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Trassenpreise bei der DBSchienenmaut schockt Eisenbahner

Wenn das Kapital der Bahn steigt, muss sie mehr Gewinn einfahren. Jetzt will sie die Gleisnutzung teurer machen. Nicht nur die Konkurrenz ist alarmiert.

Wäre er pünktlicher, wenn er langsamer fahren würde? ICE in Niedersachen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | Züge auf deutschen Schienen fahren zu lassen könnte schon bald deutlich teurer werden. Um die Mehrkosten abzufedern und den Bahnverkehr zu stärken, fordert das Netzwerk Güterbahnen mehr finanzielle Unterstützung von der Politik: Die Bundesregierung solle die sogenannte Trassenpreisförderung für 2025 erhöhen, sagte Oliver Smock, Referent für Eisenbahnpolitik bei den Güterbahnen, der taz.

Wenn Bahnunternehmen das Gleisnetz in Deutschland nutzen, zahlen sie eine Schienenmaut – ebendiesen Trassenpreis – an die Deutsche Bahn (DB) Infrago AG. Das gilt sowohl für DB-Tochterunternehmen, wie die DB Fernverkehr AG, als auch für die private DB-Konkurrenz im Güterverkehr. Die Infrago ist für die Bahninfrastruktur zuständig.

Die Bundesregierung übernimmt mit der Trassenpreisförderung einen Teil der Maut. Im Juni hatte das Bundesverkehrsministerium versprochen, diese Förderung bis 2028 zu verlängern.

Tatsächlich sind jetzt auch im Haushalt für das nächste Jahr, auf den sich die Ampelkoalition erst vor wenigen Tagen geeinigt hat, 275 Millionen Euro dafür vorgesehen. „Das reicht aber nicht, um die steigenden Trassenpreise auszugleichen“, sagte Güterbahnen-Vertreter Smock. Er forderte, dass der Bund die Summe für die Förderung auf 350 Millionen Euro aufstocken solle. Denn im Güterverkehr werden 2025 rund 16 Prozent höhere Gebühren für die Schienennutzung fällig als im laufenden Jahr. Und Anfang der Woche kündigte die DB Infrago weitere deutliche Steigungen ab 2026 an.

Nahverkehr gefährdet

Weil höhere Preise auch den Nahverkehr in den Bundes­ländern treffen, warnte etwa der Verband der Verkehrs­unternehmen (VDV) vor einem „Massensterben der Unternehmen, die in diesem Sektor tätig sind“.

Das reicht nicht, um die Trassenpreise auszugleichen

Oliver Smock, Die Güterbahnen

Hintergrund der Preissteigerungen ist eine Konstruktion, die sich die Koalitionäre im Zuge ihrer Einigung auf den Haushalt für 2025 für den deutschen Bahnverkehr ausgedacht haben: Um die Schuldenbremse zu umgehen, soll die DB nicht nur direkte Zuschüsse erhalten, auch ihr Eigenkapital soll erhöht werden. Für dieses Kapital fallen Zinsen an, und diese Zinsen wiederum muss die DB wegen einer gesetzlichen Regelung erwirtschaften – also durch höhere Trassenpreise reinholen.

Um die Preissteigerung zu dämpfen, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Dienstag, wolle er die Verzinsung des Infrago-Eigenkapitals senken: Statt 5,9 Prozent sollen die Zinsen nur noch bei rund 2 Prozent des Kapitals liegen. Laut Smock muss langfristig das Gesetz reformiert werden, das die Bahn dazu zwingt, ihre Zinsen zu erwirtschaften.

Generell habe sich der Bund von „kurzfristigen fiskalischen Zwängen leiten lassen“, kritisierte Joachim Berends, Vizepräsident des VDV. Im Haushalt seien bei wichtigen Schienenverkehrsprojekten Gelder abgezogen worden, dabei brauche die Branche eine „stabile und planbare Finanzierungsgrundlage“. Berends sagte, mit den Kürzungen könnten die Klimaschutzziele im Verkehr nicht eingehalten werden.

