+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Selenski fordert UN-Reform

Präsident Selenski fordert, Russland das Vetorecht im UN-Sicherheitsrat zu entziehen. Gazprom Germania verliert seinen Namen.

Wolodimir Selenski, Präsident der Ukraine, spricht per Videoübertragung während einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats im Hauptquartier der Vereinten Nationen

Wolodimir Selenski während seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat Foto: John Minchillo/dpa

Selenski fordert Entzug von Russlands Veto-Recht

Der ukrainische Präsident Wolodimyr Selenski hat die Vereinten Nationen (UN) zu einer Reform des Veto-Systems im Sicherheitsrat aufgefordert, mit dem unter anderem Russland Resolutionen blockieren kann. Alles müsse getan werden, damit das internationale Gremium effektiv handeln könne, sagte Selenski in einer Video-Ansprache vor dem Sicherheitsrat in New York. Russland gehört aus historischen Gründen mit den USA, China, Frankreich und Großbritannien zu den ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat, die mit ihrem Veto-Recht Entscheidungen stoppen können. Schon vor dem Krieg in der Ukraine hat es immer wieder Blockaden in dem Gremium gegeben. Vor dem UN-Sicherheitsrat schilderte der ukrainische Präsident im Detail entsetzliche Szenen aus Butscha.

In der Stadt bei Kiew waren nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen entdeckt worden, die nach ukrainischen Angaben auf Kriegsverbrechen russischer Soldaten hindeuten. Die Regierung in Moskau weist dies kategorisch zurück, beschuldigt die Ukraine einer Inszenierung und hatte sich mit diesem Vorwurf vergeblich selbst für eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates eingesetzt. Selenski warf Russland in seiner leidenschaftlichen Ansprache vor, die Ukraine zum Schweigen bringen und versklaven zu wollen. Vor seinem Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat hatte er in den vergangenen Wochen in zahlreichen Parlamenten – darunter auch im Bundestag – eindringlich für mehr Unterstützung im Kampf gegen Russland sowie härtere Sanktionen gegen das Land geworben. (rtr)

Selenski verlangt Kriegsverbrecherprozess gegen Russland

Der ukrainische Präsident Wolodimyr Selenski hat einen sofortigen Kriegsverbrecherprozess gegen das russische Militär gefordert. Russische Invasionstruppen hätten in der Ukraine die schlimmsten Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg begangen, sagte Selenski am Dienstag in einem Videoauftritt vor dem UN-Sicherheitsrat. Es gebe keinen Unterschied zwischen ihnen und Terroristen wie Mitgliedern der Terror-Organisation Islamischer Staat.

Zu seiner Ansprache zeigte Selenski ein Video, in dem blutige Leichen zu sehen waren. Er endete mit den Worten: „Stoppt die russische Aggression.“ Bilder von Gräueltaten an Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha und in anderen Ortschaften haben international Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht russische Truppen dafür verantwortlich, die den Ort mehrere Wochen besetzt hielten, bevor sie sich vergangene Woche zurückzogen. Russland spricht von einer „inszenierten Provokation“ der Ukraine. (ap)

Gazprom Germania muss auf Markennamen verzichten

Der russische Energiekonzern Gazprom hat seine ehemalige deutsche Tochterfirma Gazprom Germania zum Verzicht auf den Markennamen und die Verwendung des Markenlogos aufgefordert. Grund sei, „eine weitere Identifizierung ihrer Aktivitäten mit der Gazprom-Gruppe zu vermeiden“, teilte Gazprom am Dienstag auf Telegram mit. Der einstige Mutterkonzern ziehe außerdem alle seine Manager aus Führungsgremien von Gazprom Germania zurück, hieß es.

Das betreffe auch alle Tochterfirmen von Gazprom Germania, hieß es. Das deutsche Unternehmen ist seinerseits Eigentümerin weiterer wichtiger Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft – etwa des Gasspeicherbetreibers Astora.

