piwik no script img

CO2-Emissionen im VerkehrVorwurf des Klima-Rechtsbruches

Ein Rechtsgutachten wirft der Regierung durch ihre Verkehrspolitik einen Rechtsbruch vor. In der Pflicht sieht es Bundeskanzler Olaf Scholz.

Im Jahr 2021 hatte das deutsche Verkehrswesen zu viele CO2-Emissionen verursacht Foto: Jochen Tack/imago

Berlin taz | Die Bundesregierung hat einem Rechtsgutachten zufolge das Klimaschutzgesetz gebrochen. Das Papier im Auftrag der Umweltorganisation Germanwatch wurde am Montag veröffentlicht. Es geht um die Frage, wer juristisch verantwortlich ist, wenn einzelne Wirtschaftssektoren die gesetzlichen CO2-Grenzwerte nicht einhalten.

Das praktische Vorgehen ist dabei klar: Das zuständige Ministerium muss innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, das die Verfehlung ausgleicht und für die Zukunft verhindert. Ein mit Wis­sen­schaft­le­r:in­nen besetzter Expertenrat für Klimafragen überprüft das Programm auf Tauglichkeit. Aber was passiert, wenn das nicht klappt?

Genau das war im vergangenen Jahr der Fall. Das deutsche Verkehrswesen hatte 2021 zu viele CO2-Emissionen verursacht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) legte daraufhin zwar ein Sofortprogramm vor. Das aber genügte den Ansprüchen des Expertenrats für Klimafragen so wenig, dass er es nicht einmal im Detail prüfte.

Das neue Gutachten kommt nun zu dem Schluss: Bis spätestens Jahresende 2022 hätte nach der Logik des Klimaschutzgesetzes ein adäquates Sofortprogramm nachgereicht werden müssen – und der Rest der Bundesregierung kann sich nicht darauf ausruhen, auf Wissings Zuständigkeit zu verweisen. Als Kollegialorgan sei die Bundesregierung zusammen verantwortlich, heißt es.

FDP will Klimaschutzgesetz verwässern

„Letztlich liegt es in der Verantwortung des Bundeskanzlers, rechtzeitig einen zielführenden Beschluss herbeizuführen“, sagte Verwaltungsrechtler Ulrich Wollenteit, der das Gutachten verfasst hat.

Die FDP wirbt indes dafür, die CO2-Grenzwerte für die einzelnen Sektoren im Klimaschutzgesetz abzuschaffen. Es gäbe dann nur noch ein übergreifendes Klimaziel für ganz Deutschland. Der Vorschlag stößt bei Klimaforschung und -bewegung auf starke Kritik. Einem Gutachten der Umweltrechtorganisationen Client Earth und Green Legal Impact zufolge, das ebenfalls am Montag vorgestellt wurde, wäre eine derartige Reform des Klimaschutzgesetzes sogar verfassungswidrig.

Am Mittwoch wird das Umweltbundesamt voraussichtlich bekannt geben, wie sich Deutschlands Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2022 entwickelt haben. Bisherigen Schätzungen zufolge hat das Verkehrswesen seine Grenzwerte erneut nicht eingehalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Wenn man hier so liest gibt es nur noch Klimaschützer mit antikapitalistischem Backround.



    Als FDP_Wähler*In möchte ich nur noch mal darauf hinweisen, dass die Rot/Grüne Zweiparteienkoalition NUR regieren kann, weil die FDP dabei ist.



    Es erscheint mir persönlich so, dass man die %nte der FDP haben möchte weil Notwendig, jedoch das Parteiprogramm und die Ansichten grundweg ablehnt.



    Ganz ehrlich, dann wäre es doch besser in einer Minderheitsregierung Rot/Grün ohne FDP.



    Mal schauen wie lange das Dauert bis es ein Mißtrauensvotum und Neuwahlen gibt.



    Die parlamentarische Mehrheit haben heute schon CDU/CSU, FDP und AFD!

    • @BundesbürgerIn:

      So wie es aussieht ist das bald belegter Rechtsbruch des FDP geführten Ministerium. Ich kann nicht nachvollziehen, warum sie sich nicht für ihre Partei entschuldigen und sich stattdessen als Opfer inszenieren? Diese Gesetze sind gemacht worden, um die Leiden die eine Klimakriese hervorruft abzuschwächen. Überlegen Sie wer das Nachsehen hat wenn ihre Partei hier Rechtsbruch begeht.

      • @llorenzo:

        Warum sollte ich mich für die FDP entschuldigen und mich als "Opfer" inszenieren?



        Es gibt aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund dafür, da ich die engstirnige Sichtweise auf die Klimakrise überhaupt nicht teile.



        Gerade an dem von Ihnen zitierten Rechtsbruch zeigt sich dieser regulatorische Wahnsinn.



        Diese sektoralen Einsparungen sind klimatechnisch Quatsch, entscheidend ist die Gesamtsumme und hier hat D das Klimaziel für 2022 geschafft.



        Aktuell kann im Verkehrsbereich nicht wirklich viel (Tempolimit) umgesetzt werden, wenn man keine ordnungspolitschen (Verbotsmaßnahmen) umsetzen will, da E-Autos derzeit nicht verfügbar sind.



