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E-Roller in der StadtDas Ende der Gemeinschaft

Da wird man doch glatt zum rollerzählenden Bürgi! Die Dinger sind eine Gefahr für Menschen. E-Scooter sollten verboten werden.

Liegen übereinenader und machen Angst, dass sich auch Menschen hinlegen: E-Roller Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

A uch ich werde alt. Das hat wenig damit zu tun, dass ich mittlerweile meine Knochen spüre. Und nein, diese Erkenntnis ist nicht in Jahren aufzuwiegen. Sie ist verknüpft mit einem Gefühl: Rage. Die empfinde ich jedes Mal, wenn ich einen dieser E-Roller in Großstädten sehe.

E-Roller – und damit auch die Betreiber dieses Verunmöglichens von Gemeinschaft im öffentlich Raum – sind schlicht die Pest. In Berlin, Köln oder Frankfurt heißen sie Tier, Bolt, Lime, Bird oder Voi. Ihre Slogans: „Change mobility for good“ (Dabei haben sie nur Schlechtes über uns gebracht) oder „Ride Green“ (eher blau wegen blaues Auge, wenn man angefahren wird).

Beim E-Roller-Wahnsinn werde ich zu den nörgelnden Greisen auf dem Opernbalkon der „Muppet Show“. Greise im Plural. Meine Empörung würde die Energie von Statler und von Waldorf aufbrauchen.

Niemand in der Stadt benötigt E-Roller zur Miete: Geschäftsmänner, die mit flatternder Krawatte ihre Männlichkeit performen, können sich selbst einen E-Roller kaufen, und weil sie Geschäftssinn besitzen, werden sie mit ihrem Besitz ganz anders umgehen und ihn nicht mitten auf Gehwegen liegen lassen. Touris sollten lieber laufen oder Fahrräder ausleihen oder teure Touri-Tickets für den Nahverkehr kaufen. Das betrunkene und zugedröhnte Partyvolk sollte sich in den Park legen und ein Nickerchen machen, anstatt sich durch die Stadt mit Motor zu bewegen und andere zu gefährden. Halbstarke Jugendliche, die den Kick suchen, können sich von mir aus auf der Kirmes in einem Gehege gegenseitig überfahren. Neulich sind drei Kids auf einem (!) E-Roller über Rot gefahren und haben nur knapp überlebt, weil ein Autofahrer eine Vollbremsung hingelegt hat.

Wut aus Solidarität

Ich bin vor Kurzem fünf Kilometer durch Berlin gelaufen und habe mitgezählt: 34 E-Rol­ler lagen quer auf dem Gehweg, sie ragten auf Fahrradstreifen oder versperrten schmale Zugänge zwischen Dauerbaustellen und Eingängen zu U-Bahnhöfen, sodass sich lange Schlangen von Fuß­gän­ge­r*in­nen bildeten. Mir ist es so was von egal, dass ich nun wie ein verklemmter Bürgi daherkomme, der E-Roller zählt und in seiner Kolumne petzt. Diese Wut hat mit Solidarität zu tun.

Denn für meinen alten Körper sind die E-Roller erst mal kein Problem. Andere Menschen stellen sie aber vor existenzielle Fragen: Eine aktuelle Studie besagt, dass Blinde und sehbeeinträchtigte Menschen, Se­nio­r*in­nen und kranke Menschen in der Stadt Angst haben, sich auf den Gehweg zu begeben – wegen der E-Roller-Apokalypse.

Das muss man sich erst mal vorstellen: Der Fußverkehr als darwinistisches Spiel, in dem man sich mit einem funktionierenden Körper, 1 Euro Grundgebühr pro Fahrt plus 20 Cents pro Minute einfach das Überleben erkaufen kann. E-Roller markieren das Ende der Gemeinschaft im öffentlichen Raum. Sie sollten unbedingt verboten werden.

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Mohamed Amjahid
Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen. Im September 2024 erscheint sein neues, investigatives Sachbuch: "Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt" ebenfalls bei Piper.
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17 Kommentare

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  • Die Roller zu verbieten ist aber unfair, den Jenigen gegenüber, die sich immer an die Regeln halten. Nicht die Roller gehören verboten, sondern die Menschen, die die Roller nicht nach Vorschrift nutzen. Darauf sollten sehr hohe und empfindliche Strafen verhängt werden.



    Warum stellt der Staat nicht extra Scooter-Kontrolleure ein, die darauf achten, dass die Roller sachgerecht verwendet werden und sich an Vorschriften gehalten wird. Wer dann den Roller rücksichtslos und sinnloser Weise mitten in den Weg stellt, zahlt eine saftige Strafe.



