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Komplett fallen gelassen

Vor wenigen Monaten erst wurde das Kinder- und Jugendtheater FELD mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet. Jetzt ist seine Zukunft ungewiss. Die massiven Kürzungen im Kulturetat sind für das kleine Produktionshaus existenzbedrohend

Von Verena Harzer

Berlin, schau auf dieses Theater: Gerade mal sechs Jahre ist es geöffnet, und schon erhält das Schöneberger Kinder- und Jugendtheater FELD den Theaterpreis des Bundes in der Kategorie Freie Produktionshäuser. Das FELD habe sich „zu einem herausragenden Spielort für junges Publikum entwickelt, heißt es in der Jurybegründung. Also: Nichts wie hin, liebes großes und kleines Berliner Theaterpublikum.

Wer allerdings in der hektischen Weihnachtszeit keine Zeit hat, das preisgekrönte Theater zu besuchen, hat Pech gehabt: Im Januar und Februar spielt das FELD keine einzige Vorstellung. Ob es danach weitergeht: ungewiss. Sie hätten es „sehr gerne ganz anders gehabt“, schreibt das Theater auf seiner Internetseite, doch am Ende hatten sie keine andere Wahl.

Die kleine Spielstätte FELD hat eigentlich alles richtig gemacht. Mit minimalsten Mitteln leistet sie herausragende künstlerische Arbeit für alle Generationen, arbeitet inklusiv und niedrigschwellig und ist in nur sechs Jahren zu einem lebendigen Ort für den nachbarschaftlichen und künstlerischen Austausch geworden.

Das FELD beweise, „dass auch ein kleines Haus mit einem kleinen Team Großes schaffen kann“, heißt es in der Jury-Begründung für den Theaterpreis des Bundes. Doch genau das, könnte dem Theater nun zum Verhängnis werden.

Der Sparhammer, der ab dem kommenden Jahr unerbittlich die gesamte Berliner Kulturszene treffen wird, hat auch das FELD nicht verschont. Seit Oktober steht fest: 130 Millionen Euro muss im gesamten Berliner Kulturbereich eingespart werden. Das sind rund 12 Prozent des bisherigen Kulturetats. Für ein Haus wie das FELD sind schon geringe Kürzungen existenzbedrohend.

Gerade mal 170.000 Euro Basisförderung im Jahr steht dem Theater für die Strukturfinanzierung zur Verfügung. Davon werden Honorare, Betriebskosten, Öffentlichkeitsarbeit und andere Fixkosten bezahlt. Nur drei festangestellte Mitarbeiter leistet sich das Haus. Alle anderen arbeiten auf Honorarbasis oder ehrenamtlich.

Höhere Eintritts­preise heißt 30 bis 40 Euro pro Ticket. Wer kann sich das leisten?

Alle zwei Jahre können sich freie Theater in Berlin um die Basisförderung bewerben. Für die Jahre 2024/25 war sie dem FELD bereits vom Berliner Senat zugesichert worden. Die nächste Bewerbung wäre dann für 2026/27 fällig gewesen. Doch nun kommt wohl alles ganz anders. Das weiß das FELD-Team allerdings erst seit wenigen Wochen. Oder besser gesagt: eben nicht.

„Das Problem ist: Wir wissen gar nichts“, sagt Gabi dan Droste, die künstlerische Leiterin des Hauses. Den im Oktober verliehenen Preis habe sie und ihr Team noch als „extreme Würdigung empfunden“ – und dann, fast gleichzeitig, lässt Berlin „uns komplett fallen“.

Sie wissen nicht, ob die Struktur des Hauses weiter gefördert wird, ob die Mietkosten weiter übernommen werden, ob die Projekte, für die die Künstler die finanziellen Mittel beantragen, gefördert werden. Nur eine konkrete Aussage konnten sie bisher von der Senatsverwaltung bekommen. Das war der Rat an die FELD-Mitarbeiter, sich schon mal vorsorglich bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend zu melden.

„Wir haben hier jede Stelle nur einfach besetzt“, sagt Gabi dan Droste. Es gibt zum Beispiel einen Techniker, eine Person für die Öffentlichkeitsarbeit und eine, die sich um die Zusammenarbeit mit den Schulen kümmert. „Fällt eine dieser Stellen weg, bricht die gesamte Struktur zusammen.“

Eine Besonderheit des FELD hebt die Theaterpreis-Jury in ihrer Begründung hervor: „den Fokus des Theaters auf Inklusion und die Tauben Community“. Es habe Jahre gedauert, das Vertrauen der Tauben Community („taub“ schließt verschiedene Lebensrealitäten wie gehörlos, schwerhörig, CI-tragend sowie spätertaubt ein) zu gewinnen, sagt dan Droste. Aber es hat sich gelohnt. Ein neues Publikum wurde erschlossen, das „Nicht-hören-Können“ wurde in den künstlerischen Prozess miteinbezogen und neue Ausdrucksformen wurden entwickelt. Diese Projekte wurden hauptsächlich über den Diversitätsfonds des Senats finanziert. Auch der soll jetzt komplett gestrichen werden.

Erst am 28. November hatte das Stück „Eigentlich aber“ Premiere. Mit harten Dissonanzen hat das Theater nicht nur auf der Bühne zu kämpfen Foto: Paul Holdsworth

Natürlich sehen sie die Lage in Berlin, und natürlich haben sie Verständnis dafür, dass gespart werden muss, sagt dan Droste. Aber wie? Und vor allen Dingen: Wie so kurzfristig?

Eine verstärkte Vermietung der Räume? Das ist problematisch, weil das FELD als Verein organisiert ist. Kommerzielles Wirtschaften und die Bildung von Rücklagen sind laut Vereinssatzung nicht erlaubt. Höhere Eintrittspreise verlangen? Das heißt mindestens 30 bis 40 Euro pro Ticket. Wer kann sich das in der Nachbarschaft dann noch leisten? Private Sponsoren und Stiftungen finden? Gerne. Aber so schnell?

Gabi dan Droste versucht, optimistisch zu bleiben. Das FELD-Team habe schließlich schon andere Widrigkeiten überstanden. Eine Pandemie zum Beispiel. Aber damals habe der Kultursenat spürbar hinter ihnen gestanden. Jetzt gerade fühle sich das leider ganz anders an. Und das sei jetzt kein Bashing, versichert sie, sondern nur eine realistische Beschreibung.

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