piwik no script img

Wirbel um die Bildungsmesse Didacta

Die AfD soll sich kommende Woche auf der Stuttgarter Messe präsentieren dürfen. Entsprechend groß ist die Kritik an den Veranstaltern – die halten sich bedeckt

Die Didacta in Stuttgart ist Europas größte Bildungsmesse – im Jahr 2023 noch ohne die AfD Foto: Arnulf Hettrich/imago

Von Matthias Meisner

Knapp eine Woche vor der Eröffnung der Stuttgarter Bildungsmesse Didacta wächst der Druck auf die Veranstalter, eine umstrittene Entscheidung zurückzunehmen. Wenn die Messe kommenden Dienstag eröffnet, gehören erstmals überhaupt auch Parteien zu den Hauptausstellern. Eine entsprechende Anfrage der extrem rechten AfD beantworte die Stuttgarter Messe mit Ja, auch die baden-württembergischen Regierungsparteien Bündnis 90/Die Grünen und CDU wurden zugelassen.

Dass einer in Teilen rechtsextremen Partei eine solche Plattform geboten wird auf der Messe, die noch dazu das Thema „Demokratiebildung“ als Schwerpunkt 2025 gesetzt hat, stößt auf Unverständnis und Empörung. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Organisationen und Verbänden etwa bezeichnete es am Mittwoch als „fatalen Fehler, wenn sich die AfD auf der Didacta als Hauptaussteller präsentieren dürfte“. Sie fordern die Veranstalter auf, sich „unmissverständlich von der AfD zu distanzieren und sicherzustellen, dass die Messe kein Forum für demokratiefeindliche Parteien bietet“.

Die großen Bildungsgewerkschaften GEW und VBE, die auch dem oben genannten Bündnis angehören, hatten bereits zu Wochenbeginn protestiert und sich im Anschluss – nachdem ein unmittelbarer Erfolg ausblieb – direkt an die Geschäftsführung der Stuttgarter Messegesellschaft gewandt: „Wir bitten Sie dringend, Ihre Entscheidung […]noch einmal zu überdenken und einen Ausschluss auszusprechen.“

In der Bildungspolitik der AfD gibt es zwischen den Positionen des ehemaligen Geschichtslehrers und Rechtsaußen Björn Höcke und dem AfD-Landesverband Baden-Württemberg keine Differenzen. Die Landespartei polemisiert ebenso wie Höcke gegen „Gender-Ideologie“ und warnt vor einer Inklusion von Schülern mit körperlichen Handicaps „um jeden Preis“. Der Präsident der Lager­gemeinschaft Dachau, Ernst Grube, warnte deshalb am Mittwoch mit Blick auf die Didacta: „Die AfD nutzt Bildung als Instrument, um geschichtsrevisionistische Narrative zu verbreiten und Zweifel an historisch belegten Fakten zu säen.“

In der Gesamtpartei ist die Südwest-AfD mit tonangebend. Spitzenkandidatin auf der Landesliste zur Bundestagswahl ist AfD-Chefin Alice Weidel. Auf Facebook übt der Landesverband bereits die Opferrolle für den Fall, dass er doch noch von der Didacta ausgeschlossen wird: Bei der Kritik handele es sich um „alberne Empörungsrituale links-grüner Haltungsmenschen“, erklärt er.

Ein Bündnis fordert die Veranstalter auf, sich „unmissver­ständlich von der AfD zu distanzieren“

Zu denen rechnet die AfD zweifelsohne auch die Publizistin Marina Weisband, die auf der Didacta 2025 als „Bildungsbotschafterin“ ausgezeichnet werden soll. Gegenüber der taz sagte sie: „Ich hoffe, dass der Druck auf die Messe groß genug wird, dass diese Akteure wieder ausgeladen werden.“ Ob sie zum Boykott der Messe aufrufen wird, weiß sie noch nicht: „In manchen Situationen macht Boykott Sinn. In anderen – Widerstand.“

Hauptgesellschafter der Messe sind das Land Baden-Württemberg und die Landeshauptstadt Stuttgart – beide sind in der heiklen Causa auf Tauchstation. Die Messegesellschaft hatte die AfD-Präsenz zunächst verteidigt: Die von der AfD gezeigten „Inhalte und Produkte“ seien „mit der Nomenklatur der Veranstaltung vereinbar“, eine Messe sei „keine Zensurbehörde“, hieß es noch Ende vergangener Woche. Mittlerweile scheinen die Veranstalter aber ins Grübeln zu kommen. Diese Woche hieß es auf Nachfrage: „Die Messe Stuttgart wird die Messepräsenz dieses Ausstellers und die diesbezüglichen Diskussionen sehr aufmerksam verfolgen und fortlaufend bewerten.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen