piwik no script img

EU-Mercosur-HandelsvertragKommt die Rindfleischschwemme?

Der Deutsche Bauernverband sorgt sich, dass durch das EU-Mercosur-Abkommen heimische Produkte verdrängt werden könnten. Was ist dran?

Rinder auf einem Viehmarkt in Buenos Aires Foto: Manuel Cortina/ZUMA Wire/imago

Berlin taz | Der Deutsche Bauernverband will das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen neu verhandeln: Im Zuge der Marktöffnung durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern „droht der heimischen Erzeugung die Verdrängung durch Agrarimporte“, heißt es in einem Positionspapier. Das beträfe Rindfleisch trotz Zollkontingenten, heißt es weiter. Auch in Medienberichten ist immer wieder von der Angst vor einer „Rindfleischschwemme“ zu lesen.

Richtig ist:

Wegen der Bedenken der Agrarindustrie hat die EU im Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay eine Quote für Rindfleisch festgelegt, das mit geringeren Zöllen in die EU kommen darf. Derzeit bezieht die EU etwa 200.000 Tonnen Rindfleisch von den Mercosur-Staaten.

Darauf müssen sie Zölle in Höhe von bis zu 45 Prozent zahlen. Nach Abschluss des Abkommens würden für 99.000 Tonnen Rindfleisch nur noch 7,5 Prozent Zölle anfallen. Diese 99.000 Tonnen sind also die verhandelte Quote und machen etwa die Hälfte der aktuellen Importe aus.

Insgesamt werden in Europa allerdings acht Millionen Tonnen Rindfleisch pro Jahr konsumiert. Die 99.000 Tonnen entsprechen 1,2 Prozent davon. Von einer billigen Rindfleischschwemme durch das EU-Mercosur-Abkommen kann also nicht die Rede sein. Eine Sorge ist, dass die Quoten später erhöht werden könnten. Doch für den Fall, dass negative Auswirkungen für die EU-Rindfleischproduktion entstehen, sind weitere Schutzmaßnahmen laut Vertragstext möglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Wer ein einigermaßen intaktes ökologisches Bewusstsein hat, der kauft kein Fleisch aus Südamerika.



    Aus Neuseeland übrigens auch nicht.

  • "Kommt die Rindfleischschwemme?"



    und ein paar Zeilen später



    "Von einer billigen Rindfleischschwemme ..kann also nicht die Rede sein."



    Warum dann so ein reißerischer Titel?

  • Gute Fragen.

    Die erste ist ziemlich einfach. Staet here: agridata.ec.europa...eef/Dashboard.html

    Pi mal Daumen um 10% der Produktion bzw plusminus eine knappe Megatonne pro Jahr, d.h. die EU ist ziemlich verlässlich unter den Top 10 der Rindfleischexporteure weltweit.

    1/3 der Exporte gehen heutzutage ins UK, d.h. wenn man es über lange Zeit untersucht, kann man kann Prä- und Post-Brexit-Daten nicht vergleichen, sondern muss sie umrechnen.

    Die Rindfleischimporte in die EU sind ungefähr die Hälfte der Exporte, also ca 1/3 Megatonne.

    Bei Biolandwirtschaft ist das Geschäft nahezu komplett EU-intern. Die Produktion wird größtenteils in der EU verbraucht, und die Importe spielen kaum eine Rolle (die EU kauft nahezu die gesamte Bio-Steakfleisch-Produktion von Argentinien auf, aber das ist kaum mal 1 Kilotonne pro Jahr).

    Die zweite ist ziemlich schwierig, ich weiß nicht ob es exakt diese Daten überhaupt *irgendwo* gibt - man könnte vermutlich rausfinden, wieviel Mais/Soja in Nicht-Lebensmittelqualität in die EU importiert wird, aber wieviel davon geht an Schweine/Hühnermast usw? Der Binnenmarkt ist ja Kapitalismus in all seiner Intransparenz, und der weitere Weg der Importe idR nicht nachvollziehbar.

    Den Futterverbrauch kann man vermutlich einfach über die Kopfstärke der Mastrindpopulation extrapolieren, und somit zumindest eine größenordnungsmäßige Einschätzung bekommen.

    Evtl sind auch www.eea.europa.eu/...imports-and-1/view und www.bund.net/filea...aft_sojareport.pdf hilfreich, obwohl die Daten von vor Brexit/Covid sind und nicht direkt vergleichbar.

  • In Wirklichkeit sind die Handelsbeschränkungen für südamerikanisches Rindfleisch nur eine Förderung für die niedersächsischen/deutschen/europäischen industrielle Schweineproduzenten. Denn so lange Rindfleisch für den deutschen Konsumenten verknappt, teuer und nicht für jeden erschwinglich gehalten wird, können diese ihre billige Massenware problemlos unters Volk bringen. Guten Appetit ;-)

    • @Nikolai Nikitin:

      Naja Schweinefleisch wird unter fasdt allen Bedingungen billiger in der Produktion sein als Rindfleisch.

      Allesfresser halt. Nur Soylent Green wäre billiger.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Interessant wäre eine Bilanz:



    Wieviel Rindfleisch wird aus der EU exportiert und welcher Anteil an der Gesamtproduktion? Welcher Anteil der naturalen Produktionsmittel dafür wird von wo in die EU importiert?

    • @31841 (Profil gelöscht):

      Deutschland exportiert 50 % seines Fleisch .in das Ausland.Die gleiche Menge wird importiert.

  • Der Deutsche Bauernverband hat aber sicher nix dagegen, dass der waldvernichtende Sojafrass für die qualvolle deutsche Stallmast aus Südamerika energieaufwändig importiert wird, gelle?