In Tunnel gedrängt

Israelische Soldaten sollen in Gaza Palästinenser als „Schutzschilde“ eingesetzt haben

Aus Jerusalem Felix Wellisch

Israelische Truppen sollen laut einem Medienbericht palästinensische Gefangene im Gazastreifen gezwungen haben, Tunnel und Gebäude auf Sprengfallen und Hinterhalte zu prüfen. Wie die israelische Zeitung Haaretz und die Menschenrechtsorganisation Breaking the Silence unter Berufung auf Soldaten und Reservisten berichten, sei dieses Mittel in den vergangenen Monaten verbreitet eingesetzt worden. Auch hochrangigen Militärs, unter ihnen Armeechef Herzi Halevi, sei die Praxis demnach bekannt gewesen. Die Armee äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht zu den Vorwürfen.

In einem Fall soll der Einheit eines mehrere Monate in Gaza eingesetzten Soldaten ein Palästinenser zugeteilt worden sein. Der Mann trug dem Haaretz-Bericht zufolge eine Uniform der israelischen Armee sowie Turnschuhe. Als die Einheit einen Tunnel untersuchen musste, sei der Gefangene mit hinter dem Rücken gefesselten Händen und einer Kamera hineingeschickt worden. Der Zeitung lägen mehrere Berichte von verschiedenen Orten in Gaza vor, die sich in ihrem Ablauf stark ähneln.

Über Einsätze dieser Art sei laut dem Bericht auch in der Armeeführung gesprochen worden. Sowohl der Kommandeur des Südkommandos der israelischen Streitkräfte, Generalmajor Yaron Finkelman als auch Generalstabschef Herzi Halevi seien über die Praxis informiert gewesen, berichtet Haaretz unter Berufung auf Quellen in der Militärführung. Kommandeure hätten demnach bei mehreren Treffen vor ethischen und rechtlichen Folgen gewarnt.

„Wir wissen seit den ersten Monaten des Krieges von der Verwendung von Palästinensern als menschliche Schutzschilde, als Soldaten begannen, uns darauf anzusprechen“, sagte Joel Carmel von Breaking the Silence am Mittwoch. Der Einsatz von Zivilisten zum Schutz militärischer Ziele oder Operationen ist laut dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht.

Die israelische Armee wirft ihrerseits der Hamas als gegnerische Konfliktpartei seit Kriegsbeginn vor, aus zivilen Gebäuden heraus zu operieren und somit ihre eigene Bevölkerung als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen. Sprecher der israelischen Streitkräfte begründen immer wieder Luftangriffe und Razzien gegen Krankenhäuser, Schulgebäude und Moscheen mit diesem Vorwurf.