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Hilfe in der EnergiekriseWie EU-Nachbarn Gaskunden helfen

Einmalzahlung und Preisbremse: Der deutsche Weg, Kosten für Brennstoff zu begrenzen, zog Kritik auf sich. Da lohnt ein Blick in die Nachbarländer.

Idylle wie gemalt: Touristen warten aufs Gas. Eems­haven in den Niederlanden Foto: Siese Veenstra/epa

Freiburg taz | Gibt es bessere Wege? Der „Gaspreisdeckel“ sei zu kompliziert, sozial unausgewogen und mit zu wenig Anreiz zum Energiesparen. Aber wie denn sonst?

In Deutschland hat die Kommission für dieses Jahr eine Einmalzahlung im Dezember vorgeschlagen, die sich am Gasabschlag vom September orientiert. Dieser rückwärtige Bezugspunkt ist zwingend, weil Kunden sonst ihren Abschlag noch schnell erhöhen könnten. Die Bemessung der Boni am Abschlag führt aber dazu, dass der Staat jene am meisten fördert, die in der Vergangenheit die meiste Energie verbraucht haben – ein sozial wie ökologisch zweifelhafter Ansatz.

Die Niederlande gehen da einen anderen Weg. Dort soll im November und Dezember jeder Haushalt eine pauschale Erstattung auf seine Gasrechnung von jeweils 190 Euro bekommen. Damit wird also bewusst nicht derjenige stärker mit Staatsgeld bedacht, für den Energiesparen in der Vergangenheit ein Fremdwort war.

Der Anreiz zum Energiesparen bleibt vollumfänglich erhalten. Unkomplizierter und rechtssicherer als das deutsche Modell dürfte der niederländische Ansatz ohnehin sein. Denn wie soll das funktionieren, wenn jemand zwischen September und Dezember umgezogen ist und/oder den Versorger gewechselt hat? Die Energielieferanten und – im Mehrfamilienhaus – Hausverwaltungen, die das Modell der Gaspreiskommission abwickeln müssten, wären in Hinsicht auf den bürokratischen Aufwand nicht zu beneiden.

Gaspreisbremse in den Niederlanden, Gutschrift in Irland

Auch die 2023 einsetzende Gaspreisbremse wirkt in den Niederlanden anders. Statt jedem Haushalt 80 Prozent seines bisherigen Verbrauchs zum gedeckelten Preis zu garantieren, wie es in Deutschland diskutiert wird, wollen die Niederlande allen Haushalten einheitlich bis zu 12.000 Kilowattstunden zum gedeckelten Preis gewähren. Das Kontingent gilt also unabhängig vom Verbrauchsverhalten, womit verhindert wird, dass ausgerechnet Großverbraucher am meisten Staatsgeld bekommen.

Ob die Grenze mit 12.000 Kilowattstunden zu hoch gelegt ist – gut gedämmte Häuser mit zugleich umsichtigen Bewohnern heizen längst deutlich sparsamer –, kann man diskutieren. Andere Länder konzentrieren sich vor allem auf den Strompreis. In Irland erhalten Verbraucher im November, Januar und März jeweils eine Stromkostengutschrift über 200 Euro.

In Österreich bekommen Haushalte ein Kontingent von 2.900 Kilowattstunden Strom im Jahr zum gedeckelten Fixpreis von sagenhaften 10 Cent pro Kilowattstunde; der Staat trägt dann die Differenz zum Marktpreis. Erst den Verbrauchsanteil, der darüber liegt, bezahlt der Kunde wie marktüblich. Im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Strom ist das nicht, da – erstens – 10 Cent extrem wenig sind und – zweitens – 2.900 Kilowattstunden mehr sind als der Bedarf vieler sparsamer Haushalte.

Frankreich wiederum hat die Strom- und Gaspreise für Haushalte bereits seit Monaten gedeckelt. Das ist insofern kritisch, weil dort Strom besonders knapp ist und so die dringend nötigen Anreize zum Energiesparen ausgehebelt werden. In Frankreich ergibt sich damit eine ökonomisch bizarre und auf Dauer kaum haltbare Situation: Im Stromgroßhandel sind die Preise deutlich höher als die deutschen Börsenpreise – doch wenn der Strom in der Steckdose ankommt, ist er so weit her­unter­subventioniert, dass er billiger ist als in Deutschland. Entsprechend liegt der Verbrauch französischer Haushalte deutlich höher als jener von deutschen.

Dass sich der Markt auch auf europäischer Ebene nicht austricksen lässt, zeigt sich in Spanien. Spanien hat einen Preisdeckel für jenes Gas eingeführt, das zur Stromproduktion eingesetzt wird. Damit dämpft das Land den Strompreis im Großhandelsmarkt. Die Folge: Spanien subventioniert nun auch Frankreich, das inzwischen im Nachbarland gerne Strom einkauft; im Jahr 2022 wird Frankreich erstmals in der Gesamtbilanz Strom aus Spanien importieren. Zugleich ist der Gasverbrauch in Spanien gestiegen, was in Zeiten knappen Gases kaum sinnvoll sein kann.

Schlichte Preisdeckel findet man in den unterschiedlichsten Varianten inzwischen in vielen europäischen Ländern – sei es für Gas, Strom oder Benzin. In Italien zum Beispiel beschloss die alte Regierung eine Subventionierung von Benzin und Diesel in Höhe von 30 Cent je Liter.

Eine problematische Konsequenz haben alle diese bedingungslosen Preisdeckel, wie Ökonomen immer wieder betonen: Wenn sich die physische Knappheit eines Energieträgers nicht vollumfänglich im Preis widerspiegelt, wird man auf Dauer nicht um eine Kontingentierung herumkommen. Oder, wie es der Energieökonom Lion Hirth, Professor an der Hertie School, formulierte: „Wenn die EU morgen einen allgemeinen Gaspreisdeckel beschließt, sollte die Bundesregierung sofort die Notfallstufe aus dem Notfallplan Gas ausrufen.“

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11 Kommentare

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  • Angefangen hat es jetzt mit dem Strom, Erhöhung von ca. 36ct/kWh (bei ca. 1000kWh Arbeitspreis und Grundpreis zusammengerechnet) auf ca. 54ct/kWh, also 50% mehr ab 1.dezember.



    Das dürfte aber erst der Anfang sein.



    Ansonsten frage ich mich, was mit alle denen ist, die mit Öl, Fernwärme oder Holz heizen, sind das jetzt Bürger zweiter Klasse, deren Probleme niemanden interessieren, weil sie sich bei Zeiten nicht die ach so umweltfreundliche Gasheizung haben andrehen lassen?

    • @Axel Schäfer:

      Und was bitte hat das jetzt mit dem Thema des Artikels zu tun?

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Danke für den Beitrag!

  • Wenn ich das richtig verstehe, ich der deutsche Lösungsansatz der sozial ungerechteste. Das Beispiel Niederlande wäre eine gute Lösung.

    • @Rolf B.:

      Man hätte in NL vielleicht ein Sockelkontingent für den Haushalt festlegen und dann pro Haushaltsmitglied aufstocken können.

    • @Rolf B.:

      Die Lösung der Niederlande scheint in der Tat viel besser zu sein als "unsere".

      Allerdings sind 190 Euro pro Haushalt auch etwas ungerecht, weil große Haushalte (Familien, WGs) benachteiligt werden. Pro Person wäre noch besser als pro Haushalt.

      • @Odine Mohl:

        Das würde aber bedeuten, der Staat erführe, wieviele Leute in einem Haushalt leben. Das käme ja eine Volkszählung gleich welche ja so vehement abgelehnt wurde.

        Die Kontingentdeckelung war tatsächlich auch mein erster Gedanke und erschien mir die gerechteste Lösung. Allerdings sollten auch andere Energieträger als Gas subventioniert werden.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Das IST Deutschland. Die können nicht wirklich anders. Sonst läuft die kollektive Konditionierung auf Statusgeilheit ins Leere. Und sinnlos zu leben, kann niemandem zugemutet werden. Das Chaos wäre nicht mehr zu bewältigen. Ruhe bleibt die erste Bürgerpflicht.

  • Ich bin einer dieser umsichtigen (Allein-) Bewohner eines einigermaßen gut gedämmten Hauses in den Niederlanden. Mein Provider Greenchoice hat mich vor ein paar Tagen darüber informiert, dass:

    "Es kommt ein Preisdeckel für 2023 für alle Haushalte für ein Volumen von 2900 kWh Elektrizität und 1200 m3 für Gas pro Jahr."



    Hier muss man berücksichtigen, dass in Holland üblicherweise L-Gas verheizt wird, das einen um etwa 10% niedrigeren Brennwert als russisches H-Gas besitzt, also die im Artikel genannten 12.000 kWh für Gas etwas zu hoch angesetzt sind.



    "Bis zu einem Verbrauch von 2900 kWh Strom und 1200 m3 Gas bezahlen Sie maximal 0,40 €/kWh und 1,45 €/m3 inkl. Mehrwert- und andere Steuern."



    Ab 1 januari 2023 wird die Mehrwertsteuer von momentan 9% wieder auf 21% erhöht."



    In den Monaten November und Dezember gibt es zusätzlich einen Einmalzuschuss von je 190 € pro Haushalt.

    So, und wie sieht das mit meinen Verbrauchszahlen aus? Die betrugen im letzten Jahr gerade einmal etwa 50% der gedeckelten Energiemengen. Auch wenn es sicher Haushalte mit mehr Bewohnern in größeren Häusern gibt, halte ich den Deckel deshalb deutlich für zu hoch angesetzt, wenn es darum geht, Anreize für aktives Energiesparen zu setzen.

  • Mit anderen Worten: Kein Land hat eine einfache Lösung gefunden, die gerecht ist und zum Sparen animiert. Im Vergleich zu Frankreich machen wir es aber nicht schlecht.

    Vielleicht hätten es die Europäer dem Markt überlassen sollen und bei ggf. die Sozialleistungen und die Steuerfreibeträge erhöhen können. Aber, auch der Vorschlag dürfte zu Ungerechtigkeiten führen. Aber zumindest wären nicht Situationen entstanden, in denen eine Leistung plötzlich wo anders ankommt als gedacht. Und die Preise hätten zum Sparen animiert.

    • @Strolch:

      Naja, die Niederlande haben eine recht einfache und gerechte Lösung gefunden.

      Nur die Grenzen sind etwas zu hoch angesetzt.