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Nach dem Anschlag in MagdeburgScholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden

Bundeskanzler Scholz will eine konsequente Aufklärung möglicher Sicherheitslücken. Der Bundesopferbeauftragte verspricht den Betroffenen Hilfe.

Betroffener Blick: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besucht den Tatort in Magdeburg Foto: imago

Berlin afp/taz | Nach dem Attentat in Magdeburg hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine konsequente Aufklärung möglicher Sicherheitslücken und mehr Kompetenzen für Sicherheitsbehörden gefordert. „Diese furchtbare Tat lässt mich nicht los“, sagte Scholz in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenportal t-online. „Zu den notwendigen Konsequenzen gehört, dass wir untersuchen, ob man diese schreckliche Tat hätte verhindern können“, betonte Scholz. „Jeder Stein muss dabei umgedreht werden.“

Offensichtlich habe es „über die Jahre immer wieder Hinweise“ bei den Sicherheitsbehörden auf den Tatverdächtigen gegeben, sagte der Kanzler weiter. „Meine Erwartung ist klar: Jetzt muss sehr genau geprüft werden, ob es Versäumnisse bei den Behörden in Sachsen-Anhalt oder auf Bundesebene gegeben hat. Da darf es keine falsche Zurückhaltung geben.“

Seit dem Anschlag gibt es Kritik an den Sicherheitsbehörden. Mehreren Medienberichten zufolge wurde auch Strafanzeige gegen die Polizei und die Stadtverwaltung gestellt. Im Fokus steht dabei das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt. Dabei geht es um die Frage, wie der Mann mit dem Auto auf den mit Betonblocksperren gesicherten Weihnachtsmarkt gelangen konnte.

Bundeskanzler Scholz forderte zudem Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden und sprach dabei auch die Union an. Nach den Messerattacken von Mannheim und Solingen habe die Bundesregierung mit dem Sicherheitspaket entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Für die Zustimmung im Bundesrat brauche es die Stimmen von CDU und CSU – „insofern sprechen wir mit allen Beteiligten“.

Bei dem Anschlag am Freitagabend soll der 50-jährige Verdächtige mit einem Mietwagen über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gefahren sein und zahlreiche Besucher erfasst haben. Bei dem Mann handelt es sich um einen bereits seit 2006 in Deutschland lebenden Arzt aus Saudi-Arabien. Er fühlte sich in seinem Heimatland bedroht, unter anderem weil er Islamkritiker war. Das Motiv der Tat ist bislang unklar. Bei dem Anschlag starben fünf Menschen, mindestens 200 wurden verletzt.

Unterstützung für Betroffene

Der Bundesopferbeauftragte, Pascal Kober und die Opferbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Gabriele Theren, haben den Betroffenen des Anschlags Unterstützung zugesichert. Am 23. Dezember 2024 habe es ein erstes Rundtischgespräch gegeben, um die Hilfe für die Betroffenen zu koordinieren. Das geht aus einer am freitag gemeinsam veröffentlichten Pressemitteilung hervor. Unterstützt wurden sie zudem vom Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt unterstützt. Viele Betroffene des Anschlags seien inzwischen kontaktiert worden und hätten Unterstützungsangebote erhalten.

Nun arbeite man „mit Hochdruck daran, auch diejenigen Betroffenen ausfindig zu machen, die wir bisher nicht kennen“, erklärte der Bundesopferbeauftragte, Pascal Kober. „Wir wollen ihnen sagen: Der Staat steht an ihrer Seite. Bund und Land arbeiten dabei Hand in Hand“, so Kober weiter.

Auch die Opferbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Gabriele Theren, versprach schnelle Hilfe. Der Anschlag in Magdeburg habe „tiefe Wunden in unserer Gesellschaft hinterlassen und die Betroffenen in eine Lage gebracht, die für viele unvorstellbar ist“, sagte sie. Es sei nun wichtig, „schnell, unbürokratisch und umfassend zu helfen.“ Dabei ginge es um finanzielle Hilfe, psychosoziale Betreuung sowie fachliche Beratung. Beim Runden Tisch arbeiten laut Theren Ver­tre­te­r*in­nen von Bund, Land, Hilfsorganisationen und anderen Institutionen eng zusammen.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • In Magdeburg hätte es wahrscheinlich schon gereicht ein Polizeiauto an der richtigen Stelle zu platzieren.



    Dazu braucht es nicht mehr "Kompetenzen".

  • Was diese Regierung will, sind mehr Befugnisse.



    Wenn Politik und Behörden kompetent gewesen wären, wäre dieser Anschlag nicht möglich gewesen.

    Der Mann war mehr als auffällig, die Warnungen waren da, aber alle Stellen waren einfach nur unfähig.



    Das ist mittlerweile eine sehr deutsche Eigenschaft.

  • Vermutlich wollte Scholz sagen, es müsste mehr Kompetenzen „von“ Behörden geben.

  • Kompetenz bekommt man nicht, Kompetenz muss erarbeitet werden.

  • "Jeder Stein muss umgedreht werden"... Das klingt alles so wie immer nach einem Attentat, gleichgültig ob politisch oder psychopathisch motiviert.



    "Scholz fordert mehr Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden." Aber was heißt das? Mehr Kompetenzen allein werden nichts helfen, wenn sie genauso in Leere laufen wie die bisherigen auch.



    Soweit berichtet wurde, war der Täter bei mehreren LKA, bei BKA, BamF, BND, Landesverfassungsschutzämtern und bei Gerichten auffällig bekannt. Das Problem: Wenn diese Informationen nirgends zusammengeführt werden, Hinweise nicht richtig zugeordnet werden (können) und jede Behörde ihr eigenes "Ding" macht, wird man einen Gefährder auch nicht erkennen, wird sich kein Lagebild ergeben, aus dem heraus z.B. eine angemessene "Gefährderansprache" geführt oder auffällige Aktivitäten interpretiert werden könnten.

  • Solange diese Regierung nicht mehr Kompetenzen bekommt, soll mir das gleich sein