Bundesverdienstkreuz für Arzt: Engagiert für Papierlose

Peter Reibisch setzt sich in Kiel für die medizinische Versorgung von Illegalisierten ein. Dafür hat er das Bundesverdienstkreuz bekommen.

Ein*e Ärzt*in im weißen Kittel misst den Blutdruck am Arm eines Menschen im gelben T-Shirt

Soll für alle ohne Angst vor Abschiebung zugänglich werden: medizinische Versorgung Foto: Bernd Weissbrod/dpa

HAMBURG taz | Warum gerade er Anfang der Woche im Schloss Bellevue vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, weiß Peter Reibisch nicht. Im Medibüro Kiel, das sich für die Gesundheitsversorgung von Papierlosen einsetzt, machten doch schließlich gut ein Dutzend Ehrenamtlicher gleichberechtigt die Arbeit.

„Solange der Staat seine Verantwortung für die kranken Menschen nicht wahrnimmt, wollen wir das übergangsweise ehrenamtlich übernehmen“, sagt Reibisch. Der 78-Jährige ist seit gut elf Jahren Teil des Projekts und ein- bis zweimal im Monat in der Sprechzeit vor Ort. Seit er in Rente ist, hat er endlich Zeit, sich zu engagieren. Davor praktizierte er als Allgemeinmediziner, als „moderner Familienarzt“ am eher armen Ostufer, „gesprächsorientiert und mit vielen Hausbesuchen“, sagt er.

Das Medibüro bietet einmal in der Woche eine Sprechstunde an, in der illegalisierte Menschen sich Hilfe suchen können – ohne die Angst, anschließend ausgewiesen zu werden. Ein Zweier-Team berät die Hilfesuchenden und verweist sie an eine von 50 Kieler Arztpraxen, die bereit sind, ab und zu ehrenamtlich oder für wenig Geld Menschen zu behandeln.

Reibisch und seine Mit­strei­te­r*in­nen haben auch dafür gesorgt, dass die Stadt Kiel die halbe Stelle einer Gynäkologin finanziert, die so illegalisierte Schwangere betreuen kann. Mit einem Krankenhaus haben sie vereinbart, dass dieses Geburten von Papierlosen für 300 statt der üblichen 2.000 Euro betreut. Außerdem setzen sie sich auf Bundesebene für einen anonymisierten Krankenschein ein.

Peter Reibisch

Peter Reibisch Foto: Michael Thielmann

Geboren in Lübeck und aufgewachsen in Lübeck und Kiel fand er seinen Weg zur Medizin durch seine Familie, in der es „viele Ärzte“ gab. Zu Beginn, erzählt Reibisch, stand für ihn die Idee im Vordergrund, Menschen zu helfen und Gutes zu tun.

Zur Bundeswehr wollte er nicht, um sich sein Studium zu finanzieren. Er hat es auch so geschafft, auch wenn das Geld knapp war in einer Familie mit fünf Kindern. Schon während seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt begann er zu fotografieren. Die Kunst ist für ihn ein Ausgleich zur Naturwissenschaft.

Reibisch freut sich über die Auszeichnung und dass die Arbeit des Medibüros gesehen wird. Aber er wundert sich auch: „Wenn ich die selben Wünsche in der Kommune äußere, dann wird es kompliziert.“

Er fordert vom Staat vor allem, „diesen verletzlichen kranken Menschen eine gute Behandlung zu geben“. Und zwar ohne dass die Bedingung ist, dass diese nach einer Behandlung abgeschoben werden.

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