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Folgen der Klimakrise in Deutschland„Jetzt ein Waldbrandland“

2022 wird wohl ein Rekordjahr für Waldbrände in Deutschland. Besonders betroffen sind dabei Brandenburg und die dortigen Kiefernforste.

Verbrannte Stämme in Beelitz: Um die Gefahr von Bränden zu reduzieren, braucht es Mischwälder Foto: Joerg Carstensen/dpa

Berlin taz/dpa | An einem Wochenende im Juni brannte in Brandenburg drei Mal so viel Waldfläche wie 2021 in ganz Deutschland. In Treuenbrietzen, Brandenburg, fielen im Juni 400 Hektar Wald dem Feuer zum Opfer, 2021 waren es in ganz Deutschland gerade einmal 148 Hektar gewesen. Insgesamt dürfte es 2022 einen Negativrekord geben: Schätzungen des EU-Waldbrandinformationssystems EFFIS zufolge haben inzwischen mehr als 3.100 Hektar Wald in Deutschland gebrannt – weit mehr als der langjährige Durchschnitt.

In Treuenbrietzen zerstörte der Brand ausgerechnet Versuchsflächen, auf denen For­sche­r:in­nen vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht hatten, wie sich Ökosysteme von Bränden erholen können. Für KIT-Wissenschaftler Somidh Saha war der Brand beängstigend, kam aber nicht überraschend: „Deutschland ist jetzt ein Waldbrandland“, lautet sein Fazit.

„Als Folge des Klimawandels erleben wir nun extreme Hitzewellen sowie Dürren, und damit steigt natürlich auch die Feuergefahr“, sagt Saha, der am KIT eine Forschungsgruppe leitet. Saha geht davon aus, dass künftig regelmäßig mit großen Waldbränden über mehrere Hundert Hektar zu rechnen sein wird.

Nach Angaben der Helmholtz-Klima-Initiative gibt es in Deutschland inzwischen deutlich mehr Tage mit hoher Waldbrandwarnstufe: 1961 bis 1990 gab es noch 27 Tage pro Jahr mit hohem oder sehr hohem Waldbrandrisiko, im Zeitraum 1991 bis 2019 waren es 38 Tage. Seit 2010 hat es bereits auf mindestens Einhundert Hektar Wald pro Jahr gebrannt. In den Jahren 2018 und 2019 brannten jeweils mehr als 2.500 Hektar, eine Zahl, die dieses Jahr übertroffen werden könnte.

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Die Waldbrandstatistik des Bundeslandwirtschaftsministeriums zeigt: In Brandenburg sind die Brände besonders schlimm. In jedem Jahr seit 2010 lang mindestens ein Fünftel der abgebrannten Waldfläche Deutschlands in Brandenburg. In den Jahren 2018 und 2019, als jeweils mehrere Tausend Hektar Wald abbrannten, lag mehr als die Hälfte dieser Fläche in Brandenburg. Das heißt: in den restlichen 15 Bundesländern brannte weniger Fläche als in Brandenburg. Und auch 2022 haben inzwischen 920 Hektar allein in Brandenburg gebrannt.

Eine Ursache dafür ist die spezielle Geschichte des Waldes in Brandenburg. Der Wald dort besteht zu großen Teilen aus Monokulturen von Nadelbäumen auf sandigem Boden, die besonders brandanfällig sind. Fast 70 Prozent der Waldfläche sind Kiefern – so viele wie nirgends sonst in Deutschland. Seit dem 18. Jahrhundert wird die schnellwachsende Baumsorte dort angebaut, um den Holzbedarf zu decken.

Doch in solchen Kiefernforsten brennen nicht nur die Bäume leicht. Auch der aus Kiefernnadeln bestehende Boden trocknet schnell aus und kann ebenfalls brennen. Inzwischen gibt es Anstrengungen, den Wald in Brandenburg zu einem Mischwald umzubauen, doch das ist nicht einfach, denn rund zwei Drittel des Waldes sind in Privatbesitz.

