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Absturz der russischen Sonde Luna-25Der Mond als Spiegel

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Der Mond ist ein Spiegel. Für Sonnenlicht und für die Lage auf der Erde. Dass die Nationen wieder um ihn wetteifern, ist keine gute Nachricht.

Möchte lieber kein Spielball der Systeme werden: der Mond Foto: imago

D er Berater des US-Präsidenten stürmt ins Oval Office. „Die Russen“, ruft er, „haben den Mond rot angemalt.“ „Fliegen Sie mit weißer Farbe hoch“, antwortet der Präsident, „und schreiben Sie Coca-Cola drauf.“ Der Witz dürfte so alt sein wie der Wettlauf zum Mond, den USA und Sowjetunion in den 50er Jahren begonnen hatten. Aber er bringt bis heute auf den Punkt, worum es geht bei der Mondsucht der Großmächte. Der Erdtrabant mag wissenschaftlich interessant sein – wenn man sich für Proben kalten Gesteins erwärmen kann. Vor allem aber ist er eine Projektionsfläche. Wer dort glänzen kann, strahlt übers Erdenreich.

Deshalb war auch die russische Sonde Luna-25 so wichtig, die am Samstag auf dem Mond zerschellt ist. Mit der Mission wollte Putins Russland nicht nur an die glorreichen Zeiten der sowjetischen Raumfahrt anknüpfen. Es wollte auch zeigen, dass es ohne die seit Beginn des Ukraine­kriegs gestoppte Zusammenarbeit mit den Europäern zum Mond gelangen kann. Und früher als Indien, das in ein paar Tagen eine Mondlandung plant.

Hat dieser Ehrgeiz zum Absturz geführt? Gut möglich. Sicher weiß man nur eins: Raumfahrt bleibt riskant. Scheitern ist eingepreist. Das lässt beim Gelingen die Helden umso heller strahlen.

Per aspera ad astra.“ Schon die alten Lateiner kannten den Spruch: „Durch Raues zu den Sternen.“ Da es vor 2.000 Jahren noch keine Raumfahrt gab, liegt auf der Hand: Es ging nie darum, die Gestirne zu erreichen. Es ging um den Glanz.

Der Mond ist ein Spiegel. Für das Sonnenlicht, aber auch für die Lage auf der Erde. Nach dem Mauerfall war systemübergreifende Zusammenarbeit angesagt. In der Raumfahrt ging es um gemeinsame Projekte von Russen, Amerikanern, Europäern und vielen mehr. Erst seit hier unten der Weltenbund erneut auseinanderdriftet, lohnt sich wieder das prahlerische Wettrennen ins All. Nun werden wieder ständige Mondstationen geplant, auch wenn da nichts zu holen ist. Von Russland. Von China. Von den USA.

Interstellares Showbiz

Letztere wollen – vor allen anderen natürlich – 2025 wieder Menschen auf den Mond bringen. Darunter erstmals eine Frau, eine nichtweiße Person, in Raketen, die von privaten Firmen konstruiert werden. Diversity and capitalism rule.

Zum interstellaren Showbiz gehört auch ein Comic der Nasa, in dem eine Astronautin im Weltall Brokkoli züchtet. Ja nun. Als Mädchen hatte sie davon geträumt, Fußballerin zu werden. Vielleicht hätte sie dann bei der WM in Australien mitgekickt. Auch ein Wettbewerb, bei dem es um nichts geht als ums Prestige. Aber den geldgebenden Machthabern wohl irgendwie zu irdisch.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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12 Kommentare

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  • Wird Zeit, da oben mal nen Schrottrecycling Betrieb aufzubauen.... Ich denke, auf dem Mond gibts mittlerweile mehr seltene Erden, als in der Tiefsee.

  • Staaten erfreuen sich an Krieg und sinnlosen Prestigeprojekten. Diese Energie in z.B. Bildung und Schulen zu stecken ist ja nicht menschlich.

  • Nach dem Mauerfall? War das nicht die Hochzeit des Space Shuttles, dem in dieser Hinsicht nationalen Emblem und Statussymbol überhaupt? Die ISS kam später und zum Mond kommt die natürlich nie, sie wird der unter'm Strich vermutlich einmal teuerste Haufen Schrott, der je in den Ozean fiel, unseren wohlgemerkt. Für das Geld hätte man wahrscheinlich einen Repräsentanten aller Völker zum Mond bringen können, und wieder zurück. Indes sind auch auf der Station nun wahrlich nicht alle "Systeme" vertreten, noch war das je vorgesehen. Ja noch nicht mal alle mit einer anständigen "Kriegsmarine". So geht Eurozentrismus. Auch natürlich wenn's darum geht, sich zu wundern, was "selbst" diese Inder und Chinesen sich heute erdreisten da so alles auf die Beine zu stellen. Allein! Und dann noch nicht mal um Erlaubnis fragen, oder wenigstens eine Einladung verschicken, zum europäischen Mittelpunkt der Welt versteht sich. Exploration und Entdeckung waren immer Angelegenheit von nationaler Übereinkunft und Prestige und wurden überhaupt erst begründet und raffiniert im ständigen Wettstreit untereinander, auch der Systeme. Sie funktionieren wie jede Erzählung auch nur im Rahmen einer gemeinsamen Sprache, und Symbolik, das setzt geteilte Kultur, Geschichte und Vision voraus, Schicksalsgemeinschaft. Wo sich alle zugleich aufmachen, da macht sich keiner mehr auf. Darum wird auch eine Konstruktion wie die ESA für uns niemals eine vergleichbare Bedeutung erlangen. Das ist auch ein Schicksal. Weder notwendig besser noch notwendig schlecht, aber zu glauben, das sei der logische Endpunkt oder Königsweg, dem sich alle anzuschließen haben, ist eurozentrisch und vermessen. Die Raumfahrt ist auch nicht von ungefähr ein Kind des Militärs, mindestens sekundär und zu jeder Zeit militärisch motiviert, und es gibt Gründe dafür dass sich auch die Streitkräfte nicht einfach in einen inerten "Weltenbund" verschmelzen lassen. Wir wollen auch unterschiedlich hoch hinaus. Oder gar nicht hoch.

