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Übergangshaushalt mit Folgen für UkraineVorerst kein neues Geld aus den USA

US-Republikaner setzen im Kongress einen Stopp neuer Militärhilfen an die Ukraine durch. Erste Engpässe zeichnen sich bereits ab.

Viel Klärungsbedarf: Kevin McCarthy nach der Zwischeneinigung zum US-Haushalt Foto: AP Photo/J. Scott Applewhite

WASHINGTON taz | Unruhe im Weißen Haus: Der US-Kongress konnte mit der Verabschiedung eines Übergangshaushaltsplans für 45 Tage am späten Samstag zwar den drohenden „Shutdown“ der US-Bundesregierung in buchstäblich letzter Minute abwenden. Der Plan beinhaltet jedoch, dass es vorerst keine zusätzliche Militärhilfe an die Ukraine gibt. Damit wird einer zunehmenden Anti-Ukraine-Stimmung innerhalb der US-Republikaner Rechnung getragen.

„Wir können es auf keinen Umständen erlauben, dass die Unterstützung der Ukraine von amerikanischer Seite unterbrochen wird“, sagte US-Präsident Joe Biden. Er erwarte von Kevin McCarthy, dem republikanischen Sprecher des US-Repräsentantenhauses, dass dieser sein Wort halte und seine Partei davon überzeuge, dass die anhaltende Unterstützung der Ukraine von entscheidender Bedeutung sei.

Mit der Entscheidung vom Samstag werden keine bereits verabschiedeten Hilfen an die Ukraine gestrichen. Es gibt allerdings auch keine neuen Gelder – so lange, bis entweder ein zusätzliches Gesetz oder ein neuer Haushaltsplan vorliegt. Bislang haben die USA 113 Milliarden US-Dollar für die Ukraine bereitgestellt. Präsident Biden forderte im August weitere 24 Milliarden Dollar. Diese wird es vorerst nicht geben. Ein Senatsentwurf zur temporären Überbrückung des Haushaltsstreits hatte zusätzliche 6 Milliarden Dollar für die Ukraine vorgesehen. Auch dies ist nun tabu.

Das US-Militär wies erst am Freitag in einem Schreiben an den US-Kongress darauf hin, dass die bereits genehmigten Hilfsbewilligungen nahezu aufgebraucht seien. „Ohne zusätzliche Gelder werden wir gezwungen sein, wichtige Hilfeleistungen an die Ukraine entweder zu verzögern oder zu beschränken“, hieß es in dem von Unterstaatssekretär Michael McCord unterzeichneten Schreiben. Genannt wurden „Luftabwehr und Munition, die jetzt kritisch und dringend sind, während Russland sich auf eine Winteroffensive vorbereitet und weiterhin ukrainische Städte bombardiert“. Seinen Angaben zufolge sind von der laufenden Kongressbewilligung in Höhe von 25,9 Milliarden momentan nur noch 1,6 Milliarden übrig.

Lösung vor dem 17. November anvisiert

Wann genau mit einem Gesetzesvorschlag für neue Hilfsbewilligungen gerechnet werden kann, ist unklar. Senat und Demokraten des Repräsentantenhauses wollen noch vor dem 17. November, wenn der jetzt verabschiedete Übergangshaushalt abläuft, eine Lösung finden. Bis es allerdings tatsächlich zu einer Lösung kommt, ist das US-Militär gezwungen, die Aufstockung von Munition und anderer militärischer Ausrüstung für die eigenen Streitkräfte zu verlangsamen, um die Unterstützung der ukrainischen Truppen aufrechtzuerhalten.

Für die US-Regierung und den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, der erst vergangene Woche in Washington war, darf dies als Rückschlag gewertet werden. Doch der Großteil der Kongressabgeordneten steht weiter hinter der Ukraine. „Wir werden nicht aufhören, uns für mehr wirtschaftliche und militärische Unterstützung der Ukraine einzusetzen. Mehrheiten in beiden Parteien unterstützen weitere Hilfsbewilligungen. Und das zu tun ist auch wichtig für Amerikas Sicherheit und für die Demokratie auf der Welt“, sagte Senats-Mehrheitsführer Chuck ­Schumer von den Demokraten am Samstag. Senator Mitch McConnell von den Republikanern bestätigte, dass die Mehrheit seiner Partei für die Unterstützung der Ukraine sei.

Das größte Hindernis geht vom Repräsentantenhaus aus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Die Demokraten stehen zwar geschlossen hinter der Ukraine, doch auf republikanischer Seite werden immer mehr Stimmen laut, die die finanzielle Unterstützung Kyjiws hinter­fragen.

