Sexueller Missbrauch an Kindern: Ja zur Missbrauchsbeauftragten

Die Bundesregierung legte einen Gesetzentwurf für besseren Kinderschutz vor. Im Bundestag zeichnet sich am Freitag einmütige Zustimmung ab.

Zwei Handpuppen mit Stetkoskop sitzen auf einer Liege in einem ärztlichen Untersuchungszimmer

In der medizinischen Kinderschutzambulanz in Frankfurt Foto: Arne Dedert/dpa

Berlin taz | Das Amt der „Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen“ (UBSMK) soll erstmals gesetzlich geregelt werden. Bei der ersten Beratung des Gesetzes im Bundestag signalisierten alle Fraktionen Zustimmung. Die AfD kassierte jedoch einen Ordnungsruf.

Das Amt der unabhängigen Anti-Missbrauchsbeauftragten gibt es schon seit 2010. Es wurde eingerichtet, als der Missbrauchsskandal in der Katholischen Kirche bekannt wurde. Erste Amtsinhaberin war Ex-Familienministerin Christine Bergmann (SPD), ihr folgte der Ministerialbeamte Johannes-Wilhelm Rörig (SPD). Seit 2022 ist die Journalistin Kerstin Claus (Grüne) unabhängige Bundesbeauftragte.

Nach 14 Jahren wird der Posten nun erstmals gesetzlich geregelt und damit zur dauerhaften Einrichtung. „Das ist ein klares Bekenntnis zum Kinderschutz“, sagte Familien-Staatssekretärin Ekin Deligöz (Grüne) bei der Vorstellung des Gesetzes im Bundestag.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Anti-Missbrauchsbeauftragte auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundestag gewählt wird. Die Amtszeit soll fünf Jahre betragen, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Die Beauftragte soll die Öffentlichkeit und Betroffene informieren und in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für das Thema sexueller Missbrauch wachhalten. Einmal pro Wahlperiode soll die Beauftragte dem Bundestag Bericht erstatten und dabei auch Versorgungslücken und Versäumnisse aufzeigen.

Gesetzlich abgesichert werden nun auch der Betroffenenrat und die Aufarbeitungskommission bei der Missbrauchsbeauftragten. Die bis zu 18 Mit­glie­der:in­nen des beratenden Betroffenenrats werden ebenso wie die sieben Mitglieder der Aufarbeitungskommission von der Beauftragten berufen.

Hotline per Gesetz

Zudem wird der Bund durch das Gesetz verpflichtet, eine medizinische Kinderschutz-Hotline einzurichten. Hier sollen sich Ärz­t:in­nen und Mit­ar­bei­te­r:in­nen der Jugendhilfe kompetenten Rat holen können. Für Missbrauchsbetroffene wird ein Einsichtsrecht in ihre Jugendamts-Akten geschaffen. Die Akten müssen zwanzig Jahre aufbewahrt werden. Das Gesetz soll jährlich zu Mehrkosten in Höhe von 4,4 bis 7,4 Millionen Euro führen, die das Familienministerium von Lisa Paus (Grüne) übernimmt.

Für die CDU/CSU forderte die Abgeordnete Bettina-Margarete Wissmann eine Erweiterung der Aufgaben der Beauftragten. Diese soll auch Schutzkonzepte gegen sexuellen Missbrauch für gesellschaftliche Akteure wie die Kirchen erarbeiten. Heidi Reichinnek (Linke) forderte mehr Geld für die Jugendhilfe: „Wer überlastet ist, der übersieht.“

Lars Castelucci (SPD) schlug die Einrichtung einer „Bundesstiftung für die Opfer sexualisierter Gewalt“ vor. Über sie solle die Entschädigung von Opfern aller Bereiche nach einheitlichen Kriterien abgewickelt werden. Auch könnte dort eine Ombudsstelle für Streitfälle eingerichtet werden.

Der AfD-Abgeordnete Martin Reichert bezeichnete auch die „Frühsexualisierung“ von Kindern, etwa durch Aufklärung über Selbstbefriedigung, als „sexuellen Missbrauch“. Dies sei die Fortführung pädophiler Experimente. Für seine Äußerung, „heute sitzt diese perverse Sexual-Ideologie auf der Regierungsbank“ erhielt Reichert einen Ordnungsruf von Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU). Reichert habe ein Verfassungsorgan „persönlich verächtlich gemacht“.

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