Polizei will Fotos von „Tag-X“-Demo: „Journalisten sind keine Ermittler“

Nach den „Tag-X“-Protesten in Leipzig will die Polizei Bilder von einem Fotografen. Der Journalistenverband DJV warnt vor der Zusammenarbeit.

Zwei Polizisten halten Filmkameras bei einem Polizeieinsatz in die Höhe

Polizeieinsatz in Leipzig am 3. Juni Foto: Moritz Schlenk/imago

Die Anfrage erreichte den Fotografen nach taz-Informationen schon kurz nach dem „Tag X“-Protestwochenende in Leipzig. Ob er Bilder zur Verfügung bereitstellen könne, um Straftaten zu verfolgen, fragte ihn die Polizei.

Es gehe insbesondere um Aufnahmen vom Alexis-Schumann-Platz, wo vermummte Polizisten mit Steinen, Flaschen und, laut Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU), auch mit einem Brandsatz beworfen wurden – und wo die Polizei darauf rund 1.000 Protestierende für bis zu elf Stunden einkesselte. Der Protest richtete sich gegen die Verurteilung einer autonomen Gruppe um die Leipzigerin Lina E.

Der Fotograf selbst hat auf die Polizeianfrage nicht reagiert. Aber Lars Radau, Geschäftsführer des sächsischen Ablegers des Deutschen Journalistenverbands (DJV), ist der Fall bekannt. Er sagt: „Journalisten sind keine Ermittler.“ Die Anfrage der Polizei sei an sich nicht verboten, offenbare aber „ein komisches Verständnis journalistischer Arbeit“.

Radaus Empfehlung: „Wir raten Journalisten deutlich davon ab, auf solche Polizeianfragen zu reagieren. Dazu gibt es auch keine Verpflichtung. Straftaten aufzuklären, ist nicht die Rolle von Journalisten.“ Eine Sprecherin der Polizei Leipzig bestätigte der taz „eine gezielte Anfrage“ an eine Person, um an Fotos zu gelangen. Es habe sich dabei nur um eine Bitte gehandelt. Weitere Anfragen werde es nicht geben.

Polizei bat um Bildmaterial

Die Sachlage ist indes nicht neu. Bereits nach dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg hatte die Polizei mehrere Medien angeschrieben und um nicht veröffentlichtes Bildmaterial gebeten, um Randalierende zu identifizieren. Mehrere Medien kamen dem nach.

Andere wiederum lehnten grundsätzlich ab: Die Weitergaben könnten Verdacht schaffen, dass journalistisches Material nicht zur Berichterstattung, sondern für Ermittlungen verwendet werden. Auch die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte: „Journalisten sind keine Hilfspolizisten.“

Nach den antikapitalistischen „M31“-Proteste 2012 in Frankfurt/Main, wo es auch zu Randale und einem schwer verletzten Polizisten gekommen war, hatte die Polizei im Anschluss gar Hausdurchsuchungen bei neun Fotografen durchgeführt. Einige arbeiteten auch für die taz, die Chefredaktion verurteilte den Vorgang „aufs Schärfste“.

Die Staatsanwaltschaft erklärte später das journalistische Material als nicht verwertbar für das Ermittlungsverfahren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.