Einkäufe zum Schulbeginn: Ich kann nicht, ich will nicht

„Care-Arbeit“ gibt's nicht, schon klar. Warum aber betreiben viele so einen Aufwand, ihr zu entgehen? Weil's Mama am Ende mal wieder richten soll.

Federmäppchen auf Schulbank

Alles drin? Und wer hat's besorgt? Foto: dpa

Vor einigen Wochen hat die Autorin Alexandra Zykunov auf Instagram thematisiert, dass es in heteronormativen Beziehungen auch heute noch alleinige Aufgabe der Mutter zu sein scheint, den Kindern zu Schulbeginn ihre Hefte und Stifte zu besorgen.

Ihre Fol­lo­wer*­in­nen stimmten zu und erzählten von jener speziellen Sorte Väter, die sich betont tolpatschig anstellen und ein „Ich kann das nicht, du kannst das einfach viel besser“ vorschieben, wo gemeint ist: „Ich will nicht.“ Ein wunderbares Team bilden diese Sorte Väter dann noch mit Pädagog*innen, die jede Arbeit grundsätzlich den Müttern aufhalsen wollen: Eltern-Whatsapp-Gruppen, Elternabende, Einkaufslisten, Bastelmaterial, Ausflüge und so weiter.

Letzte Woche war auch hier in Wien Schulstart. Auf den Straßen habe ich abgehetzte Mütter gesehen, die Schultüten und Ranzen tragend hinter den auffällig schick gekleideten fröhlichen Kindern herliefen. Ein paar Väter waren auch dabei, aber nicht alleine. Es gab ein klares und erwartbares Ungleichgewicht.

Es ist schon bemerkenswert, dass in unserer Gesellschaft von einigen Leuten immer noch beteuert wird, man wisse nicht, was diese „Care-Arbeit“ eigentlich sein soll. Und wieso irgendjemand dafür Anerkennung oder gar angemessene Bezahlung haben will. Wenn es doch gleichzeitig in so vielen Beziehungen eine Menge Aufwand bedeutet, genau dieser Arbeit zu entgehen. Dennoch wird behauptet Care-Arbeit sei ein ausgedachtes Wort für etwas, das früher aus reiner Liebe passiert sei. Wenn ich an meine Kindheit denke – es gab eine Zeit, da waren wir drei Schulkinder und ein Kindergartenkind in einem Haushalt. In den Augen meiner Stiefmutter hab ich vieles gesehen, wenn wir am Anfang des Schuljahres mit unseren ellenlangen Einkaufslisten aus der Schule ankamen – aber es war nicht Liebe.

Immer die neuesten Füller

Wie denn auch, bei dem Arbeitsaufwand und den Kosten. Es war Stress, den sie und mein Vater neben ihren Vollzeitjobs nicht brauchen konnten. Geld, das wir hingegen gut woanders brauchen konnten. Wir Geschwister haben uns meist gemeinsam um den Einkauf gekümmert. Unsere Eltern waren oft erst zu Hause, wenn die Geschäfte schon zu hatten. Und neu gekauft wurde sowieso nur, was unbedingt nötig war.

Ich habe es gehasst. Ich erinnere mich genau, wie ich neidisch auf die Ranzen der Kinder schielte, die jedes Jahr alles neu bekommen haben. Die Riesenschultüten. Immer die neuesten Füller und Stifte. Die mit teuren Faserstiften ihre Schulhefte verzierten, während ich abgespitzte Buntstifte hatte. Meine Urgroßmutter hat mir dann einmal zehn dieser Faserstifte zu Weihnachten geschenkt und ich war so glücklich.

Vor ein paar Tagen habe ich neue Buntstifte für den Fünfjährigen gekauft und mich gewundert, wie viel Freude mir das auch heute noch macht. Fast so viel Freude, wie meinem Partner die Whatsapp-Elterngruppe zu überlassen. Er kann das einfach viel besser als ich.

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Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

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