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Jan Feddersen hat es scheinbar noch nicht verkraftet, dass trans* Personen jetzt neuerdings auch Menschenrechte bekommen. In seinem Artikel zum Selbstbestimmungsgesetz werden zusammenhangslose, uralte und vor allem falsche "Argumente" aneinandergereiht, die genauso gut aus der Kommentarspalte eines x-beliebigen (rechts-)populistischen Twitter/X-Posts stammen könnten.
Herr Feddersen, was wollen Sie mit der Aussage bezwecken, dass "nur eine krasse Minderheit" vom neuen Selbstgestimmungsgesetz betroffen ist...? Dass es sich bei den Menschen, die von der "Ehe für alle" profitieren, ebenfalls um eine Minderheit handelt, scheint Ihnen wiederum nicht so wichtig zu sein.
Auch der Einwand, das Gesetz bringe Frauenschutzräume in Gefahr, ist aufgrund fehlender Beschwerden aus Ländern mit einem bereits bestehenden Gleichstellungsgesetz nicht haltbar. Die Anliegen von trans* und cis Frauen werden gegeneinander ausgespielt, obwohl beide Gruppen extremer Gewalt ausgesetzt sind. Wenn Sie so besorgt sind über den Schutz von Frauen, wieso prangern Sie nicht anstelle von trans* Personen gewalttätige cis Männer an, welche Tag für Tag Gewalt gegen Frauen - egal ob cis oder trans* - ausüben?
Zu guter Letzt beschweren Sie sich über die fehlende Einbindung von CDU/CSU. Gesellschaftlichen Fortschritt braucht nicht die Zustimmung von ein paar Konservativen, wenn dafür tausenden trans* Personen ein würdevolles Leben ermöglicht werden kann.
...und wieder einmal diverse Narrative über trans* Menschen von einer Cis-Person, inklusive Umkehr dessen, wer oder was angeblich für den Populismus Konservativer auf Kosten von Minderheiten verantwortlich ist.
Und die alte Mär von Transfrauen als Quelle von Gewalt, wenn doch die traurige Realität umgekehrt aussieht.
Wirklich?!
"Psychiatrische Prüfungen, ob der Wunsch nach einem Leben im nichtgeborenen Geschlecht überhaupt legitim ist, darf es dann, so sieht das Gesetz es vor, nicht mehr geben"
Das, die Legitimität des Wunsches, hat kein Psychiater jemals geprüft - und konnte es auch gar nicht. Begutachtet wurden Leidensdruck und vermutete Stabilität der Geschlechtsinkongruenz auf Grundlage der Selbstauskunft der trans Personen.
Die rechtliche Begutachtungspflicht stammt aus einer Zeit, als man medizinisch Transgeschlechtlichkeit als unheilbare chronische Krankheit klassifizierte. Diese Beurteilung ist heute Geschichte, sie war aufgrund neuer wissenschaftlicher Evidenz unhaltbar geworden und wurde mit ICD-11 und DSM-5 angeschafft. Wenn man schon nach Legitimität fragt, dann doch bitte, auf welcher empirischen und normativen Grundlage also eine Begutachtung durch Psychiater legitim sein sollte.
Die Frage nach der Legitimität des Wunsches offenbart demgegenüber diese krude Suppe, in der Medizinisches, Rechtliches, Moralisches und Ideologisches mit Dogmatismus und evidenzfreiem Geraune vermanscht wird - und aus der wir gegenwärtig praktisch täglich serviert bekommen. Zur Objektivierung des zu lösenden Problems trägt diese Suppe jedenfalls nicht bei ... im Gegenteil.
Es wundert mich immer wieder, wie die Taz so viel Desinformation in einem Artikel duldet. Sowas hätte ich eigentlich nicht außerhalb der Springer Presse erwartet.
„die konservativen“ bei progressiven vorhaben mit einzubinden klappt ja sonst auch so gut, klar.
Respekt Jan Feddersen und der taz dafür, Meinungsvielfalt vorzuleben. Was für ein wohltuender Kontrast zum durch und durch stromlinienförmigen Tagesspiegel und anderen.
Danke, dass auch mal ein paar kritische Worte zu diesem kruden Gesetzentwurf zu lesen sind.
Im Gegensatz zu den Aktivist*innen, die bestens in der Community vernetzt sind und sich seit Jahren und Jahren fürs Thema stark machen, weiß der cis Mann Jan Feddersen ganz genau, was die schweigende Mehrheit der trans Menschen will. Klaro!
So geht LGBTQ+-Solidarität nicht. Im Gegenteil.
