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TikTok-Trend „Lavender Marriage“Die pragmatische Ehe ist zurück

Junge Erwachsene wollen heiraten, aber um Liebe geht es dabei oft nicht. Sie suchen eher Schutz vor Einsamkeit und Armut.

Lavendel bei der Bestäubung Foto: Geoffrey Swaine/imago

Endloses Swipen und frustrierende Jobsuche, viele junge Erwachsene kennen das. Doch statt auf bessere Zeiten zu warten, haben sie eine andere Idee: Sie wollen auf ein Lebensmodell setzen, das nicht auf romantischen Idealen basiert, sondern auf einer partnerschaftlichen Vereinbarung, um den wirtschaftlichen und emotionalen Druck des Lebens gemeinsam zu tragen.

„Kein Bock mehr auf pleite und einsam sein, nehme Bewerbungen für Lavender Marriage an“, mit Aussagen wie diesen macht die Gen Z die „Lavender Marriage“ („Lavendel-Ehe“) via Social Media wieder populär. Eigentlich stammt der Begriff aus der queeren Community der 1920er Jahre (die Farbe Lila ist heute auf vielen LGBTQI+-Flaggen vertreten).

Der Deckmantel einer heteronormativen Ehe bot Schutz vor gesellschaftlicher Ächtung und rechtlichen oder beruflichen Konsequenzen. Doch diese Komponente ist bei der Wiederentdeckung der Lavendel-Ehe nur zweitrangig.

Gen Z ist müde, von der rastlosen Partnersuche, aber auch von den immer weiter steigenden Lebenshaltungskosten, die sie als Singles trotz Nine-to-five-Jobs kaum stemmen können.

Pragmatisch und strategisch

Statt auf die große Liebe und einen unverhofften Geldsegen zu warten, gehen einige Alleinstehende zwischen 20 und 30 pragmatisch und strategisch vor.

Sie schließen „Lavender Marriages“ – platonische Ehen, bei denen die Verheirateten außerhalb dieser Partnerschaft unterschiedliche romantische und sexuelle Orientierungen ausleben. Allerdings ohne Geheimniskrämerei. Statt Bett teilen sie die Miete, die Steuern und alle anderen Herausforderungen des Lebens, das ist der Deal.

Nicht immer sind solche Aufrufe ernst gemeint. Einige greifen den Trend humorvoll auf: „Wenn wir zusammen eine Lavendel-Ehe eingehen, könntest du mich jeden Tag fragen, ob deine Schuhe zu der Tasche passen“, sagt ein Tiktoker, der sich selbst als homosexuell bezeichnet.

Zukunft macht Angst

Doch wer sich mit jungen Erwachsenen über ihre Lebensumstände unterhält, versteht schnell, warum es einige auch ernst meinen. Die Perspektiven für die Zukunft sind mau. Es gibt kaum bezahlbaren Wohnraum, die Wirtschaft stagniert und viele Menschen sind arbeitslos.

Hinzu kommt: Die Gen Z hat Ausbildung oder Studium während der Coronapandemie absolviert, ohne die Hochschulen oder Ausbildungsbetriebe jemals betreten, geschweige denn nennenswerte soziale Kontakte geknüpft zu haben. Während frühere Generationen in dieser Lebensphase oft die Part­ne­r*in­nen fürs Leben fanden, war ihr Übergang ins Erwachsenenleben geprägt von Unsicherheit und Krisenmanagement.

Das Ergebnis: Die ersehnte Stabilität und Unabhängigkeit bleibt unter diesen Bedingungen oft unerreichbar. Die Lavendel-Ehe ist somit die Rückkehr zu einem altbekannten Konzept – die Ehe als finanzielles und gesellschaftliches Sicherheitsnetz – und eine Reaktion auf eine komplizierte Welt. Vielleicht ist dieser Trend auch eine Abkehr von der Idealisierung der Romantik als alleinige Basis für Beziehungen.

So oder so, junge Menschen wollen die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnen. Wenn das bedeutet, umzudenken, dann nehmen sie diese Herausforderung an – mit Humor, Pragmatismus und einer ordentlichen Portion Realitätssinn.

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8 Kommentare

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  • Früher nannte man das WG ;)

    • @Strolch:

      Ich wollt's nich' sagen ... 😂

  • Zweckehen hat es doch schon immer gegeben, das ist doch nichts neues, nur weil es jetzt "Lavendel Ehe" geannt wird :D

  • Viele Menschen sind arbeitslos?

    Die aktuelle Quote liegt bei 6 %.

    Noch immer ist der Fachkräftemangel ein großes Thema.

  • Immer mehr Menschen können von ihrer Arbeit nicht leben. Die Lösung ist eine Josefsehe? Gewerkschaften, Streik für anständige Bezahlung, WG kommt in den Sinn, aber Ehe? Wissen die frischgebackenen Eheleute, wie kompliziert und teuer eine Scheidung werden kann? Dass bei einer Ehe die Familie des:der Partner:in mit in den eigenen Dunstkreis gerät und deren Probleme zu den eigenen hinzukommen? Dass durch diesen simplen, ÖFFENTLICHEN bürokratischen Akt der eigene Name unzähligen neuen Spammern, Online-Betrügern und Händlern in die Hände fällt?

    Das wird sich nicht durchsetzen, nicht rentieren, und wenn doch, werden die Mieten alsbald steigen, weil sich das durchschnittliche verfügbare Einkommen der Mieter verdoppelt.

  • Etwas zu lange getiktokt?



    Oder warum gibt es keine echten - standesamtliche - Zahlen?



    Oder wird ein miniTrend mit vielen negativen Attributen gepusht?



    (Noch) sind die Arbeitslosenzahlen nicht hoch.



    Keine hat wegen Corona nie eine Hochschule oder den Ausbildungsbetrieb betreten. Die Isolationszeit, wenn sie denn eingehalten wurde, war viel kürzer als die Studiumszeit oder die Ausbildung.



    Also, mehr Optimismus wagen. Vielleicht wird es sogar was mit Sex in der lila Ehe.

  • Vermutlich nur ein absoluter Minderheitentrend. Aber spannend darüber zu lesen.

    Merkwürdig fand ich den Teilsatz "...viele Menschen sind arbeitslos."



    Beim besten Willen, Arbeitskräfte leben seit einigen Jahren in den "besten Zeiten". Wer jetzt arbeitslos ist und es nicht sein will, was hat der für einen Hintergrund?

  • Schön, wenn es so ist, dass faktenbasiert lösungsorientiert über einen zivilrechtlichen Vertrag der Eheschließung entschieden werden kann, denn nach langjähriger Beziehung war andererseits bei manchem Paar der Trauschein der Anfang vom Ende, nicht nur der Romantik.



    www.vogue.de/lifes...12-jahre-beziehung