Zu der Übernahme der Aufsicht über die bislang von Russland geführten Teile der deutschen Gasversorgung äußerte sich Gazprom zunächst nicht. Die Bundesregierung hatte am Montag per Anordnung die Bundesnetzagentur vorübergehend als Treuhänderin für Gazprom Germania eingesetzt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete dies mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften. Gazprom ist nach wie vor der größte Gaslieferant Deutschlands.

Der russische Energieriese hatte am 1. April mitgeteilt, seine deutsche Tochterfirma abgegeben zu haben. (dpa)

Ukraine erhielt deutsche Rüstungsgüter für 186 Millionen Euro

Die Bundesregierung hat bis Ende März Rüstungslieferungen im Wert von 186 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt. Im ersten Quartal dieses Jahres erhielten nur die Nato-Partner Niederlande und Großbritannien mehr Waffen und andere Rüstungsgüter aus Deutschland, wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima am Dienstag mitteilte. Die USA liegen auf Platz vier hinter der Ukraine.

Insgesamt verdreifachte sich das Exportvolumen von Januar bis März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu von 981 Millionen auf 2,88 Milliarden Euro. Das Ministerium führt den drastischen Anstieg vor allem auf ein auf mehrere Jahre angelegtes Großprojekt mit den Niederlanden zurück. Dorthin wird nach früheren Angaben Artilleriemunition verschiedener Kaliber im Wert von 1,79 Milliarden Euro geliefert.

In die Ukraine wurden seit der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland 2014 kaum Rüstungsgüter geliefert, bis die Bundesregierung sich Ende Februar zwei Tage nach Kriegsbeginn für Waffenlieferungen in größerem Stil entschied. Seitdem hat die Ukraine unter anderem Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Maschinengewehre und mehrere Millionen Schuss Munition erhalten.

Als Reaktion auf die Kriegsgräuel in dem Kiewer Vorort Butscha sollen die Waffenlieferungen nun noch einmal ausgeweitet werden. „Deutschland unterstützt die Ukraine nachdrücklich bei ihrem Recht auf Selbstverteidigung, wie die aktuellen Genehmigungswerte für Rüstungsgüter zeigen“, erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold. (dpa)

Polen kauft 250 Panzer und Kampffahrzeuge in den USA

Polen rüstet sein Militär deutlich auf und kauft 250 Panzer und Kampffahrzeuge in den USA ein. Die Bestellung im Wert von 4,7 Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) wurde am Dienstag vom polnischen Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak unterzeichnet, nachdem sie bereits im vergangenen Jahr beschlossen worden war. „Die Vereinbarung umfasst 250 Abrams-Panzer, gepanzerte Bergungsfahrzeuge, Angriffsbrücken, Ausbildungs- und Logistiksysteme und eine beträchtliche Menge an Munition“, sagte er bei der im Fernsehen übertragenen Unterzeichnungszeremonie.

Eine erste Lieferung von 26 Panzern werde noch in diesem Jahr in Polen eintreffen und östlich der Weichsel stationiert, „um jeden potenziellen Aggressor abzuschrecken“, sagte Blaszczak. „Jeder weiß, was sich an unserer Ostgrenze abspielt“, sagte er mit Blick auf die russische Invasion in der Ukraine. Die gesamte Bestellung soll bis 2026 ausgeliefert sein. (afp)

Nato erwartet verstärkte Offensive in Ost- und Südukraine

Die Nato erwartet in den kommenden Wochen eine verstärkte russische Offensive im Osten und im Süden der Ukraine. Russland werde versuchen, den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Die deutliche Truppenbewegung weg von der Hauptstadt Kiew hat nach Einschätzung des Militärbündnisses damit zu tun, dass sich der Fokus der russischen Streitkräfte nun in Richtung Osten verlagert. Die Truppen werden demnach neu gruppiert und neu bewaffnet.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen werden die Außenminister der Mitgliedstaaten nach Angaben von Stoltenberg an diesem Mittwoch und Donnerstag bei einem Treffen in Brüssel darüber beraten, wie die ukrainischen Streitkräfte zusätzlich unterstützt werden könnten. „Die Alliierten sind entschlossen, die Ukraine weiter zu unterstützen. Dazu gehören Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrsysteme und andere Ausrüstung“, sagte der Norweger. Die Nato wolle zudem zusätzliche Unterstützung bei der Abwehr von Cyberangriffen leisten.

