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KaffeekonsumBeliebt und kompliziert

Kaffee wird trotz steigender Preise zunehmend zum Massengetränk. Gerade afrikanische Pro­du­zen­t:in­nen haben davon aber nichts.

Cappuccino, Cold Brew und Iced Latte sind längst ständige Alltagsbegleiter Foto: reuters/Andrew Winning

Contonou taz | Deutschland hat Kaffeedurst. Nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands steigt der Konsum seit Jahren und liegt nun bei täglich vier Tassen pro Konsument:in. Besonders beliebt es derzeit, das schwarze Getränk in Cafés und Bäckereien zu trinken. Zu Hause wird zunehmend die ganze Bohne beliebt. Cappuccino, Cold Brew und Iced Latte sind längst ständige Alltagsbegleiter.

Pro­du­zen­t:in­nen in Zentral- und Südamerika, Afrika und Asien profitieren laut Kaffeebarometer 2023, das die Nichtregierungsorganisationen Solidaridad, Ethos Agriculture und Conservation International am Donnerstag veröffentlicht haben, allerdings nicht.

Weltweit gibt es rund 12,5 Millionen Anbauer:innen, von denen 95 Prozent weniger als fünf Hektar bewirtschaften. Der großen Mehrheit – 84 Prozent – stehen sogar weniger als zwei Hektar zur Verfügung. Das limitiert einerseits Gewinnmöglichkeiten, andererseits aber auch den Zugang zu Krediten für Investitionen.

Nach Angaben der Internationalen Kaffeeorganisation (IOC) wurden im Zeitraum 2021-2022 weltweit 168,5 Millionen Säcke konsumiert. Nach Preisanstiegen in den Jahren 2021 und 2022 lag der Kilopreis im August bei 3,09 US-Dollar. 40 Prozent des Kaffees wird alleine in Brasilien angebaut, gefolgt von Vietnam mit 20 Prozent. Die afrikanischen Anbaugebiete machen gerade einmal elf Prozent aus. Dort, so ein Ergebnis der Studie, sei die Landwirtschaft „kleinteilig und zersplittert“. Auch fehle es an staatlicher Unterstützung, um sich an europäische Anforderungen anzupassen.

Klimakrise schadet auch dem Kaffee

Das könnte künftig weitreichende Konsequenzen für die Ökosysteme haben. „Die wachsende Nachfrage in Verbindung mit niedrigen Einkommen und zunehmend unproduktiven Böden könnte die Bauern dazu veranlassen, ihre Betriebe in höhere Lagen und in bisher unberührte Wälder auszudehnen“, sagt Sjoerd Panhuysen von Ethos Agriculture.

Dabei soll ab 2025 die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten dieser Praxis vorbeugen. Laut Kaffeebarometer könnte sie aber dazu führen, dass Unternehmen möglicherweise versuchen, „risikoreiche“ Bereiche, in denen die Einhaltung der Verordnung mit größerem Aufwand verbunden wäre, zu meiden. Das könnte wiederum dazu führen, dass die Kaffeeproduktion in Ländern wie Brasilien weiter ausgebaut wird. Dort hätten Land­wir­t:in­nen schlicht mehr Ressourcen, um Anforderungen umzusetzen.

Zunehmend auf die Kaffeeproduktion auswirken kann sich nach Einschätzung des Stockholmer Umweltinstituts (SEI) auch der Klimawandel. Bereits 2021 prognostizierte es, dass die Ernte für Robusta-Kaffee um 23,5 Prozent und für Arabica sogar um 45,2 Prozent sinken kann. Die optimale Temperatur für letzteren liege zwischen 18 und 21 Grad Celsius. Wird es wärmer, dann reift die Frucht zu schnell. Temperaturen über 30 Grad Celsius schädigen die Pflanze schwer.

Ein weiteres Ergebnis lautet: Trotz verschiedener Zertifizierungen würde keine der elf größten Kaffeeröstereien weltweit bisher nachhaltige Lieferkette haben. Statt umfassender Nachhaltigkeitsstrategien und messbarer Ziele würde es zu viele Einzelprojekte geben.

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8 Kommentare

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  • Ist es nicht eher eine gute Sache, dass es weltweit viele kleine Anbaubetriebe gibt, die nur wenige Hektar bewirtschaften? Die Alternative wären doch industrielle Großagrarier.

    Hier in Deutschland bedauern wir doch auch das Sterben der kleinen Höfe und die Dominanz der Großen. Faire Preise und gesunde Bedingungen kann man auch mit vielen Kleinen organisieren. Das ist eine Frage des politischen Willens.

    • @Winnetaz:

      Sofern sich diese Kleinbetriebe zu Genossenschaften und Kooperativen zusammenschließen, ja. Wenn wie in Afrika jeder Kleinstbauer sein Ding durchzieht dann wird das nichts.

  • "Kaffee wird trotz steigender Preise zunehmend zum Massengetränk." - stimmt, unsere Eltern kannte Kaffee quasi gar nicht ;-)

    • @Lee Ma:

      Die hatten damals so ein schwarzes Getränk in einer Kanne.



      Wir dagegen haben jetzt moderne Genussbomben mit Petersilie-Karamell-Geschmack.



      Das kann man nicht vergleichen.

      • @Herma Huhn:

        Kaffee ? Nie gehört. Ich kenne nur Iced Latte Cinnamon Creamy mit Soyamilch und Haselnussflavor. Und das ist ja kein Kaffee ;)

        Na dann lieber einen Kaffee Schwarz mit ein klein wenig Milch, frisch gemahlen per Handmühle und klassisch per Handfilter zubereitet...wie zu Omas Zeiten.

        Auch eine Ursache für den steigenden Kaffeekonsum. Die "Versüßung" eines Lebensmittels, damit es auch die Kleinsten trinken können. Mit den unsäglichen Biermischgetränken hat es angefangen.

        • @SeppW:

          ...wie jetze - eine Tasse Kaffee ohne



          " Jäckchen " is doch kein Kaffee , nich ☕️

  • Das Thema Kaffee verdeutlicht sehr gut die Komplexität beim Bemühen „ganzheitlich besser zu werden“. Es gibt keine einfachen Lösungen…



    Als Beispiel für „gut gemeint aber schlecht gemacht“ wird häufig das Fairtrade Siegel gesehen:



    Kaffeeanbauer und (!) Fairtrade erhalten mehr Geld und der Endverbraucher einen schlechten Kaffee.

  • Fazit: Kaffee aus Anbaugebieten in Afrika meiden. Mein Kaffee wird, wie ich gerade sehe, sowieso in Süd- und Mittelamerika angebaut. Kostet zwar pro Kilo 30 €, aber dank einer fruchtbaren Kooperation zwischen meinem Röster und den Anbaubetrieben hat der Einzelne am Ende deutlich mehr Geld für seine Mühen in der Tasche...und ich einen qualitativ hochwertigeren Kaffee als den den billigen Kram aus dem Supermarkt, wo die Hälfte des Packungsinhaltes aus Bruchbohnen besteht.