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Banken und Kommunen im Signa-KonkursBenko und das Staatsversagen

Patrick Guyton
Kommentar von Patrick Guyton

Die Insolvenz der Signa-Gruppe passierte nicht im Vakuum, die öffentliche Hand ließ sich lange von René Benko blenden – und sitzt jetzt mit im Boot.

Baustelle Elbtower in Hamburg Foto: Markus Scholz/dpa

P rivate Investoren und Hedgefonds haben dem Pleitier René Benko und seiner zusammengebrochenen Signa-Gruppe Unmengen an Geld gegeben. No risk, no fun: Nach dieser Devise darf jeder sein Geld anlegen, ausgeben oder auch rauswerfen, wenn er am Ende alleine dafür einsteht, auch für den Totalverlust.

Anders verhält es sich bei staatlichen und öffentlichen Einrichtungen, denn sie sind der Allgemeinheit verpflichtet und werden von ihr getragen. Der Auftrag an Signa zum Bau des 245 Meter hohen Elbtowers in Hamburg etwa ging von der Hansestadt aus. Nun weiß niemand, ob der Turm jemals fertiggestellt wird.

Ähnliches, eine Nummer kleiner, aber bauhistorisch bedeutsam, spielt sich bei der Alten Akademie in ­München ab. Der Totalumbau des Komplexes aus dem 16. Jahrhundert ist auf dem Viertel des Weges gestoppt. ­Schicke Läden und hippes Reichenwohnen wird es dort nun lange Zeit nicht geben. Der Freistaat Bayern hatte Benko die Alte Akademie nach Erbbaurecht zur Nutzung überlassen.

Wie kann das sein? Bedenken, Benko sei ein Hochrisikospieler, wurden beiseitegewischt. Die Ursache solcher Fehler ist schlicht Gier – nach Geld, nach Ruhm. So eine Hafencity, die Alte Akademie und die ganzen anderen Signa-Bauten hätten die Politiker vor Ort in strahlendes Licht rücken sollen. In Deutschland gibt es Kontrollen von vielem und Vorschriften für nahezu alles. Benko aber schlüpfte immer durch.

Ähnlich verhält es sich mit den Landesbanken. Diese sind Anstalten des öffentlichen Rechts und dienen öffentlichen Zwecken. Ob Landesbank Hessen-Thüringen, die LBBW in Baden-Württemberg oder die Bayern-LB – sie alle haben Benko in Erwartung guter Renditen Geld gegeben, von jeweils satten dreistelligen Millionenbeträgen ist die Rede. Die Union-Investment-Gruppe ist auch mit dabei, eine Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken, also von Genossenschaftsbanken. Welch Hohn, wurden diese doch einst gegründet, um finanzielle Selbsthilfe für kleine Leute zu leisten.

Der Fall René Benko ist auch ein Fall von Versagen der staatlichen und öffentlichen Institutionen.

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Patrick Guyton
Autor
Lebt in München, schreibt über mögliche und unmögliche bayerische Begebenheiten. Jahrgang 1967, aufgewachsen im Stuttgarter Raum. Studierte in München und wurde dort zum Journalisten ausgebildet. Es folgten viele Jahre als Redakteur in Ulm, zuständig für Politik und Reportagen. Nun frei atmend und frei arbeitend in der Bayern-Metropole.
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12 Kommentare

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  • Dieses sogenannte Versagen ist ein ganz normales Betriebsrisiko, welches sich jetzt realisiert hat. Ukrainekrieg, Inflation und Zinssteigerungen waren nicht vorhersehbar und dürften noch so manchen in der Branche in den Abgrund reißen. Die verschiedenen Baupleiten der Vergangenheit haben gezeigt, irgendwas kommt immer nach, es dauert halt etwas länger und wird ein bißchen teurer.

    Fragwürdig, ist ob dies als Versagen auszulegen ist.

    • @DiMa:

      Reicht denn nicht, sich an 1 oder 2 solcher Projekte gleichzeitig zu versuchen, während man es mit einer kränkelnden Handelsketten-Tochter zu tun hat, welche man für persönliche Gewinne (ständig steigende Mieten in privat geführte Gesellschaften losgelöst vom Handelsgeschäft zu Lasten der Gewinne) auf dem Rücken der Mitarbeitenden unter Zuhilfenahme Deutscher Steuergelder mehrfach gegen die Wand gefahren hat?



