Reform von Netzentgelten: Entlastung für Klimavorreiter

Die regionalen Strompreise weisen enorme Unterschiede auf – eine Ursache ist die Umsetzung der Energiewende. Windkraftregionen sind benachteiligt.

Viele Windräder im Offshore-Park

Ungleich verteilt: Windkraftregionen befördern die Energiewende, aber zahlen höhere Strompreise Foto: Daniel Reinhardt/dpa

FREIBURG taz | In der deutschen Stromversorgung variieren die Netzentgelte je nach Region erheblich – und die Differenzen nehmen zu. Deswegen will Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA), jetzt einschreiten. In einem Interview kündigte er eine Strompreisreform an, die „faire Netzentgelte“, also einen Ausgleich für jene Regionen schaffen soll, die aufgrund der Energiewende höhere Netzkosten tragen müssen.

Die Höhe der Netzentgelte in einem Versorgungsgebiet ist stets von vielen Faktoren abhängig, etwa von der regionalen Struktur, also der Besiedelung, vom Verbrauch der örtlichen Industrie und natürlich auch von der Komplexität der Topografie. Daher hat es schon immer Preisunterschiede bei der Stromversorgung gegeben.

Doch nun verschärft der massive Ausbau der erneuerbaren Energien die Unterschiede, weil nach der heutigen Regelung eine Verstärkung der örtlichen Netze – zum Beispiel für die Einspeisung von Windstrom – jeweils von den Stromkunden vor Ort getragen werden muss. Viel Windkraft im lokalen Netz hat daher tendenziell höhere Netzentgelte zur Folge.

Der jüngste Monitoringbericht der BNetzA dokumentiert die enorme Spreizung der Netzentgelte: Der niedrigste Wert in Deutschland liegt derzeit bei 3,48 Cent je Kilowattstunde, die ein Netzbetreiber in Nordrhein-Westfalen erzielt. Der höchste Wert liegt unterdessen bei 20,15 Cent und betrifft einen Netzbetreiber im Saarland. Im Mittel belaufen sich die Netzentgelte für Haushaltskunden in Deutschland auf rund acht Cent je Kilowattstunde und machen damit etwa ein Viertel des Strompreises aus.

Innerhalb der Flächenländer sind Preisunterschiede groß

Bezogen auf die Bundesländer liegt Schleswig-Holstein mit einem Mittelwert von 9,79 Cent am höchsten, Bremen mit 5,85 Cent am niedrigsten. Auch die Windkraftländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegen weit vorne. Mehrere Bundesländer aus dem Norden und Osten hatten daher bereits im Juni eine faire bundesweite Verteilung jener Netzkosten gefordert, die durch den Ausbau der Erneuerbaren anfallen.

Aber auch innerhalb der Flächenländer sind die Preisunterschiede groß. Die Debatte lässt sich also nicht auf einen schlichten Nord-Süd-Konflikt reduzieren. Auch in Bayern kommt der teuerste Verteilnetzbetreiber auf mehr als 12 Cent Netzentgelt je Kilowattstunde, in Baden-Württemberg gar auf mehr als 18 Cent.

BNetzA-Chef Müller sagte, im Bundestag liege bereits ein Gesetzentwurf, der seine Behörde autorisieren würde, die Netzentgelte neu zu regeln. Sobald das Gesetz verabschiedet sei, werde man einen Vorschlag für eine Reform machen.

Ein Muster für einen bundesweiten Ausgleich von Netzentgelten gibt es bereits: Im Übertragungsnetz – also quasi den „Stromautobahnen“ – sind die Netzentgelte seit diesem Jahr erstmals komplett harmonisiert.

Ausgleich zur Finanzierung von Stromtrassen gibt es

Dort gibt es inzwischen einen Ausgleich zwischen den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern. Jede neu Stromtrasse quer durch Deutschland wird damit von den Stromkunden in allen Teilen Deutschlands gleichermaßen über die Stromrechnung bezahlt.

Ein ähnlicher Ausgleich wäre auch auf Ebene des Verteilnetzes grundsätzlich möglich. Die Netze sind schließlich ein natürliches Monopol und die Entgelte daher staatlich reguliert. Schon heute müssen die Verteilnetzbetreiber ihre Netzentgelte auf Basis ihrer Investitionen von der BNetzA genehmigen lassen.

Mit entsprechender Gesetzgebung könnten künftig jene Ausgaben, die nicht speziell den Verbrauchern im eigenen Netzgebiet zugutekommen, auf die Netzentgelte deutschlandweit umgelegt werden.

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