Mit Steuergeldern gegen Fake News?: Transparenz für alle
Die öffentlich-rechtliche Kampagne „Jahr der Nachricht 2024“ will für Falschinformationen sensibilisieren. Gegenwind kommt von rechts.
„Vertraue Medien, die stimmen, statt Stimmung machen“, steht auf der Website von UseTheNews. Unter diesem Motto rief die gemeinsam von Deutscher Presse-Agentur (dpa) und der Hamburger Behörde für Kultur und Medien gegründete GmbH 2024 zum „Jahr der Nachricht“ aus. Damit soll auf steigende Desinformation aufmerksam gemacht werden.
Die Allianz für Nachrichtenkompetenz wurde 2021 initiiert und soll heuer, passend zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes und somit zu Artikel 5 der Meinungs- und Pressefreiheit, Informations- und Bildungsprojekte für junge Menschen entwickeln. Als Medienpartner dabei sind unter anderem Correctiv, ARD, ZDF und RTL sowie Unis und Schulen.
Seit Mitte Februar gibt es etwa das Format „Social News Daily“ „das 14- bis 24-Jährige in ihrer Lebenswirklichkeit erreichen soll“, sagte Jens Petersen, Leiter der dpa-Konzernkommunikation, der taz. Dafür produziere ein junges Team gemeinsam mit Medienpartnern lebensnahe Inhalte, etwa zum „Krieg in der Ukraine“ oder „Selbstdiagnose von ADHS auf Social Media“. Bei der Themenauswahl stütze sich das Angebot auf neueste Studienergebnisse des Leibniz-Instituts zur Mediennutzung von jungen Menschen.
Bei einem rechtspopulistischen Medium ist die Aufregung über die Kampagne, die gegen Desinformationen vorgehen möchte, allerdings groß: Julian Reichelt – ehemaliger Bild-Chefredakteur, heute Chef des rechtspopulistischen Portals Nius – wetterte auf der Plattform X über die Kampagne. „Die Deutsche Presseagentur, die nahezu alle Medien des Landes mit Nachrichten beliefert, lässt sich jetzt von Nancy Faeser und dem Innenministerium bezahlen, um gegen ‚Desinformation‘ zu kämpfen“, behauptete Reichelt am vergangenen Sonntag.
Initiative macht sich angreifbar
Auf eine Anfrage der taz, ob dem Portal Belege für die Finanzierung vorlägen, antwortete Nius vor Redaktionsschluss nicht. Nius hatte zuvor einen Beitrag veröffentlicht, in dem behauptet wird, das ARD- und ZDF-Format „Datteltäter“ werde aus Steuergeldern finanziert. Die „Datteltäter Academy“ befindet sich tatsächlich unter den mehr als 700 Projekten, die unter dem Motto „Demokratie leben“ vom BMI deutschlandweit gefördert werden.
„Vorwürfe wie diese zielen aus unserer Sicht ins Leere“, wies Petersen von der dpa die Vorwürfe gegen UseTheNews in einer Stellungnahme an die taz zurück. Richtig sei, dass das Projekt durch eine Public-private-Partnership finanziert werde, also gemeinsam durch Medienhäuser, Stiftungen, Verbände und staatliche Stellen. Nur so funktioniere die gesamtgesellschaftliche Stärkung der Medien- und Nachrichtenkompetenz. Zu der Höhe der jeweiligen Zuwendungen sowie zu dem Vorwurf von Nius, konkret das BMI finanziere UseTheNews, wollte sich die dpa allerdings nicht äußern.
Die angebliche staatliche Einflussnahme auf Medien ist kein zufällig ausgewähltes Thema von Nius. Rechtspopulistische Internetportale funktionieren mit Nachrichten, bei denen das vermutete Empörungspotenzial in der Bevölkerung besonders hoch ist. „Jede Redaktion, die für DPA bezahlt, sollte sich dagegen verwehren, dass DPA Geld vom Innenministerium und der Bundeszentrale für politische Bildung annimmt. Denn DAS gefährdet die Unabhängigkeit von Journalismus“, schrieb Reichelt in seinem Post.
„Die Inhalte von „Social News Daily“ werden unabhängig von den Förderern erstellt und produziert. Die UseTheNews GmbH handelt vollkommen eigenständig“, weist Petersen den Vorwurf der inhaltlichen Einflussnahme zurück. Wenn sich Julian Reichelt Sorgen um die Unabhängigkeit von Medien macht, müsste er auch über den Geldgeber für sein Nachrichtenportal Nius sprechen. Der Milliardär Frank Gotthard sitzt als Ehrenmitglied im Bundesvorstand der CDU. Er glaube, „dass unsere Medienlandschaft eine Ergänzung im konservativen Bereich“ brauche, sagte Gotthard selbst über seine Beweggründe für die Förderung von Nius in dem Regionalpodcast „Rund um’s Eck“. Reichelt müsste auch darüber berichten, dass Gotthard 2010 die Eishockey-Mannschaft „Kölner Haie“ gekauft hat, die er durch seinen finanziellen Boost davor bewahrt, in den Amateursport abzurutschen.
Trotzdem – fehlende Transparenz bei der Förderung des Jahrs der Nachricht tut der Initiative nicht gut. Sie macht sich so angreifbarer für Kritik, gegen die sie eigentlich kämpfen wollte.
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