Tempolimit für ICEs

Die Bahninfrastruktur ist in einem schlechten Zustand. Lange Zeit floss zu wenig Geld in die Sanierung von Gleisen, Stellwerken, Bahnhöfen und Weichen. Das wollen der Bund und die DB nun nachholen und im großen Stil sanieren. Baustellen sorgten jedoch im letzten Monat für Verspätungen im Bahnverkehr.

Martin Burkert, der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, machte deshalb im Deutschlandfunk einen ungewöhnlichen Vorschlag: „Vielleicht ist es während dieser großen Bauphase richtig, auf Strecken die Geschwindigkeit der Züge zu reduzieren.“ Welche Folgen das für später fahrende Züge auf der gleichen Strecke hätte, erklärte Burkert nicht.

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12 Kommentare

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  • Uns fällt die HGV-Strategie der späten 1970er um die Ohren. Man hat Blind von Frankreich und auch Japan kopiert, Länder die eine ganz andere Struktur haben. Statt wie in der Schweiz ein Taktfahrplan bis runter zu jeder Milchkanne zu realisieren, wollte man Nebenstrecken aufgeben und ein paar Vorzeige-Neubaustrecken bauen. Das hat man dann auch gemacht..

    Wer aber einmal im Auto sitzt, fährt nicht 50km zum nächsten ICE-Halt sondern direkt mit dem Auto zum Ziel.

    Für Fahrgäste zählt Zuverlässigkeit im Anschlussverkehr mehr, als die reine Fahrzeit. Mangels Überholgleisen bremsen langsame Güter- und Regionalzüge auf Ausbaustrecken den Fernverkhr aus bzw. umgekehrt. Ein geringerer Geschwindigkeitsunterschied könnte hier teilweise hilfreich sein. Auf HGV-Strecken eher nicht.

  • Die Trassenpreise waren bisher zu niedrig. Was dazu führte, dass die Einnahmen nicht zur Instandhaltung des Schienennetzes ausreichten. Die Folge ist der Zustand, den wir jetzt haben.



    Sanierung eines überlasteten Netzes führt zunächst zu weiteren (zumindest örtlichen) Überlastungen.



    In einem überlasteten Netz ist Zuverlässigkeit nur dadurch zu erreichen, dass die Belastung verringert wird. Zumindest zeitweise, bis zum Abschluss der Sanierung.

  • Die Bahn muss das tun, was die Politik ihr vorgibt. Es ist müßig, auf die Gesetzeslage hinzuweisen. Die lässt sich mit dem entsprechenden politischen Willen jederzeit ändern. Und so wie der Minister die Zinsen auf 2 Prozent sinken lassen kann, könnte er sie auch auf 0 Prozent senken. Er muss nur wollen. Da liegt das Problem bei unseren Verkehrsministern schon seit vielen Jahren. Wer dachte, die CSU Minister waren schon schlecht für die Bahn, wurde mit dem FDP Minister eines besseren belehrt: Es geht immer noch schlechter.

  • Wer wundert sich eigentlich, dass der FDP-Verkehrtminister die Bahn an die Wand fahren will? Es war doch einer der FDP, der MEHR Autos in den Innenstädten will und der FDP Chef bekennender Porschefahrer ist. Mehr Autobahnen, weniger Natur, KEINE Zukunft, das ist das, was die FDP möchte

  • Auf den Punkt gebracht:

    Deutsche Politik beherrscht weder die Marktwirtschaft, noch die Gemeinwirtschaft. Die 'soziale' Marktwirtschaft, die Agenda usw. waren und sind immer nur Deckmäntelchen für das Versagen der demokratischen Politik, die ausufernde Macht der großen Kapitalinteressen einzuhegen und die Wirtschaft an Wohl und Zukunft von Menschen und Gesellschaft auszurichten.

    Die Bahn ist das beste Beispiel dafür: Marktwirtschaftlich ein Desaster, an dem BahnmanagerInnen und Dienstleister sich gesundstoßen; gemeinwirtschaftlich ein Milliardenloch, das NutzerInnen und SteuerzahlerInnen stopfen sollen.