Für einen „inhaltsvollen Dialog“ mit Russland sieht Stoltenberg derzeit keine Chance. Russland sei ein Land, das eklatant gegen das Völkerrecht verstoße, das militärische Gewalt gegen eine unabhängige souveräne Nation wie die Ukraine anwende und das für Gräueltaten verantwortlich sei. Zugleich betonte Stoltenberg, dass die Nato mit Russland weiter in Kontakt bleiben müsse. Russland sei ein Nachbar und in den Beziehungen gehe es auch um Themen wie Risikominderung, Transparenz, Konfliktentschärfung und Fragen im Zusammenhang mit Rüstungskontrolle. (dpa)

Mützenich: Deutschland unterstützt Kohle-Importstopp

Deutschland wird dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Importverbot für Kohle aus Russland nach Angaben von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zustimmen. „Wir schließen uns diesem Boykott an“, sagte der Vorsitzende der größten Regierungsfraktion im Bundestag am Dienstag in Berlin.

Er sprach sich für die Prüfung weiterer Sanktionen aus, äußerte sich aber skeptisch zu einem Stopp von Gas- und Öl-Importen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland dürfe nicht geschwächt werden. Bestimmte Entscheidungen könnten zu einer deutlichen Rezession und Inflation führen.

Die EU-Kommission hatte zuvor als Reaktion auf die Kriegsgräuel im ukrainischen Butscha ein umfangreiches Paket mit neuen Russland-Sanktionen vorgestellt. Es beinhaltet nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen neben dem Importverbot für Kohle eine Hafensperre für russische Schiffe sowie weitere Beschränkungen für den Handel mit Russland. Ob die Sanktionen wie vorgeschlagen verhängt werden, müssen nun die 27 EU-Staaten entscheiden.

Mützenich sprach sich dafür aus, nun auch alle Waffenlieferungen für die Ukraine zu prüfen, die möglich und verantwortbar seien. „Nach meinem Kenntnisstand ist Deutschland durchaus einer der größten Geber in diesem Bereich“, betonte Mützenich. (dpa)

Gemeinsamer Fahrplan zum Ausstieg aus russischer Energie

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich grundsätzlich hinter EU-Pläne zum Importverbot für russische Kohle gestellt, aber einen gemeinsamen Fahrplan zum Komplettausstieg aus allen fossilen Energieimporten aus Russland gefordert. Die Antwort auf die Kriegsverbrechen, die man in der Ukraine gesehen habe, müsse das fünfte Sanktionspaket sein, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag bei einer internationalen Unterstützer-Konferenz für Moldau in Berlin. Sie ergänzte: „Dass wir als Europäische Union den Komplettausstieg aus fossiler Energieabhängigkeit von Russland gehen, beginnend bei Kohle, dann Öl und dann Gas.“

Baerbock sagte, in den EU-Staaten seien die Energieabhängigkeiten unterschiedlich. „Wenn wir wirklich gemeinsam was erreichen wollen, dann brauchen wir einen gemeinsamen europäischen Fahrplan, wie wir aus fossilen Energieimporten aus Russland komplett als Europäische Union aussteigen.“ Deutschland habe als Vorsitzland der G7-Gruppe der führenden Industrienationen zudem Verantwortung dafür, dass solche Schritte in jenen Ländern, die wirtschaftlich nicht so stark seien, nicht zum finanziellen Kollaps oder einem kompletten Energieausfall führen könnten. (dpa)

EU-Kommission schlägt Importverbot für Kohle vor

Die EU-Kommission hat neue Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen. Dazu solle ein Importverbot für Kohle aus Russland gehören, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag. Die EU müsse nach den abscheulichen Verbrechen in Butscha nahe Kiew den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin erhöhen. Klar gegen solche Gräueltaten Stellung zu beziehen, sei nicht nur entscheidend für Europa, sondern auch für den Rest der Welt, sagte von der Leyen. Putins Angriffskrieg und Massaker von Zivilisten dürften nicht geduldet werden.