        Nein, ich bleibe dabei, wenn die FDP und deren Abgeordnete sooooo schlecht und schlimm sind, dann muss man diese Koalition auflösen und neue Mehrheiten suchen!

  • Der Abstand zwischen Rechtsstaat und Rechtsbruch: ein Wissing.

  • wäre schon lange zeit, daß sich spd+grüne von der fdp trennen.



    was sollen diese bremserInnen?

    neuwahlen wären da besser, statt mit der opposition (der kapitalistischen) zu kohabitieren.

    sieht man/frau ja, was dabei rauskommt:

    totgeburten = klimakillende ergebnisse wissingscher-fdp-sch...politik.

    • @Brot&Rosen:

      Meinen Sie denn, es käme bei einer Neuwahl ein grundlegend anderes Ergebnis raus?

      Ansonsten wählen wir so lange, bis Ihnen das Ergebnis gefällt?

      • @rero:

        nee, das meine ich natürlich nicht.



        ihre unterstellung (wir wählen solange bis ...) ist irgendwie daneben + wird regelmäßig bei der forderung nach neuwahlen eingesetzt.

        es könnte schon sein, daß ein anderes ergebnis bei einer neuwahl rauskäme - die menschen haben ja eine weile erfahrung mit dieser ampel + dem bremsklotz fdp gemacht.

        • @Brot&Rosen:

          Allerdings haben die Menschen auch eine Weile Erfahrung mit dem Wolkenkuckucksheim von Grün gemacht. Wäre spannend, wie das bewertet wird.

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Als allererstes muss mal Herr Wissing wegen Inkompetenz (und das ist noch schonend ausgedrückt, der Kerl macht mit voller Absicht das exakte Gegenteil dessen was er sollte) zurücktreten.

    Dann sollte ein echtes Klimaschutzministerium eingerichtet werden, das alle relevanten Bereiche, also Landwirtschaft, Energie, Industrie, Bausektor, Verkehr... abdeckt; unter Grüner (ja ich weiß, aber was besseres ham wir halt nicht) Führung. Für die Teilbereiche sind weisungsgebundene Staatssekretäre verantwortlich, da kann dann meinethalben ein FDPler dann einen haben, wir waren halt so dumm und haben die in den Bundestag gewählt...

  • Ah ja. Wissing (FDP) begeht demnach Rechtsbruch.

    Nachdem sich Bundesjustizminister Buschmann (FDP) (assistiert von Künast (Grüne) und Scholz (SPD)) die öffentlich vorgeknöpft hat, die den hierfür ursächlichen Verkehr wenigstens punktuell und symbolisch zum Stillstand bringen und für die Aktivist*innen von Last Generation Gefängnisstrafen angeregt hat

    www.spiegel.de/pol...-bae3-a22e19d37648

    hat inzwischen ein Amtsgericht willfährig durchgegriffen www.rnd.de/panoram...KILKPGZZ75MGM.html

    Zwei Haftstrafen ohne Bewährung!

    Tempo 100 und ein bundesweites Tempolimit - die beiden Forderungen von LG - bleiben selbstverständlich tabu...

    ('die letzte Regierung, die noch wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergreifen kann, bevor wichtige Kipppunkte erreicht sind', hieß es im Wahlkampf)

    (nicht dass die Opposition viel besser wäre: "Klimaterroristen" stammt wohl von Merz, und die Linke bemüht sich, ach, lassen wir das)

  • Man muss nicht lange danach suchen:

    der entscheidende Konsruktionsfehler der Ampel liegt in der Zuweisug des Verkehrsressorts an die FDP.

    Das was Hr Wissing und die FDP machen, ist einfortlaufender Rechtsbruch bezüglich der Verpflichtungen zum Klimaschutz. Das ist nicht neu, wird aber nun durch das Rechtsgutachten eindrücklich belegt.

    So ziemlich alle Konflikte und Blockaden innerhalb und außerhalb der Regierung gehen auf diese Fehlkonstruktion zurück - einschließlich der permanenten Brüskierung der Klimaaktivisten und aller Menschen die auf eine echte Mobilitätswende warten und sich eine gerechtere Verkehrspolitik wünschen.

    Entsprechend einfach ist die Lösung:

    -> Verkehrsministerium an die Grünen



    -> Außenministerium an die FDP

    Und auch wenn ich die Politik von Fr Baerbock durchaus schätze, wäre ein solcher Tausch im Sinne aller: der Grünen - der FDP - der Bundesregierung als Ganzes - dem Land - und der Zukunft der Menschheit.

    also eine WIn-Win-Win-Win-Win Situation..

    Ich hoffe Hr Scholz braucht nicht allzu lange um zu erkennen, dass dieser Schritt unausweichlich ist..

    • @Wunderwelt:

      "der entscheidende Konsruktionsfehler der Ampel liegt in der Zuweisug des Verkehrsressorts an die FDP."

      Kleine Korrektur: ... liegt in der Beteiligung der FDP.... Wissmann ist nicht der einzige Bremser und Zerstörer.

      • @Jalella:

        Der Herr Wissmann ist aber schon lange nicht mehr Minister... ;)

      • @Jalella:

        "Zerstörer" von was? Sie vergessen, dass SPD und Grün keine Mehrheiten haben.