    Sagen wir mal für das erste Mal 250 Euro.



    Zum zweiten Mal 750 Euro, drittes Mal 2000 Euro und wenn man dann immer noch meint, sich nicht an die Regeln halten zu müssen, kommen zu den 2000 Euro noch drastischere Maßnahmen hinzu, wie z.B. Führerschein für 1 Monat weg oder 2 Wochen Arrest. etc.



    Von den Strafen könnten dann die Kontrolleure bezahlt werden.

  • Also ich kann die Wut/ den Hass ja verstehen, aber das Problem sind nicht die Scooter selbst, sondern die Menschen...

    Ich erlebe es so oft mit, dass irgendwelche Leute die Dinger einfach umtreten oder als Blockade aufstellen, weil sie es witzig finden oder so. Oder nach der Nutzung nicht am Rand, sondern mitten im Weg abgestellt werden. Da sollte man Mal große Strafen einführen. Aber selbst die Polizei sagt dazu nichts, wenn jemand den Scooter offensichtlich dämlich abstellt...

    Mir haben die Scooter schon oft den Arsch gerettet, wenn ÖPNV Mal wieder versagt hat. Und auch wenn man einen eigenen Scooter kaufen kann, ist es nicht so praktisch, da man diesen ja auch immer mit sich führen muss und nicht am Rande des Gehwegs stehen lassen kann.

  • Das Problem sind nicht die e-Scooter. Das Problem sind die Fahrrad- , Fußgänger und e-Scooter unfreundlichen sowie Autofreundlichen Städte. Wenn genug Platz da wäre, wäre es äußerst schwierig einen e-Scooter in den Weg zu legen.

    Verbannt Autos aus den Städten und die meisten e-Scooter Probleme sind gelöst. Wir sind früher auch zu dritt besoffen mit dem Fahrrad über rot gefahren. Kein Problem, wenn es keine Autos gibt. Höchstens Schürfwunden und Prellungen vom Sturz. Und wir sind deutlich schneller als mit 20 km/h zu dritt auf dem Fahrrad gefahren. So ein Fahrradlenker ist im Gegensatz zum



    e-Scooter Lenker schon eine ordentliche Waffe bei der Geschwindigkeit.

    Die vielen weiteren Vorteile wenn man Autos aus den Städten verbannt liste ich hier mal nicht auf.

  • Rein persönlich und menschlich kann ich mich dem hier geäußerten Ärger sehr gut anschließen. Auf mich kommt es aber wenig an, auf Herrn Amjahid auch nicht. Tatsache ist, diese kleinen Roller erhalten nicht einen Pfennig staatliche Förderung und ihre Anbieter verdienen trotzdem Geld damit -- sie erfüllen demnach einen echten Bedarf. Zudem tragen sie gemessen und nachweisbar deutlich zur Milderung des innerstädtischen Verkehrsproblems bei: Nature Energy, Nov. 2022, DOI:10.1038/s41560-022-01135-1 (open access). Gegen objektive Tatsachen und Vorteile müssen die Befindlichkeiten nicht mehr ganz junger privilegierter Männer schon einmal hinten anstehen.



    Ganz anders ist das bei den tonnenschweren, massiv aus Steuern subventionierten Elektro-Suffs, in der Variante Hybrid gern am Ende der Leasingzeit mit dem Ladekabel in noch ungeöffneter Verpackung. Oder auch bei den ebenfalls ganz massiv bezuschußten Lastenrädern. Vor denen habe ich echte Angst. Sauschwer, hart, kantig, kaum gebremst und schlecht manövrierbar rasen sie über alle Fußwege nicht nur im Grüngürtel. Und in aller Regel wäre bei einer Kollision nicht nur ich schmerzhaft verletzt sondern ein Kleinkind gleich mit.



    Es geht nicht nur um zentral geplante Utopien grüner Orthodoxie, es kommt auch darauf an, was in der realen Praxis wirklich funktioniert und was ohne Bestechung und Zwangsbeglückung angenommen wird. Seien wir froh, daß es Roller gibt und achten wir mehr auf quantitativ messende Beobachtung als auf unsere eigenen anekdotischen Privatempfindungen. Eine richtig knallvolle Straßenbahn liebe ich auch an den Tagen am meisten, wo ich durch irgendeine Notwendigkeit ausnahmsweise doch einmal wieder selbst im im warmen Auto sitze.

  • Ganz in meinem Sinne:E-Roller gehören verboten.Meistens von Testosterongesättigten Jungmannen auf dem Bürgersteig genutzt , warum gehen sie nicht ein paar Meter zu Fuß oder fahren mit dem ÖPNV ?

