Ukraine-Hilfen nach McCarthy-Abwahl: Die Zeit ist nicht ihr Freund
Mit der Abwahl des Sprechers des Repräsentantenhauses stehen auch die Ukraine-Hilfen auf der Kippe. Die nächsten Wochen seien aber noch gesichert.
Bei einer Telefonkonferenz im Weißen Haus erklärte der US-Präsident zahlreichen verbündeten Staats- und Regierungschefs, die derzeit noch zur Verfügung stehenden Finanzmittel reichten aus, um die Ukraine noch einige Wochen zu unterstützen. Und das, obwohl der 45-Tage-Zwischenhaushalt, auf den sich eine überparteiliche Mehrheit im Kongress Ende vergangener Woche geeinigt hatte, zunächst keine weiteren Gelder für die Ukraine vorsieht.
Der Kommunikationsdirektor des nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, erläuterte am Dienstag, die aktuelle, vom Kongress bewilligte Tranche reiche womöglich auch „ein paar Monate“ – aber das hänge von den Gegebenheiten auf dem Schlachtfeld in der Ukraine ab. Die Zeit sei jedenfalls „nicht unser Freund“, sagte Kirby. Jede Lücke in der US-Unterstützung könnte Kremlchef Wladimir Putin zur Annahme verleiten, dass er „uns aussitzen kann“.
Verhandlungen über weitere Finanzmittel und Militärhilfe für die Ukraine müssen also bald erfolgen, und das geht erst, wenn das Repräsentantenhaus durch die Wahl einer McCarthy-Nachfolge überhaupt wieder handlungsfähig ist. Die nächsten Tage, bis ab kommendem Dienstag eine neue Spitze gewählt werden soll, werden von intensivem Machtpoker hinter den Kulissen der republikanischen Fraktion geprägt sein – welche Rolle das Thema der Ukraine-Hilfe dabei genau spielen wird, ist von außen schwer einzuschätzen.
Trump-Anhängerin: in Kyjiw herrsche eine Nazibande
Denn es sind weit mehr als jene acht republikanischen Abgeordneten, die gemeinsam mit den Demokraten für die Absetzung Kevin McCarthys sorgten, die sich immer offener gegen die weitere Unterstützung der Ukraine einsetzen. Marjorie Taylor Greene etwa, die QAnon- und Trump-Anhängerin, war innerhalb der ultrarechten Kreise der Fraktion eine der wichtigsten Verbündeten McCarthys – verbreitet aber in Sachen Ukraine das Narrativ, in Kyjiw herrsche eine aggressive Nazibande und hat bereits mehrfach gegen weitere Finanzmittel gestimmt.
Als Ukraines Präsident Wolodimir Selenski bei seinem jüngsten Besuch in Washington darum bat, erneut beide Kammern des Kongresses direkt adressieren zu können, lehnte McCarthy das ab – man habe dafür keine Zeit.
Im Senat steht zwar der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell durchaus fest für die Ukraine ein – aber sein Alter, sein Gesundheitszustand und die Senatswahlen im kommenden Jahr sprechen dafür, dass auch er Schwierigkeiten haben wird, seine Fraktion eindeutig auf Kurs zu halten. Im Senat halten die Demokraten allerdings bei einer 50:50-Sitzverteilung im Zweifel durch die entscheidende Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris noch die Mehrheit.
Für Joe Biden und die Ukraine wird es jedenfalls essentiell sein, mit der neuen Führung im Repräsentantenhaus schnell zusammenzuarbeiten. Wie viele Zugeständnisse die Regierung dafür ein Jahr vor den nächsten Wahlen zu machen bereit ist, dürfte ein Aushandlungsprozess werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos