Der Queerbeauftragte wird bedroht: Mit üblem Hass überschüttet

Alfonso Pantisano, der Queerbeauftragte des Berliner Senats, macht Mails und Anrufe mit Drohungen öffentlich. Er beklagt den Hass auf alles Queere.

Eine Demo im Hintergrund, vorn steht ein Mann und schaut in die Kamera: Alfonso Pantisano zeigt sich oft in der Öffentlichkeit, wie hier am 26. Juli 2024 am Rande des Dyke* Marches

Alfonso Pantisano zeigt sich oft in der Öffentlichkeit, wie hier am 26. Juli 2024 am Rande des Dyke* Marches Foto: Jörg Carstensen/dpa

BERLIN taz | Eine mutige Botschaft: „Ihr dürft euch alle darauf verlassen: Ich gebe nicht auf!“, schrieb Alfonso Pantisano vergangene Woche kurz vor dem Berliner CSD auf Facebook und wünschte dann ein „gutes Pride Weekend“. Was der Beauftragte für die Rechte queerer Menschen, vom Senat vor gut einem Jahr berufen, in seinem langen Statement öffentlich machte, schockiert.

Pantisano beklagt in dem Posting eine von Hass auf alles Queere getriebene Kampagne gegen seine Person. „Seit Tagen kommen bei mir Drohmails und Drohanrufe an, die teilweise haarsträubend sind“, schreibt der SPD-Politiker. Und dass es viele sind. „Die Verachtung gegen mich persönlich, gegen das Amt des Queerbeauftragten und auch gegen die queere Community wächst und entlädt sich in dieser zermürbenden Kommunikation des Hasses.“ Das Nachrichtenportal queer.de hatte zuerst berichtet.

Pantisano veröffentlichte einige Beispiele von auf dem Anrufbeantworter eingegangenen Sprachnachrichten, weil ihm, wie er schreibt, wichtig sei, dass die Öffentlichkeit ein Bild davon bekommt, wie derzeit seine Lebensrealität aussieht: „Augen gehen verloren, Körper ohne Beine, wir wollen euer Blut, es schmeckt so wunderbar.“ Und: „Das Feuer ist entzündet, wir werden euch verbrennen, erschlagen und ersticken.“ Oder: „Köpfe sind am Rollen, Gesichter sind verstümmelt, blutverspritzte Wände, Gewinsel und Geheule, der Terror, der ist da.“

Für Pantisano ist klar, dass alles, was bei ihm an Hassbotschaften eingeht, zur Strafanzeige gebracht wird. „Zwischenergebnis ist, dass ich aktuell nicht immer meine Wohnung alleine verlassen darf“, schreibt er weiter. „Einige von euch haben es gesehen und haben mir Mut gemacht. Danke für die Solidarität.“

Dazu muss man wissen, dass Pantisano viel in der Stadt und in der queeren Community unterwegs ist und dafür auch ganz normal die öffentlichen Nahverkehrsmittel nutzt, wie er der taz bei einem Hintergrundgespräch vor ein paar Monaten erzählte. Auch damals berichtete er schon von Bedrohungen.

Normal sei nun gar nichts mehr in seinem Leben. Darum die Veröffentlichung mit zahlreichen, sehr persönlichen Details: „Ich kann euch sagen, dass meine aktuelle Realität beängstigend ist. Sie raubt mir den Schlaf, sie lähmt mich in meiner Freiheit und sie macht mich mehr als einsam. Das merke ich gerade dann, wenn man von anderen Menschen auf die öffentliche Toilette begleitet wird, weil der Weg dorthin alleine nicht sicher genug ist.“

Einige Freun­d:in­nen hätten ihm dazu geraten, diese Hassnachrichten nicht zu lesen oder abzuhören, nicht an sich heranzulassen. „Aber wie soll das gehen?“, schreibt er. „Wo lernt man den Umgang mit all diesen Drohmails und Drohanrufen?“

Pantisano, der durchaus umstritten ist und polarisiert, berichtet von Leuten, die „nichts Besseres zu tun gehabt haben“, als sich über die Hassbotschaften lustig zu machen. „Der Pantisano würde sich jetzt wichtig fühlen.“ Und räumt an der Stelle ein, dass man ihn für das Amt des Queerbeauftragten gut geeignet finden könne oder eben nicht, dass man ihn persönlich mögen könne oder auch nicht – das alles wäre okay. Hassbotschaften, ja Morddrohungen aber nicht. „Denn am Ende des Tages sind diese einzelnen Angriffe gegen mich auch ein Angriff gegen unsere Community.“

Auf Facebook sind aber auch viele unterstützende Kommentare zu finden, oft ist von Solidarität zu lesen. Ein User mit dem Nicknamen Tom Tucker zum Beispiel schreibt: „Ich stehe hinter dir. Ich stehe mit dir. Und wenn nötig stehe ich zwischen dir und diesen Idioten. Keiner soll das alleine durchmachen.“

Der 49-Jährige lässt keinen Zweifel daran, dass er nicht klein beigeben wird. Pantisano will auch nicht leiser werden: „Das habe ich noch nie getan und das werde ich jetzt erst recht nicht tun.“ Die Stimmen der queeren Community seien wichtiger denn je. „Oder kriegen wir nicht mit, was da draußen gerade los ist? Kriegen wir nicht mit, welche organisierten Kräfte gegen all das operieren, wofür unsere Regenbogen-Community steht?“

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