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Ampelkoalition verschiebt AusschüttungKritik an Absage des Klimagelds

Der CO2-Preis steigt, aber der im Koalitionsvertrag versprochene Sozialausgleich kommt nicht. Ex­per­t*in­nen sind sauer.

Viele warten auf den Sozialausgleich Foto: imago

Berlin taz | Nachdem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) das angekündigte Klimageld für Bür­ge­r*in­nen für diese Legislaturperiode abgesagt hat, kommt Kritik. „Das Klimageld war als sozialer Ausgleich für Mehrbelastungen und als Anreiz für klimaschonendes Verhalten im Koalitionsvertrag vereinbart“, sagte Ramona Pop, Chefin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. „Die CO2-Abgabe ist eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Menschen.“

Viele Unternehmen müssen mittlerweile für den Klimaschaden zahlen, den ihre Produkte verursachen – teils über den Europäischen Emissionshandel, teils über Deutschlands nationale CO2-Abgabe. Letztere wächst nach und nach an, zum Jahreswechsel stieg sie von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2. Auf den Liter Benzin umgerechnet macht das laut dem ADAC zum Beispiel einen Unterschied von 4,3 Cent.

Die Idee des Klimagelds ist nun, die staatlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung wieder an die Bür­ge­r*in­nen auszuschütten – gleichmäßig pro Kopf. Das wäre ein Anreiz für klimafreundliches Verhalten: Wer wenig CO2 verursacht und deshalb auch wenig gezahlt hat, könnte sogar plus machen. Weil das oft auf Menschen mit geringem Einkommen zutrifft, während Wohlhabende eher einen großen CO2-Fußabdruck haben, hätte das Klimageld auch eine Umverteilungswirkung von „oben“ nach „unten“.

Dass der Plan immer noch nicht umgesetzt ist, hatte die Bundesregierung damit begründet, sie habe noch keinen praktikablen Auszahlungsweg gefunden. Das klingt nun anders: „Ab 2025 können wir technisch eine Pro-Kopf-Auszahlung vornehmen“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Ökonom warnt vor mangelnder Akzeptanz für Klimaschutz

Aber auch: „Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein.“ Denn die Regierung hat das Geld anders verplant. Es landet bislang im Klima- und Transformationsfonds des Bundes, aus dem etwa Wärmepumpen gefördert werden.

„Es ist wichtig, dass das Klimageld bald kommt“, sagt der Ökonom Matthias Kalkuhl, Co-Leiter des Klimaforschungsinstituts MCC in Berlin. „Die Kompensation ist wichtig, um die Klimapolitik sozial auszubalancieren und ihre Akzeptanz zu sichern.“ Es müsse klar sein, dass die CO2-Bepreisung „als effizientes Steuerungsinstrument in der Klimapolitik und nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern gedacht ist“.

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11 Kommentare

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  • Seit Rot-Grün geht es nur noch um eine Umverteilung von unten nach oben, und so wird es auch weiter gehen....

  • Man bekommt, was man gewählt hat.

    Nun hat man den Salat und sucht einen Schuldigen in der Ampel. Ich empfehle die FDP, die ist in rot/grünen Kreisen an allem schuld, als ob sie alleine das sagen hätte.



    Wer immer der FDP die Schuld gibt, will nur vom Versagen von rot/grün ablenken - die ganze Ampel ist schuldig.

  • Der CO2-Preis, dass große Mantra der Ökonomen und der FDP und CDU beim Klimaschutz.



    Der Markt regelt alles, auch den Klimaschutz, so einfach ist das.



    Da Klimaschutzmassnahmen (Tempolimit, Ausbau einer bezahlbaren Bahn, weniger Konsum, viel weniger Transporte, Autofahren und Flugreisen nicht in Gang kommen, weil sie politisch nicht gewollt sind oder unterfinanziert sind, müsste der CO2-Preis bald enorm steigen, um das gewünschte Lenkungs-Ziel zu erreichen. Wird er aber nicht, weil das System in der Realität nicht funktioniert und von der Politik aufgrund Protesten der Bürger ausgesetzt wird, wenn es politisch ernst wird. Dass Nichtauszahlen der Klimageldes ist ein gutes Beispiel dafür.



    Als ob sich SUV-Fahrer jemals von einem hohen CO2-Preis beeindrucken lassen würden.



    Der weltweite Flugverkehr steht vor enormen Steigerungsraten, die Auftragsbücher von Airbus und Boing sind auf Jahre übervoll.



    Und jetzt soll der steigende CO2-Preis die Menschen dazu bewegen, weniger oder gar nicht zu fliegen? Lächerlich.

