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Wieso die AfD auf Höhenflug bleibtToxisches Gelaber

Leitkultur-Gerede wie das von Friedrich Merz über Weihnachtsbäume stärkt die AfD. Das spiegelt sich in den Umfragewerten wider.

Nutzte Weihnachten für eine Wir-und-die-Anderen-Debatte: Friedrich Merz, hier 2020 im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin Foto: dpa | Jörg Carstensen

T annenbaum, Bockwurst, Kartoffelsalat: Kurz vor Weihnachten war es die CDU, die mal wieder eine Leitkulturdebatte entfacht hat. Einen Weihnachtsbaum zu kaufen, das sei „unsere Art zu leben“, erklärte Parteichef Friedrich Merz, das gehöre zu „unserer kulturellen Identität“. Mit diesem Wir-und-Die-Wording, also hier die Deutschen und da die Anderen, spielt die CDU der AfD, mit ihren eh stabilen Umfragewerten, in die Karten.

In Mecklenburg-Vorpommern liegt die AfD in Umfragen derzeit bei 35 Prozent. Und Fraktionschef Nikolaus Kramer findet, dass die AfD nicht alleine auf den Parlamentarismus setzen dürfe. In seinem Podcast „Außerparlamentarischer Widerstand und Regime Change von rechts“ spricht er mit Martin Sellner, der Sprecher der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung (IB) Österreich war und auch als Akteur der Neuen Rechten in Deutschland bekannt ist, ganz offen darüber, wie eine rechtsextreme Regierungsübernahme in Deutschland gelingen könne und was man gegen den „Bevölkerungsaustausch“ unternehmen müsse.

Die Nähe der AfD zur IB lässt allerdings viele kalt. Bei der Landtagswahl in Hessen, wo die AfD über 18 Prozent erlangte, sagten in einer Umfrage 80 Prozent der Befragten, es sei ihnen egal sei, dass die „AfD in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht“ und 95 Prozent sagten, sie fänden es „gut“, dass die AfD „den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will“.

Zehn Jahre nach Parteigründung ist der AfD das Agenda-Setting also gelungen. In Hamburg zum Beispiel stellten kürzlich Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer und Bildungssenator Ties Rabe (beide SPD) fest, dass die vielen Geflüchteten die Wohn- und Bildungsmöglichkeiten an ihre Grenzen brächten. Dabei regiert die SPD hier seit zwölf Jahren und hat beim sozialen Wohnungsbau und dem schulischen Bildungsangebot einfach zu wenig bewegt. Die Hamburger AfD dürfte es freuen, dass die SPD auf ihre Agenda aufspringt. In Umfragen kommt die AfD hier gegenwärtig auf 14 Prozent, ein Zuwachs von fast 9 Prozent im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl.

80 Prozent sagten, es sei ihnen egal, dass die AfD in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht

Krisen wie die Pandemie oder der Ukraine-Krieg spielen Rechtsextremen ohnehin immer in die Hände – unglückliches Krisen-Management noch mehr. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen kam die AfD auch deswegen zuletzt auf 11 Prozent und verdoppelte ihr Ergebnis fast. In Umfragen liegt sie nun bei 18 Prozent. Mit 12 Prozent würde die AfD in Schleswig-Holstein wieder in den Landtag ziehen. In Bremen liegt die AfD laut Umfragen bei 6 Prozent.

Alle demokratischen Parteien sollten nun, etwa im anstehenden Europawahlkampf, weiter gegen die Normalisierung der AfD angehen. Wer sich stattdessen die Wir-und-Die-Agenda zu eigen macht, wie jetzt CDU-Chef Merz, macht letztlich Wahlkampf für die AfD.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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3 Kommentare

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  • "Dabei regiert die SPD hier seit zwölf Jahren und hat beim sozialen Wohnungsbau und dem schulischen Bildungsangebot einfach zu wenig bewegt."

    Das passt nicht zum Faktencheck.

    "Die Hansestadt liegt mit 48 Sozialwohnungen je 1000 Einwohner klar an der Spitze des Rankings. Ein Grund dafür: Große Stadtentwicklungsvorhaben werden im Drittel-Mix gebaut. Hierbei entstehen zu jeweils einem Drittel geförderte Wohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen und Eigentumswohnungen. Schlusslicht im Ländervergleich ist das Saarland. Pro 1000 Einwohner gibt es hier nur eine einzige Sozialwohnung. Schlecht versorgt sind außerdem viele neue Bundesländer." ( de.statista.com/in...en-bundeslaendern/ )

  • „95 Prozent sagten, sie fänden es „gut“, dass die AfD „den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will.“ - Nur eine Frage: Was ist an dieser Aussage rechtsextrem? Wenn man diese Frage außerhalb der AFD-Bubble Stellen würde, bekäme man mit Sicherheit eine satte Mehrheit. Das Problem ist doch, dass unsere derzeitige Regierung diese Problematik komplett ausblendet und genau deshalb der AfD zu ungeahnten Höhenflügen verhilft. Der hier gerne genommene Narrativ, wonach die bürgerlichen Parteien für diesen Rechtsrutsch verantwortlich seien, ist lächerlich. Fakt ist, dass die Ampel seit ihrer Installation eine Politik gegen die gesellschaftliche Mehrheit in unserem Land betreibt. So etwas kann auf Dauer nicht gut gehen.

  • Die AfD verspricht "Lösungen" für Probleme, die sie selbst herbei geredet hat, sagt aber nicht, wie die aussehen sollen. Eine echte Lösung wäre die Selbstauflösung. Wahrscheinlich läuft es auf "Machergreifung" hinaus, wie wir es schon hatten. Der Tradition verpflichtet! Aber das kann man vorher ja nicht ankündigen!