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7 Kommentare

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  • Jede Person kann jetzt was machen. Zum Beispiel die Ernährung und Lebensmittel-Konsum umstellen:



    1) Tierprodukte weglassen und sich stattdessen vegan ernähren. Das schafft Einsparpotenziale für Treibhausgasemissionen, Wasser, Fläche und Pesitizide und kann also gegen noch stärkere Klimaerhitzung und schnelleres Massensterben der Tiere helfen. Vegan geht sehr gut günstig und einfach:



    www.youtube.com/re...nstig+vegan+kochen



    2) regional kaufen. Veganes vom Wochenmarkt holen, kann auch günstig sein.



    3) wer das Einkommen hat sollte die veganen Nahrungsmittel in Bio kaufen. Das bedeutet noch einmal weniger Pestizide.



    ...



    Aktuell gibt es 2 % Veganer*innen in Deutschland. Es sollte doch mehr Menschen geben, denen etwas an Klima und Erhalt der Lebensgrundlagen liegt.



    Falls wer noch Erklärung und/oder Motivation braucht: "Time is Up!" - Mark Benecke im EU-Parlament. Mark Benecke ist Biologe und Forensiker und fasst in diesem Vortrag wissenschaftliche Fakten über die Entwicklung von Tierarten und Klima zusammen und trägt sie veranschaulichend vor:



    www.youtube.com/watch?v=Z_p9yYXZuCI

  • Tja, und wir sind erst ganz am Anfang der Katastrophe. Und die Bundesregierung hat nichts Eiligeres als Panzerparkplätze im Kopf. Wenn ich jetzt 16 wäre und natürlich bei FFF, ich würde zumindest der Grünen Jugend mal in den Allerwertesten treten.

    • @Jalella:

      Niemand ist zu alt, um etwas zu bewegen!

      Es gibt viele For Future Gruppen für Menschen, die älter als 16 sind, die sowohl mit FFF zusammenarbeiten, als auch eigene Projekte für dieselben Ziele gestartet haben. Zu finden sind sie hier: www.For-FUTURE-BUENDIS.DE



      Da sollte für alle eine passende Gruppe dabei sein.

      Außerdem gibt es Extinction Rebellion und die Letzte Generation, auch dort sind Menschen aller Altersgruppen aktiv.



      In Berlin findet seit ein paar Wochen jeden Freitag 17 Uhr das KlimaAfterwork im Invalidenpark vor dem Wirtschafts/Klimaministerium statt. Dort kann man in lockerer Atmosphäre bei Musik und ein paar Redebeiträgen Menschen aus der Klimabewegung treffen. Und Wege finden, selbst aktiv zu werden.

      Denn es braucht uns jetzt alle, mit all unserer Liebe und Energie, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu retten!

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Agrarindustrie durch Großbetriebe und profitorientierte Holzproduktion - in Brandenburg wird deutlich was passiert, wenn die Bewirtschaftung unserer Böden nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist.

  • Da fiel mir ein Beitrag von PeterWohlleben bei Markus Lanz auf:



    Anhand des Ahrhochwassers erläuterte er, wie die Fähigkeit der Waldböden, Wasser zu speichern, durch die Bewirtschaftung mit schweren Fahrzeugen reduziert wird. Er sprach von 95 % der Speicherfähigkeit, die durch Erntemaschinen mit bis zu 70 t Gewicht verloren gehen und somit dem Boden und den Bäumen Jahr für Jahr weniger Wasserreserven zur Verfügung stehen.

  • Das ist der Preis der Kiefern-Monokulturen.



    Solche Feuer gibt es in Mischwäldern nicht. Und Kiefernwälder bei uns sind kein Konstrukt der Natur sondern Mensch gemacht. also sind auch diese Waldbrände bei uns Mensch gemacht. Die Natur zeigt uns Menschen mal wieder, warum sie sich nicht für Monokulturen mit Kiefern entschieden hat.

  • Gut das Tesla einen Brandherd entschärft hat.



    Der Kiefernwald war schon zu DDR Zeiten krank. Erst die Rauchgase, Überdungung durch Stickstoff und jetzt gibt die Trockenheit den Rest.