"Die Ampel trägt nun die Verantwortung, es den konservativen Ressentiments leicht zu machen – und den Rechtsextremen populismusfähiges Wahlkampffutter geschenkt zu haben."
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Das steht wohl zu befürchten, ist aber den Informierten unter den AkteurInnen auch sicherlich bekannt. Wahrscheinlich gibt es für dieses Gesetz keinen vorhersagbar günstigsten Zeitpunkt.
Vielleicht wäre mit der "alten Riege" mehr drin gewesen, auch auf der Ebene ehemaliger MinisterInnen. Jetzt steht ein Interesseneinklang im gesetzeskritischen Lager zu befürchten, der Stammtische bedient und Argumente aus der Mottenkiste reanimiert. Ein Gesetz, das polarisiert, kann nur gelebt werden, wenn es in der Zivilgesellschaft flankierend toleriert und auch aktiv lebenswirklichkeitsnah unterstützt wird. Gerichte allein werden es nicht tragfähig machen. Insofern liegt Jan Feddersen vollumfänglich richtig in der Analyse und Beurteilung: Ein Konsens vorab hätte Schlimmeres verhindern können.
In Paris steigen die Parkgebühren drastisch. Besitzer:innen von schweren, großen Wagen müssen blechen. Bürgermeisterin setzt auf Verkehrswende.
Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes: Keine Inklusion von CDU und CSU
Das Selbstbestimmungsgesetz kann ein Fortschritt sein. Doch die Regierung setzt damit durch, was mit den Konservativen noch nicht fertig verhandelt ist.
Grüne und Liberale wollen All-in gehen: Ein Progressive-Pride-Fähnchen beim CSD in Köln Foto: Christoph Hardt/imago
Das sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“, das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“, dessen Entwurf steht und das ab sofort in die parlamentarischen Beratungen gehen wird, ist gewiss bestens gemeint: Transmenschen sollen alle Steine aus dem Weg geräumt werden, auf dass sie ihr soziales und kulturelles Geschlecht selbst wählen können.
Einem Mann, der seine Biologie für einen Irrtum hält und sich als Frau fühlt, soll es möglich sein, sich bei den Behörden als Frau zu melden – und umgekehrt. Psychiatrische Prüfungen, ob der Wunsch nach einem Leben im nichtgeborenen Geschlecht überhaupt legitim ist, darf es dann, so sieht das Gesetz es vor, nicht mehr geben, um im anderen Geschlecht zu leben.
Das kann als Fortschritt begriffen werden. Es handelt sich tatsächlich um eine krasse Minderheit an Menschen, die dieses Gesetzesvorhaben betrifft. In Wahrheit aber zielen zumindest die Grünen, überwiegend queeristisch orientierte Akteure bei diesem Projekt, auf eine andere gesellschaftliche Verfasstheit genderdemokratischen Lebens: Transfrauen sind Frauen – so sagen sie, aber das ist falsch. Transfrauen sind Transfrauen, aufgewachsen in männlicher Biologie und in Transition zu dem, was sie sein wollen, eine Frau. Gut so.
Aber abgesehen davon, dass dieses Gesetz die Geschlechterbinarität nachgerade feiert und – anders als die Feministinnen und ihre Alliierten von einst – zu wissen glaubt, was eine Frau (oder einen Mann) ausmacht, bringt das Projekt errungene Frauenschutzräume in Gefahr. Übergriffigkeiten, die aus anderen Ländern berichtet wurden, von als Frau sich erklärt habenden Männern an Frauen, nicht ausgeschlossen.
Kein sexualdemokratisches Vorhaben
Die – allerdings schweigende – Mehrheit der Transmenschen in Deutschland fürchtet dabei vor allem eines: dass ihr Leben nun atmosphärisch schwieriger wird, weil das „Selbstbestimmungsgesetz“ top down, also ohne die politische Inklusion der CDU/CSU, durchgesetzt wird.
Es ist, anders als bei der „Ehe für alle“, die im Jahre 2017 beschlossen wurde, kein sexualdemokratisches Vorhaben, das auch nur im mindesten probiert, die Konservativen einzubinden. Grüne und Liberale wollen „All In“ gehen – sie wollen fundamental am demokratischen Diskurs vorbei von oben herab durchsetzen, was noch lange nicht als lebensbessernde Reform fertig verhandelt worden ist.
Die Ampel trägt nun die Verantwortung, es den konservativen Ressentiments leicht zu machen – und den Rechtsextremen populismusfähiges Wahlkampffutter geschenkt zu haben.
So geht Inklusion nicht.
Im Gegenteil.
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Kommentar von
Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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