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Fehlende Updates und andere WidrigkeitenWenn das Smartphone Käse wird

Keine Updates mehr? Für Nut­ze­r:in­nen von digitalen Geräten ist das leider Alltag. Und dann kann man fast nur verlieren.

Eine Option, ein neues Smartphone kaufen, das freut die Wirtschaft und Christian Lindner Foto: imago

M ein Telefon betrügt mich. Das muss schon eine ganze Zeit so gehen, aber wie das immer so ist in solchen Situationen, habe ich es erst deutlich später gemerkt. Wie auch? Das Gerät behauptet schließlich hartnäckig: „Ihr System ist auf dem neuesten Stand.“ Aber wenn man genau hinschaut, ist das letzte Sicherheitsupdate schon Monate her. Und monatlich stopft Google bei seinen Android-Geräten eine etwa zweistellige Zahl an Sicherheitslücken. Wäre mein Smartphone-Betriebssystem ein Käse – Emmentaler wäre locharm dagegen.

Was also tun? Immerhin gibt es Optionen. Die erste: Christian Lindner glücklich machen und ein neues Telefon kaufen. Wen kümmern Rohstoffe, seltene Erden und die Bedingungen von Ar­bei­te­r:in­nen in Koltanminen? Neu kaufen, das freut die Wirtschaft. Und ist es nicht ein tolles Gefühl, bei den nächsten Kennzahlen ein kleines Mini-My dazu beigetragen zu haben, dass das Wirtschaftswachstum nicht ganz so desaströs ausfällt?

Na gut, dann vielleicht die zweite Möglichkeit: Alt ist das neue Neu. Bei Smartphones gibt es einen florierenden Gebrauchtmarkt. Die Sache hat nur einen Haken: Eben weil die Geräte nicht mehr die frischesten sind, werden sie in der Regel allenfalls noch eine überschaubare Zeit mit Updates versorgt. Ich würde also – je nach Gerät – in etwa einem Jahr wieder an dem Punkt stehen, an dem ich jetzt bin. Nachhaltigkeit hatte ich mir irgendwie doch anders vorgestellt.

An den Technik-Nerd glauben

Also doch besser Variante drei? An den Technik-Nerd in mir glauben. Für mein Gerät gibt es die passende Version eines freien Betriebssystems. Das zu installieren kann – so habe ich gehört und gelesen, denn selbst gemacht habe ich es noch nie – durchaus anspruchsvoll sein, und wenn man zu viel falsch macht, ist das Telefon hinüber. Was nicht schlimm wäre. Schließlich würde ich vorher ein ordentliches Backup machen und hätte dann immer noch die Christian-Lindner-Option.

Ein Problem wäre es eher, wenn es funktioniert mit dem freien Betriebssystem. Denn was auf solchen Systemen aus Sicherheitsgründen meist nicht funktioniert, sind Banking-Apps. Die, mit denen man die TAN generiert, damit man sich ins Onlinebanking einloggen kann. Ich bräuchte dann zwar kein neues Telefon, aber eine neue Bank. Eine, die ohne TAN-App auskommt.

Und nun? Würfeln, Münze werfen, ChatGPT fragen? Die Technik Technik sein lassen und mein Sozialleben auf Menschen beschränken, die gerne Postkarten schreiben? Wütende Briefe an die EU schicken, die die verpflichtende Update-Versorgung ein bisschen fixer auf die Kette hätte kriegen können? Ich weiß es nicht.

Mein nächster Weg wird mich erst einmal zu einem Reparaturladen führen. Telefon runtergefallen, Display gesprungen, ein dickes Spinnennetzmuster dort, wo vorher noch eine reine Glasfläche war. Ich weigere mich zu glauben, dass das ein Zeichen ist.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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14 Kommentare

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  • Freie Software ist nicht automatisch sicher(er), ist eine seltsam hartnäckige Legende, das kann sie gar nicht einlösen, will sie auch nicht, zumal das gar nicht ihr wesentlicher Daseinsgrund ist. Und es einfach als so'ne Art Krücke aufzufassen, Lebensverlängerung oder Lückenbüsser, dem find ich auch nicht wirklich gerecht wird. Ist eher ne Einstellungssache, wie Politik oder Philosophie. Aber das ist dann irgendwie schon ein grösseres Elend der Aussenwahrnehmung und nicht mehr ganz Thema. Technik-Nerd wär dann aber garantiert Thema, möglichst nicht nur bei der Installation, denn das bedeutet ziemlich sicher kräftig Mehraufwand bei Zeit und Nerven und eben Eigenverantwortung. Also grad im Hinblick auf Sicherheit und mobile Plattformen mit ihrem Wald an Anschlüssen und Vernetzungsmöglichkeiten: viel Spass. In der Realität wird es weitaus häufiger auf gefühlte Sicherheit rauslaufen und das gute Gewissen. Wird nicht nur beim Onlinkebanking kaum helfen. Dafür ist zu bedenken, dass man bei Updates natürlich erst recht von Freiwilligkeit und gutem Willen abhängt, mit noch weniger Argumenten und deren Qualität oder wie gut getestet wurde, kaum besser wird einschätzen können.

    Wo das einziges Motiv ist, würd ich eher von abraten, sowieso Menschen, die aus berufl. oder priv. Gründen Anlass zu besonderer Sorge haben, Verantwortung oder exponiert sind. Dann doch lieber ein neues Gerät, vielleicht nicht gleich wieder das teuerste, so dass man im Zweifel auch mal eher oder schmerzloser ersetzen kann. Vor allem aber in Zukunft auf die Konditionen achten und möglichst viele vertrauenswürdige Reviews sichten. Hat schon manche vor manchem bewahrt. Nur auf Nutzungsdauer hin zu optimieren ist zwar ökologisch vorbildlich, aber dann sind die Haken eben in Kauf zu nehmen und gewisse Einschränkungen, mit nem alten Auto wird man auf der Strasse ja auch nicht mehr sicherer, auch für andere nicht.

