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Neuer Haushaltsstreit in der AmpelFDP muss sich ehrlich machen

Cem-Odos Gueler
Kommentar von Cem-Odos Gueler

Eine Reform der Schuldenbremse ist unausweichlich. Doch statt darüber zu verhandeln, versumpfen SPD und FDP mal wieder in Manöver-Kritik.

Trickser beim Haushalt? Finanzminister Lindner im Landtagswahlkampf in Brandenburg Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

M an könnte es auch so sehen: Finanzminister Christian Lindner hat es gutachterlich bestätigt bekommen, dass eine Reform der Schuldenbremse unweigerlich ist, wenn der kommende Bundeshaushalt ohne buchhalterische Tricks funktionieren soll. Angesichts der kaputtgesparten Infrastruktur ist Ehrlichkeit angesagt, doch der FDP-Chef und mit ihm Bundeskanzler Olaf Scholz betreiben mit ihrer Taschenspielerei das genaue Gegenteil. Die Schuldenbremse steht in ihrer jetzigen Form dem Finanzbedarf der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland entgegen. Keine Bilanzierungstechnik wird das kaschieren können, und sei sie auch noch so ausgeklügelt.

Nun sind es erneut rund 5 Milliarden Euro, die laut Finanzminister für das kommende Jahr fehlen, weil die Umwidmung von Gaspreis-Krediten nicht so einfach geht, wie es die Bundesregierung in ihrem Etatentwurf geplant hatte. Tatsächlich erinnert dieses Vorhaben stark an jenes Konstrukt, das das Bundesverfassungsgericht vergangenes Jahr kassiert hatte. Das Gutachten, das diese neuerliche Kredit-Umwidmung nun beanstandet, wäre eine Grundlage für den FDP-Chef, um seiner Partei zu sagen: Wir müssen da grundsätzlich ran.

Doch leider gehen die Diskussionen in der Bundesregierung mal wieder in eine andere Richtung. SPD und FDP werfen sich gegenseitig schlechten Stil vor. Ja, es war nicht klug von Lindner, das Ergebnis des Gutachtens in einem Interview anzukündigen. Die Kritik von SPD-Chefin Saskia Esken daran („unanständig“) führt aber auch am Kern der Debatte vorbei. Dieser Kern lautet: Über eine Reform der Schuldenbremse muss verhandelt werden.

Lindner gab sich zuversichtlich, dass die Bundesregierung eine Lösung für die neue Finanzierungslücke findet. Für sein Patentrezept, einfach noch mehr zu sparen, wird er kaum Rückhalt finden: Das Zähneknirschen der Mi­nis­te­r*in­nen war beim jetzigen Etat­entwurf schon unüberhörbar. Welcher Trick wohl dieses Mal herhalten muss, um den Augenschein der Spardoktrin zu wahren?

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Cem-Odos Gueler
Parlamentsbüro
Berichtet seit 2023 als Korrespondent im Parlamentsbüro der taz unter anderem über die FDP und die Union. Studium der Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Köln, Moskau und London.
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17 Kommentare

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  • Der Staat sind die Bürger. Sie sollten ihn gestalten. Der Gestaltungsspielraum wird ihnen genommen. Weil gierige Politiker immer mehr Geld an sich reißen. Und wozu? Die Schuldenbremse ist gut, denn noch mehr Geld darf keine Regierung bekommen.

  • Ist schon komisch das sich Politiker immer für die Verfassungswidrigkeit von politischen Maßnahmen interessieren wenn es ihnen gerade passt. Die Erbschaftssteuer wurde bereits dreimal für verfassungswidrig erklärt weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verstößt. Auch dieses Jahr landet das Thema wieder vor dem Bundesverfassungsgericht. Jährlich kosten die Ausnahmen für Superreiche dem Staat wohl 5 Milliarden Euro- genau die Summe die gerade fehlt.



    Zudem meine ich mich zu erinnern, dass im Koalitionsvertrag stand, dass man klimaschädliche Subventionen abbauen will die etwa 60 Milliarden Euro ausmachen. Wie weit ist man damit? Wie wäre es mit einer Mehrwertsteuererhöhung auf Luxusgüter? Steuerhinterziehung laut Bundesrechnungshof 30-50 Milliarden pro Jahr, Geldwäsche 50-100 Milliarden pro Jahr- da lohnt sich doch zur Bekämpfung mehr Personal zu investieren. Aber gehen wir doch lieber immer als erstes an die Sozialausgaben, dass wird sicherlich zu mehr Harmonie und Frieden im Land beitragen und für Gerechtigkeit sorgen.

    • @Momo Bar:

      Der Artikel sagt dazu

      Tatsächlich erinnert dieses Vorhaben stark an jenes Konstrukt, das das Bundesverfassungsgericht vergangenes Jahr kassiert hatte.

      Man hat es ja schon einmal versucht und das BverfG hat es kassiert. Das Lindner das nicht nochmal machen möchte, finde ich sympathischer wie den Rest der Truppe, dem das Sch...egal ist.

      Nebenbei: Das Mautdebakel kramt die taz heute gerne noch raus, obwohl es da um läppische 400 Mio ging und zehn Jahre her ist. Einfach weil es ein CSU Minister war...

    • @Momo Bar:

      Völlig richtige Vorschläge. Aber mit diesem Finanzminister nicht zu machen. Er wird einen Teufel tun, die Schlupftore für seine Klientel zu schließen.

    • @Momo Bar:

      Schöner Beitrag.



      Natürlich mault wieder die/der eine oder andere: Belege, Belege.



      Sucht und schaut, was die jeweiligen Websiten der Regierung zu bieten haben.

      Jenseits des Themas: Wie viele kritische Kleine Anfragen an die Regierung werden nicht mehr stattfinden, sollte die Linke aus dem Bundestag fliegen?

      FDP soll sich ehrlich machen? Die FDP ist ehrlich, aber was hinten - und vorne - rauskommt ist was? Genau.

  • Unnötige und schädliche Subventionen abschaffen wäre mal ein Anfang. Warum wird das nicht gemacht?

  • "Doch statt darüber zu verhandeln, versumpfen SPD und FDP mal wieder in Manöver-Kritik." sagen Sie Herr Güler.



    Der Herr Finanzminister Lindner in der Koalition, aber zuallererst F.D.P.-Parteivorsitzender, sieht das ganz anders. Wieder ein Stich mit der Mitgabel, derer sich SPD und Grünen kaum mehr bieten lassen können. Sie müssen aussteigen.



    Lindner dann im O-Ton: "Ich war's nicht".



    Was für ein toller Hecht ...

  • Diese immer wieder neuen von Herrn Scholz initiierten Steuertricks sind unsäglich.



    Die Regierung soll endlich mal ihre Hausaufgaben machen und die notwendigen Kürzungen vornehmen um mit dem eingenommenen Geld auszukommen.

    • @Andere Meinung:

      Genau, es wird höchste Zeit den Vermögenden die Subventionen zu streichen.

    • @Andere Meinung:

      Wie wäre es denn mal mit einer anderen Sicht? Es waren Drei !



      Und Herr Scholz ist grad in Urlaub.



      Fragen Sie einfach mal Herrn Lindner, der ja nicht im luftleeren Raum agiert, weshalb er und sein hochbezahltes Fachpersonal überhaupt Beratung von außen brauchen.

  • Das Patentrezept "Schuldenbremse lockern" benötigt immer noch eine Zweidrittel Mehrheit im Bundestag und Bundesrat.



    Die Ampel geht, völlig zu Recht, davon aus, dass die CDU die Ampel nicht unterstützen wird.



    Somit ist dieser Artikel zwar eine weitere parteipolitisch interressante Positionierung des Autors, allerdings kein Lösungsvorschlag für die vorliegende Problematik.

  • Vor der nächsten Bundestagswahl wird die CDU den Teufel tun, der Ampelregierung mit einer Reform der Schuldenbremse zu helfen.



    Insofern wird die Ampel auch weiter durchwursteln müssen.

    • @Dirk Osygus:

      Nach der nächsten Bundestagswahl wird Merz vor den selben Problemen stehen.

      So gut wie jeder Ökonom sagt, dass die Schuldenbremse in der aktuellen Form Quatsch ist. International werden wir dafür ausgelacht. Während andere große Wirtschaftsmächte riesige Summen in die Modernisierung ihrer Wirtschaft stecken, halten wir an einer Innovationsbremse fest, die mal geschaffen wurde, um in der Eurokrise ein paar Rateagenturen zu beruhigen. Es ist zum heulen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich denke, die lachen eher über unseren immens großen Topf für Sozialausgaben. Die anderen stecken das Geld lieber in die Wirtschaft getreu dem Motto: Die beste Sozialpolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik (frei nach Ludwig Erhardt).

  • "Dieser Kern lautet: Über eine Reform der Schuldenbremse muss verhandelt werden."

    --> Verhandeln müsste die Ampel (wenn sie sich innerhalb der Regierung einig wäre) mit der Union über eine Grundgesetzänderung. Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz.

    Warum sollte die (wohlgemerkt: Linnemann-Merz-)Union der Ampel den Gefallen einer Reform der Schuldenbremse tun? Ganz davon abgesehen, dass Merz und Linnemann Befürworter von Sozialleistungskürzungen sind, dürften die Beiden keinerlei Interesse daran haben, die Architekten des Zusammenhaltens der Ampel zu sein.

    Lindner und der Bundeskanzler haben schon inhaltlich Recht: Sie müssen sparen oder die Koalition scheitert.

  • Bei einem Gesamtvolumen um die 500 Milliarden sollte es doch locker möglich sein, 5 Milliarden, also ca. 1 %, einzusparen.



    Jeder Normalverdiener steht angesichts der Inflation vor größeren Problemen.



    Die Debatte erinnert mehr und mehr an Kindergarten.

  • Was soll denn dieser Quatsch. Die Schuldenbremse steht keine Investitionen entgegen. Die Scbuldenbremse ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Es fehlt einfach der politische Wille die Maßnahmen zu priorisieren die man für politisch am wichtigsten hält. Das Fehlen dieser kann man wohl kaum der Schuldenbremse in die Schuhe schieben, sondern der Tatsache, dass sich Rot-Grün eine FDP angelacht haben, wobei das auch niemand überraschen durfte.

    Man könnte ja auch mal sparen, wenn ich mir überlege wofür dieser Staat alles Geld ausgibt...