Folgen der Gaskrise: Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Ein Selbstläufer sei der frühere Kohleausstieg nicht mehr, warnt eine Wirtschaftsweise. Die Regierung müsse jetzt feste Beschlüsse fassen.
Eine entsprechende Verordnung will das Kabinett am Mittwoch beschließen, die dann auch gleich diese Woche in Kraft trete, wie es aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums hieß. Mit den anderen Ministerien sei das schon abgestimmt.
Demnach geht es erst mal um Steinkohlekraftwerke, die nur noch in Reserve gehalten werden oder bei denen die Abschaltung eigentlich kurz bevorsteht. „Die Anlagen müssen technisch in einen Zustand versetzt werden, der einen dauerhaften Betrieb am Strommarkt erlaubt“, heißt es in einem Papier aus dem Wirtschaftsressort.
Das Ganze ist vorerst bis zum kommenden April befristet. Die aktuelle Energiekrise bringt aber auch die langfristige energiepolitische Planung der Ampelregierung durcheinander. Die will ja eigentlich den Kohleausstieg schon 2030 absolviert haben – acht Jahre früher, als es das Kohleausstiegsgesetz der Großen Koalition vorschreibt. Bisher galt dieses aus Klimagründen nötige Vorhaben allerdings als Selbstläufer, für den die Regierung kaum etwas hätte tun müssen.
Gaspreis viel höher als früher gedacht
Man konnte lange davon ausgehen, dass Kohlekraftwerke durch den Europäischen Emissionshandel bis 2030 sowieso unwirtschaftlich werden – und die Konzerne sie freiwillig abschalten. So müsste sich die Politik auch nicht mit Diskussionen um Entschädigungen herumschlagen, wie eine Gesetzesreform sie wahrscheinlich mit sich brächte. Eine Studie zeigt nun: Das war einmal.
Hinter den Berechnungen steckt unter anderem die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die auch zu den sogenannten Wirtschaftsweisen gehört.
Das Problem laut Studie: Die bisherigen Pläne gehen nicht nur von einem massiven Erneuerbaren-Boom zur Ablösung der Kohlekraftwerke aus, sondern auch vom Bau neuer Gaskraftwerke. Dass Investor:innen den freiwillig in Angriff nehmen, ist durch die unerwartet hohen Gaspreise weniger wahrscheinlich geworden.
Das heißt laut Grimm und Kolleg:innen nicht, dass der Kohleausstieg jetzt bis 2030 nicht mehr zu schaffen ist. Die Politik müsse aber zügig „klare Beschlüsse über die Zeitachse“ fassen, so die Wirtschaftsweise. Sonst investiere die Wirtschaft nicht schnell genug um und setze lieber auf Kohle. Mit Laisser-faire wie bisher klappt es also nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher