Holocaust-Gedenken in Jerusalem: „In Scham und Demut“ gedenken

Mit Bärbel Bas nahm erstmals eine hochrangige Repräsentantin Deutschlands an der Yom HaShoa-Gedenkfeier im Chagall-Saal der Knesset teil.

Bärbel Bas hält einen Kranz in der Hand, neben ihr eine uniformierte Frau

Bärbel Bas legt einen Kranz an der Gedenkstätte Yad Vashem ab Foto: Amir Cohen/ap

„In Scham und Demut gedenke ich allen Opfern“, sagte Bärbel Bas am Donnerstag bei der offiziellen Zeremonie des israelischen Parlaments zum Yom HaShoah, dem israelischen Gedenktag an die im Holocaust ermordeten Jüdinnen und Juden.

Bas ist die erste hochrangige Repräsentatin Deutschlands, die an der Gedenkveranstaltung der Knesset teilnimmt. Ihren Antrittsbesuch in Israel tritt sie als Ehrengast ihres Amtskollegen, Knesset-Sprecher Micky Levy, an. Die beiden hatten sich bereits am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, in Deutschland getroffen. Levy hielt dort eine emotionale Rede vor dem deutschen Parlament.

Die SPD-Politikerin zündete in der Gedenkveranstaltung eine Kerze für die Jüdin Irma Nathan an, die in der Shoah ermordet wurde, ebenso Nathans Mann und deren zwei Kinder. Nathan stammte wie Bas aus Duisburg und lebte in der Straße, in der Bas noch heute wohnt.

Jährlicher Gedenktag seit 1951

„Es gibt keine Enkel, keine Urenkel, die auf Irma Nathans Schoß gesessen haben“, erklärte die Bundestagspräsidentin vor der Knesset, „denn eine Familie wurde ausgelöscht. Und leider auch eine jahrhundertalte Kultur. Dafür trägt mein Volk die Verantwortung.“

Den Gedenktag Yom HaShoah richtete die israelische Regierung im Jahr 1951 ein. Seitdem wird dieser jährlich begangen. Die Shoah ist an diesem Tag in den Medien allgegenwärtig. Vormittags ertönt über dem ganzen Land eine Sirene, die das Leben für zwei Minuten lahmlegt: Autos halten auf der Autobahn an, öffentliche Übertragungen werden unterbrochen, die Menschen auf den Straßen stehen still. In zahlreichen offiziellen Gedenkveranstaltungen wird der jüdischen Opfer gedacht.

Alternativ dazu erzählen Holocaustüberlebende in Wohnzimmern von ihren persönlichen Erfahrungen und diskutieren in privaterer Atmosphäre mit jüngeren Generationen. Die Initiative Zikaron BaSalon – Erinnerungen im Wohnzimmer – organisiert seit 2011 diese Art Erinnerungszusammenkünfte.

Bas hob in Jerusalem die besondere Freundschaft zwischen Deutschland und Israel hervor und betonte, dass Deutschland an der Seite Israels stehe. Wenn sie höre, sagte sie am Mittwoch in der Gedenkstätte Yad Vashem, dass viele junge Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Angst vor einem Holocaust hätten, „dann sind das Alarmzeichen, die uns sehr, sehr wachsam machen müssen.“ Deutschland müsse mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegen lenken.

Der Aufruf der SPD-Politikerin kommt wenige Tage, nachdem eine Studie der Universität Tel Aviv für das Jahr 2021 einen starken Anstieg von antisemitischen Vorfällen weltweit vermerkte. Viele davon stünden im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen der Hamas und Israel im vergangenen Mai und der anhaltenden Pandemie.

Während ihres zweitägigen Besuchs nahm Bas sich außerdem Zeit, die an der Regierung beteiligte islamische Partei Ra'am sowie Ver­tre­te­r:in­nen der Hilfsorganisation für Holocaustüberlebende, Amcha, zu treffen. Laut Angaben der Behörde für die Rechte der Überlebenden des Holocaust leben derzeit noch 161 400 Überlebende des Holocaust in Israel.

Während Bas' Besuch in Jerusalem beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages 200.000 Euro für den Bau zweier Wohnungen in einem Wohnbauprojekt für von Armut betroffenen Holocaust-Überlebenden in Israel.

Micky Levy sagte, der Besuch symbolisiere die besondere Beziehung den beiden Ländern und die historische Verantwortung, die Deutschland für die Shoah und die Verpflichtung zur Sicherheit Israels übernommen habe.

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