Es ist das erste Mal, dass die EU mit ihren Sanktionen gezielt das lukrative Geschäft Russlands mit fossilen Energieträgern ins Visier nimmt. Nach Angaben der Kommissionspräsidentin importiert die Staatengemeinschaft pro Jahr russische Kohle im Wert von vier Milliarden Euro. Die EU arbeite bereits an zusätzlichen Sanktionen, darunter auch Öl-Importe, sagte von der Leyen. Erdgas erwähnte sie nicht.

Die EU importiert etwa 40 Prozent ihres Erdgasbedarfs aus Russland. Deutschland und andere Staaten haben sich gegen ein Importverbot für russisches Erdgas ausgesprochen. Konsens unter den 27 EU-Staaten war, dass diese Einfuhren nicht so leicht zu ersetzen sind wie Kohle und Öl.

Die EU-Staaten müssen die Sanktionsvorschläge der Kommission einstimmig gutheißen. Dazu gehört auch ein Verbot für russische Schiffe, in den Häfen der EU anzulegen, es sei denn, sie transportieren essenzielle Waren wie landwirtschaftliche Produkte, Lebensmittel, Energie oder humanitäre Hilfe. Teil der neuen Sanktionen sind auch gezielte Exportverbote unter anderem bei Quantencomputern, Halbleitern und anderen technischen Geräten. Von der Leyen sagte, dass auch vier russische Banken, darunter das zweitgrößte russische Geldhaus VTB, von den Märkten abgeschnitten würden. „Das wird Russlands Finanzsystem weiter schwächen.“ (ap)

Lindner offen für weitere Sanktionen gegen Russland

Die Bundesregierung kann sich laut Finanzminister Christian Lindner weitere Strafmaßnahmen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine vorstellen. „Wir sind offen für Verschärfungen von Sanktionen“, sagte der FDP-Chef am Dienstag nach Beratungen der EU-Finanzminister in Luxemburg. „Es war ein Fehler Deutschlands, so stark abhängig zu werden von Energie-Importen aus Russland.“

Die bisherige Russland-Politik Deutschlands müsse kritisch hinterfragt und aufgearbeitet werden. Lindner ergänzte, das Ziel sei es, so schnell wie möglich von russischen Energie unabhängig zu werden. Dies gehe aber nicht überall gleich schnell. Die EU-Kommission schlägt einem Insider zufolge eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland vor, zu der auch ein Kohle-Importembargo zählen soll. Angesprochen darauf sagte Lindner der ARD: „Wir sprechen über alles.“ Kohle und Öl seien schneller zu ersetzen als etwa Gas oder Rohstoffe wie Palladium. (rtr)

CDU/CSU fordert mehr deutsche Waffenlieferungen an Ukraine

Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag fordert deutlich mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Ihr Erster Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei bezeichnete Deutschlands Rolle bei diesem Thema am Dienstag in Berlin als „blamabel“. Deutschland liefere deutlich weniger als viele kleinere Länder der Europäischen Union. Der CDU-Politiker griff insbesondere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) an: „Fakt ist: Sie macht das absolut schlecht und unzureichend.“

Frei sagte: „Wir möchten die Ukraine stärker noch als bisher unterstützen in ihrem Überlebenskampf, in ihrem Abwehr- und Verteidigungskampf gegen Russland. Wir sind davon überzeugt, dass Deutschland hier zu wenig getan hat und zu wenig tut.“ Die USA hätten in den vergangenen Wochen Waffen im Wert von etwa einer Milliarde Euro geliefert, Großbritannien im Wert von 500 Millionen, Deutschland im Wert von 80 Millionen. Selbst die baltischen Staaten hätten der Ukraine mehr Waffen gegeben. Das sei für Deutschland „beschämend“.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: „Alles, was unterhalb eines Kriegseintritts möglich ist, muss auch machbar sein.“ Der CSU-Politiker wollte sich nicht festlegen, für welche Waffensysteme dies gelten könnte. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, fordert für sein Land auch Panzer und Artillerie. Dobrindt sagte, es gehe um Abwehrwaffen, aber auch um geschützte Fahrzeuge und Drohnen. Frei nannte zudem Flugabwehrraketen und Panzerabwehrwaffen.