    Zeit, dass sich was dreht! Bei der Bahn und in der Politik.

  • "Laut Smock muss langfristig das Gesetz reformiert werden, das die Bahn dazu zwingt, ihre Zinsen zu erwirtschaften."

    Nein. Kurzfristig muss die verrückte Struktur aus vielen Gesellschaften, die sich gegenseitig Geld zuschieben müssen, abgeschafft werden und endlich wieder EINE Bahn entstehen. Die jetzige Struktur ist ökonomisch und verkehrstechnisch absoluter Blödsinn. Zur Erinnerung. Die DB Infrago wurde erst kürzlich gegründet. Ohne Sinn und Verstand.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die Vergangenheit verblasst schnell, das ist nicht ungewöhnlich. Daher nur zur Erinnerung: Vor der Bahnreform war der erzielte Umsatz der (einen) Bahn signifikant geringer, als die gesamte Lohnssumme der (einen) Bahn. Da reden wir noch nicht mal über Investitionen, Abschreibungen, Mieten etc.



      Und um einen solchen Koloss wie die DBAG wenigstens halbwegs flott zu bekommen, gibt es nicht viele andere Möglicheiten, als den Koloss zu zerlegen und kleinere Einheiten zu sanieren. Und mit dem Zusammengehen von Netz und S&S zu InfraGo zeigt sich doch, dass es auch andersherum geht inzwischen. Es wird nicht die letzte Fusion innerhalb des Konzerns gewesen sein.

      • @Bommel:

        Wenn man Jahrzehnte lang Politik gegen die Bahn macht, kann sie auch nicht funktionieren. Mit der Größe hatte das nichts zu tun.

        Die Idee hinter der Zerschlagung der Bahn war, dass man sie in kleinen Stücken "saniert" an der Börse verschachern wollte. Dazu ist es dann zu Glück doch nicht gekommen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Zur Erinnerung: Die DB Infrago wurde nicht gegründet. DB Netz wurde anlässlich der Verschmelzung mit DB Station und Service umbenannt. 😎

      Und EINE Bahn gab es eigentlich nie. Wenn es die jemals gegeben hätte, wäre die Infrastruktur schon längst wegen Personalmangel kollabiert. Entsprechende Sparorgien gab es immer wieder - egal ob unter "Bundesbahn-oder-Bundeswehr"-Schmidt, unter "Wir-müssen-alle-den-Gürtel-enger-schnallen"-Kohl oder unter Autokanzler Schröder mit seinem "Anti-Prestigeprojekt"- Koalitionspartner, die (im Gegensatz zu den anderen) sogar Projekte mit laufenden externen Verträgen (hier insbesondere das VDE 8 Berlin - München) abgeschossen haben. Ohne "Verschiebebahnhöfe" für das "überzählige" Personal (vor allem das vielgescholtene Auslandsgeschäft von DE-Consult / DB International / DB Engineering & Consulting / DB E.C.O.) hätte man viele Leute gar nicht halten können da gab es Niederlassungen mit so hübschen Namen wie "Asien/Pazifik und Deutschland Südwest". Ohne solche "Beschäftigungsmaßnahmen stünde nan richtig nackig da - und das in einem Bereich, in dem inzwischen trotzdem seit Jahren personell die Hütte brennt...

      • @FriedrichHecker:

        "Zur Erinnerung: Die DB Infrago wurde nicht gegründet. DB Netz wurde anlässlich der Verschmelzung mit DB Station und Service umbenannt."

        Ja. Aber ist das nicht etwas haarspalterisch?

        "Und EINE Bahn gab es eigentlich nie."

        Natürlich. Ich habe bei der Reichsbahn gelernt. Das war EINE Bahn. Personal konnte beliebig eingesetzt werden und die Jobs waren gefragt. Bei der DB war das anfangs ähnlich. Allerdings haben sich Autokanzler und Autokanzlerinnen aktiv Mühe gegeben, die DB durch immer mehr "Reformen" immer dysfunktionaler zu machen. Dazu gehört natürlich auch das Verpulvern von Mitteln für Auslandsgesellschaften.