Artenvielfalt in Gefahr: Massenaussterben? Einspruch!
Anwälte sitzen in den Startlöchern, um Artenschutz einzuklagen, wie es beim Klimaschutz teils schon geklappt hat. Einfach wird das nicht.
BERLIN taz | Es war ein Riesenerfolg für die Klimabewegung: Das Bundesverfassungsgericht gab 2021 klagenden Klimaschützern recht, und die Bundesregierung musste bei ihren Klimazielen nachschärfen. Grundlage für den Beschluss war unter anderem das Pariser Weltklimaabkommen. Lässt sich ein ähnlicher Triumph vor Gericht auch im Kampf gegen das Massenaussterben erzielen? Im Dezember wurde auf der internationalen Konferenz COP15 schließlich ein neues Rahmenabkommen zum Schutz der Biodiversität beschlossen.
Die Klimaschutzargumentation auf das Thema Biodiversität zu übertragen sei „nicht banal“, sagt der Rechtsanwalt Remo Klinger. Er war Teil des Anwaltsteams, das den historischen Klimabeschluss vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten hat. Er sieht durch das neue Abkommen durchaus bessere juristische Anknüpfungspunkte im Bereich Artenschutz. „Durch die COP15 im Dezember ist ein konkretes Ziel hinzugekommen“, so Klinger. Er meint: Bis 2030 müssen insgesamt 30 Prozent des Landes und der Meere unter Schutz stehen. „Das ähnelt den Zielen des Pariser Abkommens und wird durch Deutschland bisher nicht erfüllt.“
Grundsätzlich sei es aber schwierig, beim Artenschutz bundeseinheitliche Regeln zu erstreiten. „Die Biodiversität ist bereits innerhalb Deutschlands sehr verschieden, von der brandenburgischen Steppe bis zum Voralpenland“, sagt Klinger.
„Die durch die Biodiversitätskrise zu befürchtenden Freiheitsbeschränkungen zukünftiger Generationen sind ebenfalls nicht derart leicht greifbar wie beim Klimaschutz“, meint Klinger. Allerdings: Die Krise der Biodiversität habe ähnlich gravierende Folgen wie die des Klimawandels. Man müsse genau im Auge behalten, wie die Bundesregierung die Vorgaben jetzt umsetzt, so der Anwalt.
Bereits begonnen hat das Bundesumweltministerium damit, die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt zu überarbeiten. Das Ziel: Die deutschen Schutzgebiete, die der Natur oft nur auf dem Papier Raum geben, sollen sich qualitativ verbessern.
Leser*innenkommentare
Markus Michaelis
Ich glaube es gibt gute Gründe, das im "nomralen" demokratisch-politischen Prozess zu verhandeln, also im Parlament, den Parteien, der Öffentlichkeit etc.
In Einzelfällen sind Erfolge vor Gericht schön, aber langfristig kann auch die Gegenseite Erfolge vor Gericht erstreiten. Außerdem untergräbt es das demokratische Miteinander, wenn nicht mehr politisch verhandelt, sondern gerichtlich entschieden wird. (immer in Maßen natürlich - in einzelnen Punkten sind Gerichtsentscheide wichtig).
Ein nochmal anderer Punkt ist es, wenn Anwälte Themen vorantreiben. Hier vermischen sich schnell finanzielle eigene Interessen mit gesellschaftlichen Zielen. Das sollte kein zu starkes Moment werden.
Solar4Life
Der "Riesenerfolg für die Klimabewegung" von 2021 geht aber den anderen Gerichten am A.... vorbei. Es werden mehr denn je Aktivisten verurteilt wegen verwerflichem Handeln oder in Bayern auch gleich mal profelaktisch weg gesperrt - ganz ohne Urteil.
Mir erscheint das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist noch nicht in den unteren Instanzen angekommen