  • "Hat dieser Ehrgeiz zum Absturz geführt? Gut möglich."

    Nö.

    50% der unbemannten Mondsonden überleben den Erstkontakt mit dem Regolithhalo (der "Mondatmosphäre", die aus mikroskopisch kleinen Gesteinssplittern besteht, welche zudem noch elektrostatisch geladen sind, und an allem festkleben, in jede Ritze reinkriechen, und sich generell aufführen wie scharfkantiger Korundstaub) nicht.

    War schon immer so. Lässt sich auch kaum ändern. Das Zeug ist die Pest am Arsch.

    Deswegen waren die technisch primitiven Lunochod-Rover auch so langlebig: wegen ihres minimalistischen Designs.

    Und deswegen dauerten die bemannten Mondmissionen auch nur so kurz: weil ihnen die Ersatzhandschuhe ausgingen.

    Giftig ist das Zeug im Übrigen auch noch. Und krebserregend wie Asbest.

    "Harsh mistress", usw, aber Heinlein wusste einen Scheiß,*wie* krass intolerant unser Mond gegenüber jeder halbwegs komplexen Technologie ist.

  • Dass die Nationen wieder um ihn wetteifern, ist eigentlich sogar eine sehr gute Nachricht. Klar wird die Menschheit ganz typisch auch hier wieder Konfliktpotenziale entdecken und diese zur Separierung der Massen und Bereicherung windiger Einzelner nutzen. Wichtig ist erst einmal, dass die Menschheit es schafft sich auch auf anderen Himmelskörpern anzusiedeln und der Mond bleibt hier das natürliche Sprungbrett.



    Auch dies entspricht der menschlichen Natur.



    Erst die Heimat, dann die Ferne.



    Erst die Erde, dann die Sterne.

    • @Roland Lokison:

      In diesem Sinn: Russland soll erstmal Entschädigung leisten und den Schaden, den es in der Ukraine anrichtet, beseitigen und sich bei der Weltgemeinschaft für das angerichtete Unheil entschuldigen.

    • @Roland Lokison:

      Ich weiß gar nicht, warum so viele so verbittert über die Raumfahrt sind? Ist doch gut, dass es Ziele gibt, die die Selbstwahrnehmung der Menschheit erweitert.

      Ich verstehe auch nicht ganz, was der Artikel jetzt will: Der Mond ist nur ein Haufen kalte Steine, der aber nicht zum Spielball werden 'will'. Aha? (Mal abgesehen, dass der Mond kein Spiegel ist, sondern, wenn schon ein Diffusor, etc.)

      Das Ding ist toter Stein. Wär doch super, wenn wir anfangen würden, diese Materiemassen und die Fläcgen zu nutzen! Solarkraftwerke, Fabriken, atomare Endlager: Der Mond ist dafür gut.

      Klar, jetzt kann man nostalgisch werden (jetzt müllen die Menschen auch noch den guten Mond voll...), aber ehrlich gesgat: Warum denn nicht? Das Ding ist tot, groß, halbwegs nah.

      • @Jeff:

        "...atomare Endlager: Der Mond ist dafür gut."

        Also ein Endlager erfordert doch eine Infrastruktur, um den Müll auch dort zu landen, zu entladen und sicher zu lagern. Nicht ganz einfach, aber vielleicht reicht's ja auch aus, das Zeug irgendwo auf dem Mond abstürzen zu lassen, in der Hoffnung dass sich zukünftige Generationen darum kümmern (oder auch nicht).

        Bei der Menge an Abfall brauchen wir natürlich wahnsinnig viele Raketen. Die Nutzlast ist ja leider begrenzt (und insgesamt eher dürftig). Für ein bisschen Atommüll pusten wir dann Tonnen von Treibstoff in die Atmosphäre.

        Und alle 100-200 Starts zieht die Menschheit den Hauptgewinn. Dann zerreisst es die Rakete beim Start wie einen großen Silvesterböller und wir dürfen einen neuen Startplatz suchen, weil der alte radioaktiv kontaminiert ist.

        Scheint mir noch nicht so ganz ausgereift...

    • @Roland Lokison:

      Da bin ich ganz bei Roland,



      Wetteifern über technologischen Fortschritt ist auf jeden Fall etwas gutes.



      Was auch immer bei dem Versuch der Mondlandung herauskommt - es werden auf jeden Fall technologische Fortschritte erreicht, die auch in ganz anderen Gebieten positives bewirken wird - Das Apollo Programm brachte neben vielem anderen bspw. Teflon und die FMEA Methode.

      • @Andere Meinung:

        Bezüglich der FMEA müßte man eigentlich mehr Kriege führen, da diese Analysemethode militärischen Ursprungs ist.

      • @Andere Meinung:

        Teflon wurde 1938 von Roy Plunkett vom Chemiekonzerns DuPont entdeckt.