Nur eine kleine Wahlwiederholung

Bundestagswahl wird in einem Fünftel der Berliner Stimmbezirke wiederholt. Linke und BSW nicht betroffen

Aus Karlsruhe Christian Rath

Die Bundestagswahl muss nur in 455 von 2.256 Berliner Stimmbezirken – also Wahllokalen – wiederholt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht. Die Wahlwiederholung findet voraussichtlich am 11. Februar 2024 statt.

Im September 2021 fanden in Berlin sowohl Bundestagswahlen als auch Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus statt. Die Wahlen waren jedoch schlecht organisiert: Stimmzettel fehlten oder wurden unzulässig kopiert. Wahllokale mussten zeitweise geschlossen werden.

Gegen die Bundestagswahl in den Berliner Wahlkreisen erhoben mehr als 1.700 Bürger Einsprüche. Der Bundestag entschied daraufhin am 10. November 2022 mit den Stimmen der Ampelkoalition, dass in 431 von 2.256 Berliner Stimmbezirken die Bundestagswahl wiederholt werden muss.

Der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ging das nicht weit genug. Sie verlangte eine Wahlwiederholung in sechs von zwölf Berliner Wahlkreisen, also in der Hälfte des Berliner Wahlgebiets. Die AfD-Fraktion forderte sogar eine Wiederholung der Bundestagswahl in ganz Berlin.

Die AfD-Klage wurde nun jedoch als unsubstantiiert und damit unzulässig abgelehnt. Die ganze Wahl müsse nur bei „unerträglichen“ Wahlfehlern wiederholt werden, so die Richter:innen. Davon könne schon mit Blick auf den Stadtstaat nicht die Rede sein. Bei der Bundestagswahl komme es aber ohnehin auf ganz Deutschland an und nicht nur auf Berlin.

Auch die Wahlprüfungsbeschwerde der CDU/CSU war überwiegend erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht hielt an seiner Rechtsprechung fest, dass der Eingriff in das Wahlergebnis bei der Wahlprüfung so gering wie möglich bleiben soll. Deshalb könnten nur nachgewiesene Wahlfehler berücksichtigt werden, bloße Vermutungen über weitere Wahlfehler genügten nicht, so die Richter:innen.

Als Wahlfehler wertete das Verfassungsgericht insbesondere die mangelhafte Ausstattung mit Wahlkabinen und Stimmzetteln. Als Indiz hierfür galt eine Wartezeit von mehr als einer Stunde oder wenn die Stimmabgabe noch nach 18.30 Uhr stattfand.

Die Rich­te­r:in­nen stellten fest, dass der Bundestag die Wahlfehler überwiegend richtig festgestellt hatte. Allerdings hätte er nicht darauf verzichten dürfen, die Protokolle aus den Wahllokalen auszuwerten. Dies holten die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen nach und fanden weitere 25 Stimmbezirke mit Wahlfehlern.

Die festgestellten Wahlfehler stuften die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen als „mandatsrelevant“ ein, da der SPD ein zusätzliches Bundestagsmandat zugekommen wäre, wenn sie nur 802 weitere Zweitstimmen erhalten hätte.

Von den Wahlwiederholungen sind nicht die Wahlkreise betroffen, in denen Gregor Gysi und Gesine Lötzsch Direktmandate für die Linke holten. Die 38 Abgeordneten der Linken – und des abgespalteten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) – konnten trotz Verfehlens der Fünfprozenthürde 2021 in den Bundestag einziehen, weil die Linke drei Direktmandate holte. Daran wird sich nichts ändern.

Deutlich größere Auswirkungen hatte das Berliner Wahlchaos für die Abgeordneten­hauswahl von 2021. Das Berliner Landesverfassungsgericht ordnete im November 2022 eine vollständige Wiederholung an. Die Neuwahl fand im Februar 2023 statt. Seitdem regiert Wahlsieger Kai Wegner von der CDU.