Ein Zusatzartikel des republikanischen Abgeordneten Matt Gaetz, der jegliche weitere militärische Hilfeleistung an die Ukraine verbieten würde, gewann am Donnerstag unter den 450 Abgeordneten 93 Stimmen und damit 23 mehr als noch im Juli. Viele dieser Abgeordneten vor allem vom rechten Flügel der Republikaner wollen die Milliarden lieber in die Lösung heimischer Probleme investieren, etwa in den Kampf gegen die Migration an der US-Südgrenze zu Mexiko sowie gegen die steigende Kriminalität.

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18 Kommentare

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  • Russlands Kriegsführung funktioneirt auf allen Ebenen. Man sollte nicht so naiv sein zu glauben das es da eine friedliche Koexistenz gibt. Russlands Feind sind die liberalen Demokratien, Putin wird erst Ruhe geben wenn sie vernichtet sind oder er und sein System nicht länger existieren.

  • Ich hoffe sehr, dass es sich nur um eine temporäre Unterbrechung der Unterstützung für die Ukraine handelt. Denn eine plötzliche Einstellungen der US Hilfen wäre eine Kathastrophe, da es enorm die Verhandlungsposition der Ukraine schwächen würde.



    Hoffentlich schillen jetzt bei Selenski und Co die Alarmglocken und man arbeitet an einem Plan B, da es nicht unwahrscheinlich ist, dass mittelfristig die USA ihr Engagement zurückfahren werden.



    Momentan könnte man noch versuchen aus einer Position der Stärke zu verhandeln.

    • @Alexander Schulz:

      Da muss ich General Milley zitieren (den bis vor Kurzem Stabschef der USA).



      "Die Ukraine hat geschafft, was man bestenfalls erwarten kann. Jetzt muss sie verhandeln". Das war Herbst 2022.



      Nun hat sie um Bachmut und in der Gegenoffensive brutale Verluste erlitten.



      Die Russen indessen werden stärker (300.000 - 400.000 Zeitsoldaten rekrutiert).



      Ich fürchte, die Chance wurde verpasst.

      • @Kartöfellchen:

        Vermutlich haben Sie Recht und die besten Zeitpunkte wurden verpasst.



        Aber vielleicht gibt es trotzdem noch die Möglichkeit eine Lösung zu finden bei der die Ukraine einigermaßen "gut" davon kommt. Obwohl "gut" natürlich relativ ist nach so vielen Toten und Zerstörung durch den russischen Angriffskrieg. Ich möchte mir gar nicht ausmalen wie dunkel die Zukunft der Ukraine auch im besten Fall aussehen wird. Eine Gesellschaft, die durch viel Leid gekennzeichnet wurde und ein Land, dass vermutlich wirtschaftlich auf Jahrzehnte brachliegen wird (ausser es findet sich jemand und ist bereit ca Billionen zu investieren - es wird sich dafür wohl kaum eine Mehrheit in der EU finden lassen, wenn man sich die Lage in vielen europäischen Ländern anschaut). Es ist leider wirklich ein riesiges Trauerspiel.

        • @Alexander Schulz:

          Aber Deutschland hat deutschen Firmen, Investoren bereits Sicherheitsgarantien gegeben, das muss man sich mal vorstellen! Keiner weiß, wie sich das ganze noch entwickeln wird! Die BRD geht innenpolitisch langsam in die Knie, aber man winkt mit Millionen oder gar Milliarden … ! Ob da welche bei dem europäischen Desaster auch noch zugucken? Ich glaube, ja…

      • @Kartöfellchen:

        Russland wollte nicht. Und Russland kann nicht. Ein echter Komrpomissfrieden der auch die Interessen der Ukraine wahrt wäre eine Demütigung Russlands ohne gleichen. Alles außer einer ukrainischen Kapitulation bedeutet Russland ist keine Weltmacht mehr. Das erträgt Putin nicht. Lieber opfert er nochmal 200.000 Mann. Sowieso sollte die Ukraine ja nr der Auftakt sein zu einer Rückkehr als dominierende Macht Osteuropas.

        • @Machiavelli:

          „…sollte die Ukraine ja nr der Auftakt sein…“



          Können Sie Putins Gedanken lesen? Wohl kaum.

          Russland wollte vor vielen Jahren sogar in die NATO. Das wurde abgelehnt, schließlich galt der damaligen ‚kalte Krieg‘ nachweislicher Definition als ‚verloren‘…



          In Bukarest 2007 gaben die USA der Ukraine und Georgien ein Aufnahmeversprechen. Und jetzt dürfen Sie dreimal raten, wie Russland darauf reagiert hat.