      Wäre die Gier nicht so stark, ginge es vielleicht auch eine Nummer kleiner?



      Sie sind wohl zu jung sich an den Fall Schneider zu erinnern. Solche überheblichen Männer scheitern immer wieder an Selbstüberschätzung und am Ego.

      • @Hatespeech_is_not_an_opinion:

        Meistens sind ja Länder beteiligt, damit eine Vielzahl möglicher Akteure. Dann geht es um unterschiedliche Projekte: Stadtentwicklung und / oder die Rettung von Arbeitsplätzen.

        Bei Herrn Schneider wurden die Banken durch gefälschte Angaben von Geschossflächenzahlen und Bilanzfälschungen betrogen. Bei Herrn Benko steht derzeit allenfalls Insolvenzverschleppung im Raum. Ob Herr Benko tatsächlich gescheitert ist oder nur ein paar seiner jüngsten Projekte hängt im Wesentlichen von seinem Asset-Protektion-Management ab; auch das wird sich wohl erst noch zeigen.

  • Zum Gesamtbild gehört auch, dass viele Projekte nur für Hochrisikospieler interessant sind. Gerade bei der alten Akademie hätte Bayern als Eigentümer keine Mittel gehabt, sowas großes umzusetzen.

  • Wenn sich was Group, Gruppe oder Holding nennt: Finger weg. Alte Regel für vernünftige Investitionen.

  • Ob die Landesbanken, Union Invest etc... versagt haben, muss sich erst noch zeigen. Letztendlich hängt es davon ab, wie die Kredite an die verschiedenen Benko-Firmen abgesichert wurden. Bei erstrangigen Hypothekendarlehen dürften die Bankenchefs gut schlafen können, sind es aber Anleihen oder Schuldscheindarlehen, können einige Verluste anfallen.

    • @Offebacher:

      Was nützt mir aber in der Zwangsversteigerung ein halb fertiggestelltes Gebäude, auch wenn meine Hypothek erstrangig oder gleichrangig abgesichert ist?



      Bei solchen komplexen Immobilienfinanzierungen wird auch nicht jeder Gäubiger auf der 1. Rangstelle bleiben.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Olaf Scholz war gewarnt, er hat Benko damals trotzdem den Auftrag für den Bau des Elbtowers gegeben.



    Eine weitere Fehl-Einschätzung in der diesbezüglich reichen Vita seiner politischen Karriere.

    Honi soit qui mal y pense…

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    BenKO? No.



    Alte Leier.



    Pleitegeier.



    Lebt von Aas.



    www.stuttmann-kari....de/karikatur/8483

    • 9G
      94799 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      Minderwertigkeitskomplexe von Politikern spielen da die entscheidende Rolle - wenn man vermeintlich einflussreichen "Unternehmern/Investoren" die Zügel loslässt bzw. öffentliche Gelder/Kredite in rauhen Mengen zur Verfügung stellt wird von denen schlitzohrig das Gefühl vermittelt "man gehöre jetzt dazu" - das geht bei den Politikern "runter wie Sahne" und sie kommen sich endlich wichtig vor. (Aus vergleichbaren Gründen liessen/lassen sich Gewerkschafter von Arbeitgebern "um den Finger wickeln - ein Grund für den Mitgliederverlust)

      • @94799 (Profil gelöscht):

        Danke, volle Zustimmung für den sehr guten Kommentar!

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Benko als Artenschützer! Danke für das verlinken des Bildes.

      Geld für..



      wofür eigentlich ..

      Geld für einzelne, Investoren, die Interessen, den Gewinn einzelner.

      leider, passiert das immer wieder.

      Geld als Kommunikation, zum Tausch für dies und das, für Schönes,

      Geld für Gemeinwohl,



      Geld zum Wohle aller,



      das wünsche ich mir und uns.

      Eine schöne Utopie, die ich nicht aufgeben möchte und auch (vermutlich) auch nicht werde.

      Vamos a ver, schaun wir mal.