  • Ein Wunder ist geschehen. Ich stimme Mohamed Amjahid zu. Dass ich das noch erleben darf ...

  • Ich als mobilitätseingeschränkter Mensch bin sehr dankbar dafür eine kostengünstige, nicht stigmatisierende und praktische Lösung zu haben, um kurze Wege, die andere Menschen mit einem Fahrrad erledigen können mit einem (leih) oder eigenen Stehroller zu bewältigen.

    Häufig lese ich hier eine ziemlich seltsame Bewertung raus: Fahrrad (für gesunde menschen geeignet) gut, Stehroller böse. Im Prinzip sind beides doch nur 2 rädrige Fahrzeuge in ungefähr ähnlicher Größe (und jetzt kommen Sie mir nicht mit den ach so schlimmen Akkus, als ob wir keine anderen Probleme hätten).

    Geht es um die Verleihsysteme, dann regt euch doch erstmal über die Leihfahrräder oder Autos auf.

  • 100 % d'accord... E-Roller sind zudem eine echte Umweltbelastung (Herstellung, Akkus, Ladeenergie und - logistik, Entsorgung..). Das mindeste wäre doch, die tatsächlichen (wie z. B. auch unfallbedingte Krankheits-) Folgekosten steuerlich zu 100% auf die Betreiber / Nutzer umzulegen. Das wäre dann echte soziale Marktwirtschaft und würde diese Technikmüllflut schnell zurückregulieren. Für unbedarfte Fahrer noch eine kleine Info: Ein Sturz bei vermeintlich harmlosen 27 km/h entspricht energetisch einem Sprung vom 3 - Meter-Turm auf den Strassen-Asphalt.

  • Cool. Wut-Bürgi aus Solidarität. Finde ich irgendwie gut. Ich habe diesen speziellen Schwachsinn zwar bisher deutlich entspannter ertragen, einfach weil unsere westliche Zivilisation dermaßen full of shit ist, dass ich mich mit solchen Kleinkram nicht belasten möchte. Aber ja, ich bin dabei: Kann weg.

  • Ich hasse diese Dinger, jeden Montagmorgen – aber auch an anderen Tagen –, mit dem Rad auf dem Weg zur Arbeit, darf ich Slalom fahren, weil besoffene oder bekiffte Typen, aus der Altstadt kommend, sich einen Spaß draus machen, die Roller mitten auf dem Radweg oder Gehweg zu platzieren.



    Früher haben wir gesagt, jeder der älter als acht Jahre ist und noch Roller fährt, hat den Schuss nicht gehört. Hätte sich Andy Scheuer mal dran erinnern sollen, dann hätte er uns vor dieser lästigen E-Roller-Schwemme verschont.

  • Vielen Dank! Ich sehe es genau so. Vor wenigen Tagen hatte ich folgendes Erlebnis: Ich verließ das Haus, in dem ich zur Miete wohne. Der Garten wird von einer Hecke zum Bürgersteig begrenzt, die mittlerweile soweit gekürzt ist, dass die auf dem Bürgersteig Radfahrenden und Scooter-Fahrenden es theoretisch sehen müssten, wenn da eine Person kommt. Weit gefehlt, nur knapp entging ich einem Unfall durch einen für eine zu Fuß gehende ältere Person "rasenden E-Scooter-Fahrer", denn ich blieb stehen und schaute erstmal nach links und rechts. Prompt "schoß" er an mir vorbei.



    Ich habe mir angewöhnt, erstmal nach links und rechts zu schauen, bevor ich den Bürgersteig betrete. Ich habe keine Statistik geführt, wie häufig ich dieses in den letzten Jahren erlebt habe. Der Bürgersteig wird von den radfahrenden und E-Scooterfahrenden Personen benutzt, da sie es zum einen wollen, zumindest aus meiner Sicht, und da die Straße aus Kopfsteinpflaster besteht.



    Selbst bin ich 67 Jahre alt und weiß aus eigener Erfahrung, wenn ich weiter abbbaue, was sehr wahrscheinlich mehr oder minder schnell der Fall sein wird, kann ich auf eine Teilhabe am Leben, extrem ausgedrückt, verzichten, denn die E-Scooterfahrenden und radfahrenden Personen haben den begrenzten Raum für sich zu Fuß bewegende Personen längst für sich entdeckt und sozusagen beschlagnahmt. Selbst gestern, es war glatt, ich musste einkaufen und suchte nach einem Weg, den ich gehen könnte, ohne zu stürzen. Gestern waren es die radfahrenden Personen. Sie suchten auch wohl mehr oder minder, angenommen, einen sicheren Weg und was war, ich rutschte durch die Gegend, damit die radfahrenden Personen ihren Platz hatten. Natürlich hätte ich etwas sagen können, aber was passiert dann, zumindest nach meiner Erfahrung, ich werde beschimpft und beleidigt. Ich habe aus meiner Sicht längst erkannt, die meisten Menschen interessiert es nicht, es geht um ihre Interessen. Ich befürchte, sie reflektieren es gar nicht.