          China hat so gar kein Interesse daran, dass die Russen verlieren und Kim Jong-un schon gar nicht …(Nordkorea).



          Russland ist und bleibt eine Weltmacht, aber sie wird wahrscheinlich



          1.) ihren Platz 2 räumen müssen.



          2.) wird ein Einsatz nuklearer Waffen wahrscheinlicher, je mehr die USA versuchen ihre Ziele durchzusetzen,



          3.) wird der Krieg ggfs. noch lange andauern, auch das wäre sehr im Interesse Chinas, um die eigene wirtschaftliche und damit natürlich auch militärische Macht weiter auszubauen.

          „Wenn es einen Sieger in diesem Krieg geben wird, dann ist es China“ — John Mearcheimer. Nach seinen Worten wird es „bestenfalls“ , und das ist wahrhaftig überhaupt keine befriedigende Lösung, „a cold peace“ geben …



          Die Ukraine hätte sich nach vielerlei Meinungen und sogar derer amerikanischer Befürworter als neutraler Staat besser gestanden.

          Die frühen Warnungen u.a. hochrangiger Politologen und Politiker vor einer zunehmenden NATO -Osterweiterung als riskantes Unterfangen wollten und wollen heute viele nicht hören. Aber, sie sind Fakt, was Kriegsverbrechen an sich keinesfalls entschuldigt.

  • Da bin ich mal gespannt, ob die USA tatsächlich keine Unterstützung für die nächsten 45 Tage leisten.

    • @Frankenjunge:

      Es sind noch ca.1,6 Milliarden übrig vom letzten bewilligten Paket habe ich gelesen (ich glaube Handelsblatt oder Zeit).

    • @Frankenjunge:

      Sie unterstützen erst einmal weiter. Es gibt ja noch bereits bewilligte Gelder, die noch nicht ausgegeben sind. Die Blockade betrifft nur zukünftige Allokationen (was schlimm genug ist. Sollte Trump gewinnen, hat auch Putin sofort gewonnen).

  • Ich hätte nicht erwartet, dass die USA noch vor Russland vor der Pleite stehen.

    • @PeterArt:

      Pleite? Da haben Sie wohl etwas falsch interpretiert.

      • @ROTEGRÄTE:

        Wer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann, ist insolvent (vulgo pleite). Wer diese Situation in letzter Minute abwendet, stand nichtsdestotrotz kurz davor.

    • @PeterArt:

      Diese "Pleite" ist ja künstlich. Sie liegt nur daran, dass die USA keinen gesetzlichen Mechanismus haben, ihre laufenden Staatskosten ohne gültigen Haushalt weiter zu decken. Eine solche Konstellation gibt es in den meisten Ländern schlicht nicht.

    • @PeterArt:

      Welche Pleite?



      Bitte zitieren Sie aus dem Artikel.

      • @MeineMeinungX:

        Die Amis haben noch andere außenpolitische Baustellen, und die heißen Taiwan und Nordkorea. Selensky kann sich daher abschminken, dauerhaft im Fokus amerikanischer Politik zu stehen. Vielleicht ist es sogar ein Schachzug, Selensky an den Verhandlungstisch mit Putin zu zwingen und von seinen surrealen Vorstellungen bzgl. der Krim Abstand zu nehmen, wenn er unter Druck gerät.Wer weiß das letztlich schon …

        Sollte Trump die nächste Wahl gewinnen, werden erneut eher kitschig anmutende Machtposen-Töne angeschlagen: der Mann spielt doch lieber „Topfschlagen“ als dass er für hervorragende Diplomatiekünste bekannt wäre.

        Europa wird sich jedoch noch umgucken …, ein ehemalig aufstrebender Stern am globalen Nachthimmel, Deutschland vorn dabei, sucht doch schon im Ausland nach „Rettungswesten“…



        Was müssen die in Katar und Brasilien wohl gelacht haben.

        Habeck hat die Turnschuhe erst gar nicht angezogen…;-))

        • @ROTEGRÄTE:

          Lassen die USA die Ukraine fallen, weil sie sich die weitere Unterstützung nicht leisten können/wollen, wird das für China ein interessantes Licht auf die Bereitschaft/Fähigkeit der USA werfen, Taiwan zu verteidigen. Also außenpolitisch ein Schuss ins eigene Knie. Umgekehrt wäre es im Großmachtinteresse der USA, am Beispiel Ukraine vorzuführen, dass Eroberungskriege nicht lohnen.

  • Die Reps setzen die unter Trump begonnene pro-Russland-Politik fort.