wirtschaftlern- den Planet plündern und dabei zerstören.

  • ... wie war das doch gleich bei Douglas Adams? "Zaphod, was ist eigentlich mit deinem Vermögen passiert?" - "Ich hab's im Taxi liegen lassen."

  • "der Post sei von ihm gewesen, aber er habe „die Details des Projekts nicht gekannt“"



    Ich nehme an, das ist die vielgerühmte Wirtschaftskompetenz?

    • @Encantado:

      Glaub ich auch.

  • milei – ist das nicht das wirtschaftspolitische genie, an dessen politik christian lindner seine als partei getarnte beutegemeinschaft ausrichten will?

  • Ein schönes Beispiel von "mehr Milei wagen".

  • Erinnert an Trump. Das Abzocken der eigenen Bewölkerung durch Kryptowährungen scheint für neoliberale Präsidenten in Mode zu kommen.

    • @XXX:

      Ich geh mal davon aus, dass das nicht grade das argentinische Prekariat getroffen hat. Wohl eher eine internationale Zocker-Gemeinschaft.

  • The one and only rule of Krypto:

    Either you are scamming, or you are getting scammed.

  • Wo, wenn nicht hier, gilt: "Wo gesägt wird, fallen eben Späne"? Das gilt eben auch für Leute, die ihre überflüssigen Pesos unbedingt in Krypto anlegen müssen. Und das auf Empfehlung einer nicht gerade seriös erscheinenden Persönlichkeit.

  • Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, dass das schon die richtigen getroffen haben wird.



    Wer Milei für vertrauenswürdig hält, und blind irgendwelchen Crypto scams hinterherläuft ist wohl selber schuld.

    • @Sybille Bergi:

      Hoffentlich trifft es die Richtigen.