Geschlechterdebatte in Kroatien: Freiheit wird am Keks verteidigt

Ein kroatischer Kekshersteller will die Gleichstellung von Frauen fördern. Eine Petition fordert nun Gerechtigkeit für Männer.

Eine Hand hält eine Kekspackung.

Hausfrau und Managerin steht auf der Kekspackung – und verursacht Aufregung unter Männern Foto: Denis Lovrovic/afp

Ein Kekskrieg tobt in Kroatien. Eine Geschlechterdebatte, die wegen einer Kekssorte ausgebrochen ist, regt die Nation so auf wie sonst nur das Recht auf Abtreibung.

Denn in Kroatien trifft man nicht selten noch auf richtig ursprüngliche Geschlechterbilder. Und auf echte Männer. Sie sitzen breitbeinig, egal wo, kratzen sich am Sack, ziehen die Rotznase hoch, raunen; „Davon hast du keine Ahnung“, wenn eine Frau was zum Thema sagt, und besaufen sich mit anderen Männern bis zum Halleluja, während sie Frauen, die das Gleiche tun, „Huren“ nennen.

Ein Foto des Großunternehmers und ehemaligen Bürgermeisters von Split, Željko Kerum, das ihn während des Wahlkampfs im Jahr 2013 zeigt, steht exemplarisch für diese ursprüngliche, wild-toxische Männlichkeit: rotzbesoffen und breitbeinig im Trainingsanzug auf einem Stuhl sitzend, die Sonnenbrille im Hemd steckend, vor der riesigen Plauze einen fast leeren Plastikbecher Bier in der Hand haltend und eine Scheibe Räucherschinken auf der Stirn klebend. Diese stinkende Mischung aus Schweiß, Korruption und Lächerlichkeit wurde dutzendfach memisiert und wird bis heute belacht. Denn freilich gibt es auch in Kroatien andere Männer.

Aber vor allem gibt es Frauen, die all diese Männer sehr gut kennen. Sie wissen genau, wer nach Feierabend noch den Abwasch, die Wäsche, die Toilette, die Kinder und alles andere, was mit Waschen, Putzen, Spülen und Aufräumen zu tun hat, machen muss. Sehr viele dieser wilden ­Männer in Kroatien sind Baustellenarbeiter, die hier „Bauštelac“ heißen. Zement mischen und Etagen bauen gehört zur kroatischen Identität wie geräucherter Schinken, die Mutter Gottes und „Domaćica“. Letzteres ist eine Kekssorte, die es seit 1957 gibt und deren Name „Hausfrau“ bedeutet.

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Die Hausfrau, ein einfacher sandig-pulvriger Keks mit einer mitteldicken Schicht Milchschokolade überzogen, steht in jedem kroatischen Haushalt für Gäste bereit. Und wenn Bauarbeiter Mittagessen im Supermarkt einkaufen gehen, kaufen sie meist immer auch eine Packung Hausfrau.

Anfang Mai dieses Jahres hat der Hausfrauen-Keks eine neue Imagekampagne gestartet. Auf den Packungen steht jetzt immer ein Zusatz: „Hausfrau und Programmiererin“, „Hausfrau und Managerin“, „Hausfrau und Krankenschwester“, „Hausfrau und Künstlerin“ oder „Hausfrau und Rechts­anwältin“. Das Ziel der Keksfirma: „In der Öffentlichkeit ein Bewusstsein schaffen für die Komplexität und Wichtigkeit der Tätigkeiten im Haushalt“ und ­daran erinnern, „dass jedes Mitglied im Haushalt sich auch um diesen kümmern muss“.

Eine Petition fordert nun: Gerechtigkeit für Männer. Die Keksfirma Kraš solle eine Edition namens „Bauštelac“ herausbringen. Das sei kein Sexismus, sondern die Anerkennung dessen, dass die „Hausfrau“ seit über 60 Jahren auf keiner kroatischen Baustelle gefehlt hätte. Es gibt auch schon Motivvorschläge: Bohrmaschinen, Bagger und Betonmischer.

Die Antwort auf die Kampagne der Keksfirma sagt alles: Auch wenn Frauen in Kroatien in vielen Fällen sogar besser verdienen als ihre Männer – waschen, putzen, spülen und aufräumen bleibt weiterhin ihr Job. Der Kekskrieg ist hier noch lange nicht zu Ende.

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