Abschied von EM-Oldies: Merci, chéri!
Für einige alte Herren war es wohl die letzte Europameisterschaft. Wir verabschieden fünf von ihnen.
Luka Modrić (38) ist älter, als er aussieht
Einer der Witze, die in Kroatien über den Kapitän der Nationalmannschaft kursieren, geht so: „Papa, in welche Klasse geht Luka Modrić?“
Der beste Fußballer, den die Kroaten je hatten, ist natürlich seine ganz eigene Klasse: klein, aber oho. Mittlerweile aber sieht man an den Leistungen des Rekordspielers, dass er deutlich älter ist, als er aussieht. Der Witz müsste mittlerweile so lauten: „Papa,wie oft ist Luka Modrić sitzen geblieben?“
Für die Zukunft des überalterten kroatischen Teams wäre es gut, wenn der Kapitän das Schiff verlassen würde. Denn solange Modrić nicht geht, werden auch die anderen Vizeweltmeister ihren Platz nicht räumen.
Das Wunder von Russland aber wird sich mit den Senioren nicht wiederholen. Doris Akrap
Pepe (41) hat alles gegeben
Unter den Alten dieses Fußballturniers hat Pepe jenen Titel zweifellos am würdigsten getragen. Während andere Kicker beim Trauern über ihr nahendes Karriereende noch in der Phase der Leugnung feststecken, zeigte Pepe vom ersten Spieltag an, dass er schon längst akzeptiert hatte.
Während sich andere wegen des jahrelangen Starlebens mittlerweile für unsterblich halten, demonstrierte Pepe bei jeder Gelegenheit seine Einsicht in die Vergänglichkeit, die auch vor ihm keinen Halt macht.
So gab Pepe noch mal alles. Nach riskanten, aber geglückten Tacklings schrie er seine ganze Energie in den Stadionhimmel. Nach dem Aus im Viertelfinale gegen Frankreich weinte er an der Schulter von Ronaldo. Anders als bei seinem verschossenen Elfmeter wirkte jener merkwürdig unbeeindruckt dabei.
Als Fußballfan und alternder Amateurfußballer: Danke, Pepe!
Volkan Ağar
Jesús Navas (38) hat schon Pläne
Der Mann mit den stechenden Augen und dem allerheiligsten Vornamen hat schon klargemacht, dass er nach der Euro raus ist. Rechts hinten spielt er eh nur noch aushilfsweise für Dani Carvajal. Nicht nur wegen solcher Konsequenz ist Jesús Navas, letzter Verbliebener von Spaniens Xavi-Iniesta-Goldener-Generation, vielleicht eigentlich die größte Ikone dieser Liste.
Fast lebenslang in Sevilla gespielt hat er, trotz lukrativer Angebote, weil er auswärts Heimweh bekommt. In Südspanien, wo schon ein Stadion nach ihm benannt wurde, ist der vielseitig einsetzbare Musterprofi ein Gott. Einen Rücktritt vom Rücktritt? Klar, hat auch er schon gemacht, aber wir kennen es von Konzerten: Ab der x-ten Zugabe wird’s schal, das weiß er. Für die Rente hat Navas auch schon Pläne: natürlich beim FC Sevilla. Was will man dem Mann auch sonst empfehlen?
Alina Schwermer
Manuel Neuer (38) will nachdenken
Er würde sich nach dem Turnier Gedanken machen, antwortete Nationaltorhüter Manuel Neuer nach dem EM-Aus auf die Frage nach seiner Zukunft. Denken ist gut. Einsicht ist besser. Denn es ist Zeit für den Nachwuchs, auch auf der Torhüterposition.
Na gut, mit 32 Jahren kann man Marc-André ter Stegen nicht mehr als Nachwuchs bezeichnen. Aber es gibt ja auch noch einen Noah Atubolu vom SC Freiburg, 22 Jahre jung und schon U21-Tormann gewesen!
Neuer gehört mit Toni Kroos und Thomas Müller zur Weltmeistergeneration von Brasilien. Bei 51 von 124 Länderspielen hielt er seinen Kasten sauber. Das verdient Anerkennung. Aber wenn Bundestrainer Julian Nagelsmann keinen Witz gemacht hat, als er die DFB-Elf bei der Abschieds-PK schon als Weltmeister 2026 sah, dann darf er nicht wieder mit dem ältesten Kader auflaufen.
Volkan Ağar
Cristiano Ronaldo (39) plustert sich auf
Spielt der eigentlich noch Fußball? Manchmal konnte einen während dieser Euro beim Markenbotschafter für Produkte und Emotionen aller Art das Gefühl beschleichen, er stehe vorwiegend zur Verkaufsankurbelung auf dem Platz. Und um der Welt zu beweisen, was für ein heftig fitter Athlet er ist.
Heftig fit ist der 39-jährige Cristiano Ronaldo durchaus noch, aber leider ein Spieler, dem die Präzision alter Tage abhanden gekommen ist und der sich umso mehr zur Lachnummer aufplustert, je weniger Substanz da ist. Der bemitleidenswerte Roberto Martínez saß wie Vorgänger Santos in Ronaldo-Geiselhaft: Sitzt der auf der Bank, wüten die Fans, spielt er, spielt er schlecht, also wüten die Fans auch. Portugal ist zu wünschen, dass dieser eitle Poltergeist sie nicht noch länger behelligt. Die überfälligste Rente von allen! Siu, also: See you.
Alina Schwermer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen