Gaspreise in Europa: Preisdeckel für die Niederlande

Die niederländische Regierung will künftig einen Grundbedarf an Strom und Gas subventionieren. Jenseits der Grenze ist der Marktpreis fällig.

Ein Topf mit Deckel auf einem Gasherd

In den Niederlanden ist der Energiemix traditionell stark auf Gas ausgerichtet Foto: Igor Terkhov/YAY Images/imago

AMSTERDAM taz | Lange hat die niederländische Regierung gezögert, jetzt greift sie doch ein: Am Dienstag verkündete sie einen „vorübergehenden Preisdeckel für Gas und Elektrizität“. Diese Maßnahme, die im ganzen kommenden Jahr gilt, soll Haushalten angesichts der Inflation „Sicherheit bieten“, heißt es in einer Stellungnahme. Wegen akuter Probleme, die viele Haushalte nun bereits mit ihren Gasrechnungen haben, will man ab November den monatlichen Betrag senken.

Konkret ist vorgesehen, dass der Preisdeckel bis zu einem durchschnittlichen Haushaltsverbrauch von 1.200 Kubikmetern Gas sowie 2.400 Kilowattstunden Elektrizität gilt. Der Preis für die entsprechende Menge soll auf dem Niveau vor dem Ukrainekrieg liegen. Der Kubikmeter Gas soll nicht mehr als 1,50 Euro kosten, Strom pro Kilowattstunde 0,70 Euro. Jenseits dieser Grenze wird der Marktpreis bezahlt – und Verbraucher so zum sparsamen Konsum angespornt.

Ein durchschnittlicher Haushalt soll nach Regierungsangaben damit etwa 2.280 Euro im Jahr sparen. An den Details wird weiterhin gearbeitet, heißt es in der Mitteilung, die erst kurz vor der Präsentation der Haushaltspläne für das kommende Jahr veröffentlicht wurde.

Die Mitte-rechts-Koalition in Den Haag reagiert damit auf den zunehmenden Druck anlässlich verschiedener Szenarien, die in letzter Zeit veröffentlicht wurden. So erwartet das die Regierung beratende Centraal Plan Bureau (CPB), dass bis zu 1,2 Millionen Haushalte ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Das Nationale Institut für Budget-Information (Nibud) sieht 2,5 Millionen und damit ein Drittel aller Haushalte gefährdet.

Angesichts solcher Perspektiven gab es in den vergangenen Wochen starke Kritik an der Regierung. Die hatte zwar Ende August ein 17 Milliarden Euro schweres Paket zur Stärkung der Kaufkraft beschlossen. Dieses aber gilt ab 2023, und die Forderung nach einem sofortigen Eingreifen wurde von der Regierung stets als unmöglich abgelehnt.

Der Sinneswandel erklärt sich nicht zuletzt mit dem dramatisch schlechten Image der Vier-Parteien-Koalition von Premier Mark Rutte. Gemäß der jährlichen Umfrage zum Start des parlamentarischen Jahres wurde deren Popularität mit 3,3 (auf einer Skala von 1 bis 10) so schlecht bewertet wie keine ihrer Vorgängerinnen. 65 Prozent der Befragten sprachen sich für Neuwahlen im nächsten halben Jahr aus, darunter auch zahlreiche Anhänger der Koalitionsparteien. Insofern kann der Preisdeckel auch für die Regierung eine Rettungsleine bedeuten.

Dass die Energiekrise die Niederlande besonders hart trifft, hat auch tiefere Gründe: Der Energiemix ist traditionell stark auf Gas ausgerichtet. Hinzu kommt die Liberalisierung des Energiemarkts 2004. Dass Konsumenten mit flexi­blen Kontrakten ständig den Anbieter wechseln konnten, gefiel den sparfreudigen Niederländern. Seit Ende 2021 sind sie damit aber besonders anfällig für Preissteigungen.

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