    • @Xyra:

      Warum Scooter verbieten?? Weil einige Menschen zu blöd und zu faul sind sie ordnungsmäßig zu benutzen und abzustellen?? Nur weil ein kleiner Teil der Leute zu dumm ist und nu gleich wieder alle zu bestrafen? Ich selber bin leidenschaftliche Scooter Fahrerin und liebe meine Scooter.Gut ok ich habe eigene gekauft, fahre vorschriftsmäßig nach der StVO und stelle sie NIE falsch ab. Und ich bin über 50 Jahre . Wo sind in HH die Abstellzonen die man ganz groß angekündigt hat?? Ich habe bis jetzt nicht eine einzige Abstellzonen entdecken können. Städte und Anbieter müssen sich an einen Tisch setzten und ne Lösung finden. Wer zu blöd ist einen Scooter zu fahren und richtig abzustellen, muss ne empfindliche Strafe zahlen um es zu kapieren.

    • @Xyra:

      Ihr Brief verdient es, als Kommentar auf der Titelseite gedruckt zu werden. Mit dem konkreten und thematisch eng begrenzten Thema Akkuroller hat er aber wenig zu tun sondern deckt ein sehr viel breiteres Spektrum ab. Ein Scooterverbot würde Ihnen wenig nützen.

  • Volle Zustimmung, danke für den Artikel!

    Dazu passt der Instagram-Account @umtretroller 😄

  • E-Roller verbieten, Autos verbieten, was denn noch alles? Dabei schwächeln Öffis weiter, und Fahrräder sind im Winter deutlich weniger unterwegs. Bedeutet die Verkehrswende am Ende: besser ganz zuhause bleiben?

  • „Die Dinger sind eine Gefahr für Menschen. E-Scooter sollten verboten werden.“ Gilt viel mehr noch für Autos.

  • Kann ich Ihnen nur voll zustimmen, Herr Amjahid.

    Bei einem Besuch in München konnte ich kürzlich E-Scooter sehen, auf denen die Verleih-Firma einen Aufkleber "Bitte nicht "doof" parken!" angebracht hatte.

    Nun, die Verleiher kennen ihre Kundschaft bestens. Die Städte auch. Kaliforniens Kommunen sind schon vor Jahren ausgestiegen und haben rigorose Restriktionen umgesetzt. Immer mehr Länder und Großstädte haben Roller längst aus dem Stadtbild verdammt. Deutschland hängt da weit hinterher. Berlin wird wohl am längsten brauchen.

    Gewisse Nutzer verwenden gern E-Scooter statt in die Pedale zu treten. Und wunderbar, wenn in der Nacht die prekären "Juicer" in alten Diesel-LKWs unterwegs sind um die flotten Flitzer der Kleinen in der Stadt aufzuräumen und zu bestromen.

    Die Infantilisierung der Gesellschaft ist weiter auf dem Vormarsch.

    Und die Öko-Bilanz von Scootern zutiefst negativ.

    Sharing is Caring?

    Nationalgeographic: "Unterm Strich emittieren geteilte E-Scooter und E-Bikes mehr CO2 als die ersetzten Verkehrsmittel".

    Stern: "Ein Dieselbus ist weit umweltfreundlicher als E-Scooter".



    Sie (die Forscher) bestätigten dabei Einschätzungen, wonach Menschen die öffentlich zugänglichen E-Scooter vor allem für solche Strecken nutzen, die sie sonst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt hätten. Es fällt also mehr CO2 an, als wenn sie die Strecken auf gewohnte Weise zurückgelegt hätten.

    Weg mit dem Zeugs!

    Habe auch keine Lust mehr auf Roller, die einfach auf Gehwegen abgestellt werden. Oder immer mehr auch auf Radwegen. Mir reicht es schon auf sich plötzlich öffnende PKW-Türen zu achten, da brauche ich nicht noch diese dummen Roller.

    Sorry, gewisse Teile der Gesellschaft sind nicht reif für Sharing-Modelle. Noch lange nicht.

    Können wir nicht drauf warten. Da besteht eh keine Hoffnung.

    Es wird Zeit, dass gewisse Städte in die Gänge kommen.