Pläne für Fusion von Arte und 3sat: Ärmeres Deutschland

Die Länder haben Ideen zur ÖRR-Reform und wollen vor allem sparen. Warum ausgerechnet die beiden anspruchsvollsten Sender am meisten leiden sollen.

Eine Frau hält eine Fernbedienung in den Händen

3sat und arte bitte auf die ersten Tasten setzen Foto: Panthermediia/imago

Es gibt ja oft Gemoser darüber, dass sich ARD und ZDF nicht mehr groß unterscheiden. Wenn es aber darum geht, Einmischung der Medienpolitik ins öffentlich-rechtliche Reich abzuwehren, offenbaren sich deutliche Unterschiede. Das ZDF schaltet auf Angriff, die ARD verhält sich defensiv.

Was ist passiert? Die Länder haben losgelegt und wollen ein paar Sender zusammenwürfeln. Das ZDF reagiert markig mit Pressemeldungen des Intendanten, der sich breitbeinig vor Arte („Arte fördert das gegenseitige Verständnis in Europa“) und Phoenix („Phoenix ist unabdingbar für politische Meinungsbildung“) stellt. Und schiebt noch eine Meldung des Fernsehrats hinterher: Dass die Politik den Schwarzen Peter in Sachen Verschlankung den Sendern zuschiebe, „entspricht nicht unserem demokratischen Verständnis“, heißt es da.

Die ARD reagiert dagegen gniffkig-verschnupft und lässt das Fernsehen Fernsehen sein. Dem ARD-Vorsitzenden geht es ums Radio. „Eine Streichung von 20 Hörfunkprogrammen trifft vor allem die Menschen, die diese Radioprogramme schätzen“, sagt Kai Gniffke, was leider ein absurd dünner Pressestellensatz ist. Noch seltsamer ist, dass im Entwurf des Reformstaatsvertrags nur die Rechnung aufgemacht wird: „Aus heute 69 werden 53.“ Das sind doch bloß 16. „Aber die Länder sind der Gesetzgeber und sie können unseren Auftrag verändern, sie können auch Radioprogramme streichen, das ist dann zu akzeptieren“, geht es bei der ARD weiter.

Nun ist es ein altes Dilemma der ARD, dass dort niemand ganz genau sagen kann, wie viele Radiowellen es wirklich gibt. Doch die geplante Zusammenlegerei von Schlager bis Hochkultur ist definitiv keine Förderung von Vielfalt.

Putziger Vorschlag

Das gilt erst recht für den putzigen Vorschlag, Arte und 3sat in dem großen Kulturtopf zu einem Kessel Buntes zu vereinen. Denn sie sind komplett unterschiedlich ausgerichtet. Arte hat europäisch-frankophone Gene und weitet sich im Netz gerade sprachlich deutlich aus. Hier wird der unterschiedliche Blick der Erbfreunde Deutschland und Frankreich aufeinander und auf die Welt vermessen.

Skeptiker sagen, bei 3sat schwenken derweil Webcams zu Blasmusik auf stillstehende Skilifte. Doch das skispringt zu kurz. Denn durch den Austausch mit den Sendungen des ORF und der SRG gelingt eine Verbindung des deutschsprachigen Raums, der sich in seinen Problemlagen immer ähnlicher wird. (Rechts-)Populismus und nationale Gelüste greifen um sich, weshalb der ORF mit Armin Wolf die beste Nachrichtensendung in deutscher Sprache abliefert. So gut vorbereitet, konsequent und präzise ist niemand bei ARD und ZDF. Fernsehdeutschland ohne Arte, 3sat und die „ZiB2“ wäre ein ärmeres Deutschland.

„Also liegen Arte, Phoenix und 3sat auf den ersten Programmplätzen und sind schneller auf der Fernbedienung zu finden als ARD und ZDF“, sagt die Mitbewohnerin.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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