  • am 9. september 2015 wurde das iphone 6s vorgestellt, das bisher letzte sicherheitsupdate gab es am 22. januar 2024, das sind 8 jahre und 4 monate. hatte ich selber 6 jahre in verwendung.

  • Also, auf Lineage oder dem davon abgeleiteten E-OS liefen bei mir bisher sämtliche 2F-Apps (man braucht halt Micro-G, was manche open-source-enthusiast:innen kritisch sehen). Kostenlose Apps kann man via Aurora aus dem playstore ziehen. Über Murena bekommen Sie das Fairphone und einige gehobene Gebrauchtgeräte mit fertig installiertem E-OS.

  • Die allermeisten Banken unterstützen auch einen Tan-Generator, der mit der EC-Karte funktioniert (anstöpseln/dran halten, Karte einstecken, fertig). Ist unabhängig vom Betriebssystem und hat noch den Vorteil, dass es ein echter 2. Faktor ist (die APP oder das smartphone lässt sich ganz eventuell doch hacken, die physische Karte eher nicht).

  • Anscheinend Trend in USA: non smart Phone, also das einfache Handy wie früher. Warum nicht? Mails kann ich Zuhause bearbeiten und all die anderen Dinge auch. Wer mich dringend belästigen muss kann anrufen. Vielleicht finde ich diesen Trend ganz gut und werde das Mal versuchen.Ein altes Nokia liegt noch irgendwo Rum....

  • Vorsicht, Schleichwerbung ;-)

    Das Fairphone 5 ist ein Mittelklasse-Smartphone mit der besten Langlebigkeit. 5 Jahre Garantie, Software-Updates bis 2031.

    Und gutes Gewissen: Zu mehr als 70 % aus fairen und recycelten Focus-Materialien. iFixit gibt ihm eine Reparierbarkeit von 10 von 10.

    shop.fairphone.com/de/fairphone-5

    Ich habe seit Oktober 2021 ein FP3 und habe bisher nur einmal ein Problem damit gehabt. Als es mir in's Klo gefallen ist. Ich habe es mehrere Tage offen liegen gelassen, und es lief wie vorher.

    HTH

    • @Ratzematatze:

      THX, sowatt in der Art wollte ich ach schreiben... Habe das 5er seit Oktober und bin zufrieden.

  • Gibt noch 'ne Option. Man kaufe sich ein leicht reparierbares Gerät. z.B. Fairphone. Da gibt es auch viele Jahre Updates. Und ein Display tauschen? Kein Problem, fast schon ein Kinderspiel.Und die Kosten? Ja kostet einiges, aber hält auch lange durch.

    • @hechtmaus:

      Ich habe die deutsche Variante, das Shiftphone. Allerdings ist es mit dem Tauschen so eine Sache. Auch wenn der modulare Aufbau meines shift6 es grundsätzlich ermöglicht, hätte ich für das damals noch mit Sicherheitsupdates versorgte Betriebssystem Oreo nicht nur den Prozessor austauschen müssen, sondern auch das dazu passende Motherboard - und damit fast alles. Da wäre ein Neukauf günstiger gewesen. Zum Glück hat Shiftphone erkannt, dass dies keine gute Werbung ist und einen Austausch gegen ein Neugerät shift6qm zu einem günstigen Preis angeboten. Aber das entspricht natürlich nicht der Idee von Nachhaltigkeit.

    • @hechtmaus:

      Das Problem bleiben die steigenden Hardwareanforderungen der Betriebssysteme. Das zwanzig Jahre alte Nokia "nicht smarte" Phone funktioniert auch, wo das neueste Premium Smartphone mit null Balken glänzt, während man das zehn Jahre alte Smartphone meist nur noch für Spielereien im Heimnetz verwenden kann.

      • @Axel Schäfer:

        Das Problem bleiben die steigenden Hardwareanforderungen der Betriebssysteme.

        Anforderungen kommen aber nicht aufgrund der eigentlichen Funktionalität, sondern weil zu viel Bloat- und Schnüffelware auf den meisten Smartphones installiert ist. Nach meinem Wechsel von Google-Android auf ein freies Android (Volla-OS) hat sich mein Datenverbrauch halbiert.

  • Refurbished kaufen oder das Vorvormodell per Keinanzeige gebraucht. So mache ich es seit vielen Jahren mit Smartphones, Laptops, Kameras etc.

    • @Anidni :

      s.o.!



      „ Die Sache hat nur einen Haken: Eben weil die Geräte nicht mehr die frischesten sind, werden sie in der Regel allenfalls noch eine überschaubare Zeit mit Updates versorgt. Ich würde also – je nach Gerät – in etwa einem Jahr wieder an dem Punkt stehen, an dem ich jetzt bin. Nachhaltigkeit hatte ich mir irgendwie doch anders vorgestellt.“

  • Bei microg.lineagepunktorg vorbeischauen: dieses speziell abgewandelte alternative Android Betriebssystem gaukelt vielen Bankingapps genug Google vor, damit diese funktionieren. Postbank z.B. läuft.



    Sonst: für die nächsten 8 Jahre das letzte Mal Herrn Lindner erfreuen und das fairphone 5 kaufen. Siehe fairphonedotcom.