Gewalt bei Protesten im Kongo: Wut entlädt sich gegen die UN
Bei Protesten gegen die UN-Mission im Kongo kommt es in Goma zu Feuer und Plünderungen. Erreicht haben die Blauhelme in dem Konflikt wenig.
Ein panischer Sprecher der UN-Blauhelme, die die UN-Stationen sichern, forderte am Montagmorgen alle Mitarbeiter der UN-Mission im Kongo (Monusco) dazu auf, zu Hause zu bleiben und nicht zur Arbeit zu kommen. Die UN-Basis am Ufer des Kivu-Sees, Hauptquartier der Monusco für die ganze Region, sei von wütenden Demonstranten gestürmt worden. Die anderen beiden UN-Basen seien unter Belagerung.
Vor der Logistik-Zentrale der UN-Mission brannte am Vormittag das kleine Häuschen des Sicherheitspersonals. Kongolesen plünderten die Vorräte, von Wasser über Lebensmittel bis hin zu Benzin und Büromaterialien. Die UN-Blauhelme reagierten zunächst nicht. Polizisten feuerten Kugeln in die Luft, um die Menge zu vertreiben – vergeblich. Am Nachmittag sollen mehr Schüsse gefallen sein, fünf Verletzte wurden gemeldet.
Die Jugendorganisation von Kongos Regierungspartei UDPS (Union für Demokratischen und Sozialen Fortschritt) in Goma, der Kongos Präsident Félix Tshisekedi angehört, hatte zu einem „friedlichen“ Protest aufgerufen, um „Nein“ zur Monusco zu sagen und sie „anzuweisen, ohne Bedingungen das Land zu verlassen“, wie es in einer UDPS-Presseerklärung heißt.
Tutsi-Rebellen haben Teile Ost-Kongos erobert
Die Demonstrationen ereignen sich nur wenige Tage nach dem Besuch von Senatspräsident Modeste Bahati Lukwebo. Dieser hatte die Ineffizienz der Monusco beim Kampf gegen bewaffnete Gruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo angeprangert.
Es ist nicht das erste Mal, dass Kongos Bevölkerung gegen die UN-Blauhelme gewaltsam demonstriert. Die Monusco ist die teuerste UN-Friedensmission weltweit, erreicht hat sie in über 20 Jahren Dauerkonflikt jedoch relativ wenig. In der vergangenen Woche kam es erneut zu Massakern an der Bevölkerung der Region um die Stadt Beni 300 Kilometer nördlich von Goma durch die ugandischen islamistischen Rebellen der ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte). Proteste in Beni und anderen Orten gegen die Ineffizienz der Monusco gegenüber der ADF hatten im Mai 2021 Kongos Regierung dazu bewogen, über die Region das Kriegsrecht zu verhängen – seitdem hat die Gewalt aber noch mehr zugenommen.
Dieses Jahr haben die Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die laut Kongo von der Regierung von Ruanda unterstützt werden, Teile der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu erobert, von der Goma die Hauptstadt ist. Sie kontrollieren seit mehreren Wochen die Grenzstadt Bunagana an der Grenze zu Uganda. Kongos Armee kommt trotz UN-Unterstützung nicht gegen die Rebellen an.
Für Präsident Tshisekedi ist das umso bedrohlicher, als die heiße Wahlkampfzeit begonnen hat. Ende 2023 stehen in dem riesigen Land Wahlen an, Präsident Tshisekedi will dieses Mal auf demokratischem Weg gewinnen, dafür ziehen er und seine Helfer alle populistischen Fäden. Im Juni kam es nach der Eroberung Bunaganas durch die M23 in mehreren Städten, darunter Goma, zu Übergriffen gegen Tutsi und mutmaßliche „Ruander“ im Kongo, angestachelt durch UDPS-Funktionäre. Nach den Tutsi wird nun die UN-Mission als Volksfeind dargestellt, um die Menschen in Rage zu bringen.
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