Watzkes Wahlwerbung für Merz: Sauerländischer Filz beim BVB
Aki Watzke macht unangenehmen Wahlkampf für Friedrich Merz. Und ligaweit teilen pöbelnde alte Herren wie er, Hoeneß oder Zingler einen Sound.
H ans-Joachim Watzke äußert sich gern zu Politik. Vor allem äußert sich der BVB-Boss und das CDU-Mitglied in letzter Zeit gern zu Friedrich Merz. „Friedrich kann scharf formulieren, aber er ist einer, der verbindet“, dozierte er jüngst plakatreif. Die beiden gelten als Jugendfreunde, „unsere Väter haben schon gemeinsam Politik gemacht“ (Watzke). BVB-Mitglied Merz wiederum war zehn Jahre im Aufsichtsrat von Borussia Dortmund. Es ist ein unangenehmer sauerländischer Filz, der sich da auf den BVB legt.
Die Einmischung des mächtigen Multifunktionärs Watzke ist nicht neu, er unterstützte 2021 schon Armin Laschets Kanzlerkandidatur. Dieser hatte sich zuvor dem BVB äußerst entgegenkommend gezeigt, indem er in der Pandemiezeit für Lockerungen lobbyierte. Eine Hand wäscht die andere. Die Vehemenz, mit der sich Watzke nun wöchentlich für Merz in den Ring wirft, ist allerdings schon peinlich. Interessant auch, dass sich mit Markenbotschafter Roman Weidenfeller ein weiterer Dortmunder für Merz ablichten lässt. Solch enge Spezl-Beziehungen kennt man sonst eher vom FC Bayern und der CSU. Die hat es immerhin nie ins Kanzleramt geschafft.
Für den Fußball heißt das nichts Gutes: Zuletzt verbreitete Merz die beliebten Fake News, dass im Kinderfußball keine Tore mehr geschossen werden dürften und kündigte an, dem DFB dafür die Leviten zu lesen. Völlig kenntnisfrei von aktuellen Fußballentwicklungen, aber auf Linie von Watzke („demnächst spielen wir dann noch ohne Ball“). Zu befürchten sind weitere markige Einmischungen, deren Konsequenzen allerdings überschaubar sein dürften. Und zu viel Lobbymacht für den Profifußball. Watzke selbst bedient sich inhaltlich leichtgewichtig am Baukasten von Merz, schimpft über fehlende Leistungsbereitschaft, Migrationspolitik oder Gendern.
Den Tabubruch mit der AfD fand der BVB-Boss unproblematisch, ähnlich sieht das Ex-Rivale Uli Hoeneß. Denn Watzkes Rants sind kein Alleingang, sondern Teil eines Sounds im Fußball. Auch Rummenigge wettert gern über allgemeine Verweichlichung und belehrende Deutsche. Das gehört schon lange zum Repertoire von Hoeneß, der behauptet, die Grünen wollten ihm Zucker im Kaffee verbieten. Je weniger die alten Herren realpolitisch im Fußball zu sagen haben, desto schriller werden ihre politischen Tiraden. Und desto einiger werden sie sich. In ihrem Habitus aus der Fußballbubble – geprägt von viel Geld, viel toxischer Männlichkeit, viel Leistungsdruck – dürften sie sich in Friedrich Merz so gut wiederfinden wie lange nicht mehr seit der Vor-Merkel-Ära.
Zurückhaltung der anderen
Erstaunlich ist, dass die Stimmen der Halbpensionäre medial noch so viel Beachtung bekommen. Das ist zum einen der Zurückhaltung anderer Spitzenklubs geschuldet. Von Meister Bayer Leverkusen, Red Bull, Eintracht Frankfurt oder dem VfB Stuttgart ist kaum Politisches zu vernehmen, zumindest aber erfreulicherweise auch keine Wahlempfehlung. Vielleicht ist das Selbstverständnis anders. Schwer vorstellbar, dass etwa Bayer-Sportdirektor Simon Rolfes oder VfB-Boss Alexander Wehrle übers Gendern vom Leder ziehen. Sie entstammen einer Generation, die sich eher als CEOs sieht denn als Volkspatrone.
Die diskursive Dominanz dürfte, zweitens, auch dem Rollback rund um Friedrich Merz geschuldet sein. Plötzlich sind die pöbelnden alten Herren mit ihrem Doomsday-Gerede wieder Zeitgeist, obwohl die Liga längst diverser ist. So entstehen mitunter kuriose gemeinsame Fronten. Union-Boss Dirk Zingler, der eher BSW-Sound betreibt, sah jüngst eine Bevormundung wie in den letzten Jahren der DDR: „Die Elite und das Volk leben aneinander vorbei.“ Aki Watzke, Uli Hoeneß, Dirk Zingler: In der wohl größten Krise der Bundesrepublik sind die fußballerischen Klassenfeinde einander ganz nahe.
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