Starkregen und Schlammlawinen

Weit über 130 Menschen sterben nach Erdrutschen in Ruanda und Uganda. Die Fluten in der Regenzeit nehmen durch den Klimawandel zu, weitere Katastrophen sind zu befürchten

Über­schwemmte Nach­bar­schaft im Bezirk Rubavu im Westen Ruandas am Mittwoch Foto: Jean Bizimana/reuters

Aus Kampala Simone Schlindwein

Es war mitten in der Nacht, als plötzlich das Haus abzurutschen begann, berichtet Esther Mukamabano gegenüber lokalen Journalisten. Die ältere Frau aus dem Nordwesten Ruandas konnte sich gerade noch aus ihrer Hütte retten, bevor die kleine Behausung mit Wellblechdach den Hang hinab rutschte und unter Schlammmassen begraben wurde.

Der nordwestliche Verwaltungsbezirk Rubavu in Ruanda sowie weitere Provinzen in Ruanda und dem Westen Ugandas wirken auf Bildern und Videos, als wäre ein Tornado hindurchgefegt. Häuser, sogar ganze Dörfer wurden einfach weggespült. Bäume stürzten um, Bäche wuchsen zu Flüssen an und überschwemmten die Täler zwischen den Hügeln.

Die Regenzeit setzte in diesem Jahr im Herzen Afrikas spät ein, dafür mit voller Wucht. In den vergangenen Tagen starben in Ruanda und Uganda weit über 130 Menschen durch Überschwemmungen und Schlammlawinen, vor allem in der Nacht zu MIttwoch. Immer mehr Leichen werden geborgen, bis Donnerstag nachmittag waren es 136, hauptsächlich in Ruanda. 5000 Häuser wurden zerstört.

„Unsere Hauptpriorität ist jetzt, jedes beschädigte Haus zu erreichen, um sicherzustellen, dass wir jede Person retten können, die möglicherweise eingeschlossen ist“, sagte François Habitegeko, Gouverneur der Westprovinz Ruandas.

Die bergige Region im Dreiländereck zwischen der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Uganda – rund um eine Kette aktiver und erloschener Vulkane – ist berüchtigt für ihre Regenfälle. Zweimal im Jahr, wenn in der Regenzeit der Tropenregen mit voller Wucht herunterprasselt, werden ganze Lawinen an Schlamm und Geröll weggespült und rutschen die steilen Hänge hinab. Die Böden sind in dieser Gegend durch die enorme Rodung des Waldes für Erosion anfällig.

Das kleine Ruanda ist gerade in dieser Gegend sehr stark besiedelt. Selbst Steilhänge, die bei Starkregen leicht zu Rutschbahnen für Schlammlawinen werden, werden bebaut.

Aufgrund des Klimawandels wird der Regen in der Region immer stärker und die Einwohner immer öfter Opfer von Fluten. Alain Mukurarinda, stellvertretender Regierungssprecher Ruandas, erklärte am Mittwoch – als der Regen allmählich nachließ und das ganze Ausmaß der Katastrophe erst ersichtlich wurde – die Zahl der Todesopfer belaufe sich allein in Ruanda auf 129. Im Nachbarland Uganda meldet das Rote Kreuz mindestens sechs weitere Tote im Westen des Landes.

„Sicherzustellen, dass wir jede Person retten können“

François Habitegeko, Gouverneur der Westprovinz Ruandas

„Mein tiefstes Beileid gilt den Familien und Angehörigen der Opfer der Erdrutsche und Überschwemmungen“, twitterte Ruandas Präsident Paul Kagame und versprach: „Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um diese schwierige Situation zu bewältigen.“ Es seien Nothilfeunterkünfte eingerichtet worden. Rettungsteams seien nun rund um die Uhr im Einsatz, versicherte der Präsident.

Die Gesamtzahl der Toten durch Fluten und Überschwemmungen in Ruanda beläuft sich seit Beginn des Jahres landesweit auf rund 170, so das Ministerium für Katastrophenschutz.

Ruandas Wetterdienst warnt vor landesweit überdurchschnittlichen Niederschlägen von bis zu 200 mm im Mai, im Schnitt sind es laut des Klimawissenportals der Weltbank knapp 120 mm. Allein seit Beginn des Jahres wurden in Ruanda 408 wetterbedingte Katastrophenfälle registriert: darunter 107 Stürme, 66 Regenfälle, drei Grubenunglücke, 77 Blitzfälle, sieben Erdrutsche, 13 Häusereinstürze, acht Hagelstürme, 29 Überschwemmungen sowie 98 Brände.