    Abgesehen davon, dass Fern-Flugreisen in Deutschland nach wie vor steuerlich subventioniert werden und Tausende von LKW-Fahrer aus Ost-Europa mit billigen Sprit aus ihren Heimatländern den Markt für heimische Spediteure verzerren.

    • @Lindenberg:

      "Da Klimaschutzmassnahmen (Tempolimit, Ausbau einer bezahlbaren Bahn, weniger Konsum, viel weniger Transporte, Autofahren und Flugreisen nicht in Gang kommen, weil sie politisch nicht gewollt sind oder unterfinanziert sind, müsste der CO2-Preis bald enorm steigen, um das gewünschte Lenkungs-Ziel zu erreichen. "

      ---------

      Keine Sorge, die EU hat da schon weitere Maßnahmen im Portfolio. Fahrzeuge älterer Baujahre werden einfach per Gesetz als Abfall deklariert und eine Verschrottung erzwungen. Ein Weiterverkauf, geschweige denn Export, ist verboten.

      eur-lex.europa.eu/...=CELEX:52023PC0451

  • Es ist nicht nur die Absage ans Klimageld, sondern auch deren mehr oder minder verkappte Umverteilung. Arme bauen sich keine Wärmepumpen ein und bekommen dafür Förderung vom Staat.

  • Seit wann entscheidet die FDP alleine welche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden?

    Und warum blockiert die FDP nun auch etwas das ja angeblich in deren Wahlprogramm steht?

    Wenn eine politische Entscheidung, die eigentlich alle 3 Kolationsparteien wünschen dermaßen baden geht ... sagt das im Grunde alles über die "Koalition".

    Das ist weniger "Koalieren" und mehr "Regierungsverwaltung mit Parteianstrich".

    Weil das wird nichts "umgesetzt" oder "revolutioniert" da wird Elend verwaltet und Probleme verschleppt.

    "Ob wir oder wer auch immer nach uns kommt unseren Koalitionsvertrag erfüllt, das wird sich bei den nächsten Wahlen zeigen."

    Warum wird dann bei Koalitionsverhandlungen überhaupt verhandelt.

    Da kann ja gleich drunter stehen:

    "So oder so änhlich, ungefähr im besten Fall, wünscht sich zumindest ein Teil von uns, diese oder jene Ziele und wenn es dann noch nicht passt dann macht das eben die nächste Regierung oder eben auch nicht."

    Und dann wird das auch noch der "große Wumms" oder "Doppelwumms genannt".

    • @sociajizzm:

      Im Koalitionsvertrag steht nur ein sozialer Ausgleich mit den Einnahmen aus der CO₂-Steuer. Dass das die Auszahlung mit dem Klimageld sein müsse, steht da nicht. Darum argumentieren Regierungskreise, dass durch den Gaspreisdeckel u.ä. der soziale Ausgleich schon erfolgt sei.

  • "... sagt der Ökonom Matthias Kalkuhl, Co-Leiter des Klimaforschungsinstituts MCC in Berlin. „Die Kompensation ist wichtig, um die Klimapolitik sozial auszubalancieren und ihre Akzeptanz zu sichern.“



    /



    Die grundsätzliche Akzeptanz 'an der breiten Basis" sehe ich in einigen Bereichen bislang sowieso noch und auch wieder zunehmend skeptisch. Viel Geld wird auch weiterhin, allen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Klimaforschung zuwider, im privaten Bereich in klimaschädlichen Projekten "verbrannt" werden.



    Nur ein Beispiel:

    taz.de/Die-Verstaendnisfrage/!5944600/

  • Neneeee: nicht die Ampel. LINDNER. Sabotiert. Mal. Wieder.

    Jetzt grad sabotiert die FDP auch mal wieder in letzter Minute das Lieferkettengesetz. Macht Stress, weil sie für ihre Industrieklienten noch was rausholen will in letzter Sekunde, wenn alle total genervt sind.

  • Wie versprochen, so gebrochen. Also Nichts Neues.

  • "„Die Kompensation ist wichtig, um die Klimapolitik sozial auszubalancieren und ihre Akzeptanz zu sichern.“ Es müsse klar sein, dass die CO2-Bepreisung „als effizientes Steuerungsinstrument in der Klimapolitik und nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern gedacht ist“."

    Scheinbar muss Herr Lindner über den Weg des Verfassungsgerichtes wiederholt daran erinnert werden, dass nun endlich Schluss sein muss mit seinen Tricksereien.

    Welch Dilletanten. Nicht zu fassen.