Die Bundesregierung müsse jetzt nicht nur bereit sein, die Ukraine aus Beständen der Bundeswehr zu versorgen, sagte Dobrindt. Sie müsse auch sofort Genehmigungen erteilen, damit Rüstungsunternehmen direkt liefern könnten. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, ob die Ukraine diese Waffen bezahlen könne. Er erwarte, dass die Bundesregierung eine Finanzierungszusage gebe. (dpa)

Italien weist 30 russische Diplomaten aus

Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine weist Italien 30 russische Diplomaten aus. Dieser Schritt sei in Übereinstimmung „mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern aus Gründen der nationalen Sicherheit“ erfolgt, sagte Italiens Außenminister Luigi Di Maio am Dienstag dem Sender RaiNews24. Zuvor hatten auch Deutschland und andere europäische Länder dutzende russische Diplomaten ausgewiesen, denen sie unter anderem Spionage vorwarfen.

Die Ausweisung der russischen Diplomaten stehe auch im Zusammenhang mit der „aktuellen Krisensituation“, sagte Di Maio mit Blick auf den Ukraine-Krieg weiter. Der russische Botschafter sei über die Maßnahme informiert worden, hieß es aus dem Außenministerium in Rom.

Die Gräueltaten von Butscha in der Ukraine hatten europaweit Entsetzen ausgelöst. Die ukrainischen Behörden hatten am Wochenende in der Kleinstadt bei Kiew nach dem Abzug russischer Truppen Dutzende Leichen entdeckt. Der Kreml bestreitet die Verantwortung russischer Truppen und weist die Anschuldigungen des Westens zurück. (afp)

Frankreich ermittelt zu Kriegsverbrechen in Ukraine

Die französische Justiz hat Untersuchungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen in der Ukraine aufgenommen. Bei den drei am Dienstag gestarteten Verfahren gehe es um Handlungen, die sich gegen französische Staatsbürger gerichtet haben sollen. Die zuständige Pariser Anti-Terrorstaatsanwaltschaft teilte mit, dass es konkret um psychische Übergriffe, den willentlichen Angriff auf unbeteiligte Zivilisten, den Entzug lebenswichtiger Güter beziehungsweise die Zerstörung und Wegnahme ziviler Güter gehe. Die Vorfälle sollen sich in Mariupol, Hostomel und Tschernihiw ereignet haben.

Bereits nach dem Tod eines französisch-irischen Journalisten in der Ukraine hatte die französische Justiz Untersuchungen zu Kriegsverbrechen aufgenommen. Frankreich kann zu Kriegsverbrechen im Ausland nur dann ermitteln, wenn sie von einem Staatsbürger oder einem Menschen mit Erstwohnsitz in Frankreich begangen wurden oder sich gegen einen französischen Staatsbürger gerichtet haben. (dpa)

Evakuierung in Regierungsmaschine nach Japan

20 Ukrainer sind am Dienstag mit Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi in einem Regierungsflieger in Tokio angekommen. „Wir haben erfahren, dass einige Menschen gerne nach Japan wollten, jedoch Schwierigkeiten hatten, die Reise selbst sicherzustellen“, sagte Regierungssprecher Hirokazu Matsuno am Dienstag. „Aus humanitären Gründen wurden 20 dieser Menschen eingeladen, in der Regierungmaschine mitzufliegen.“ Japan habe bislang 404 weitere Ukrainer aufgenommen, sagte Matsuno, nachdem Regierungschef Fumio Kishida im vergangenen Monat einen Aufnahmeplan für Kriegsflüchtlinge angekündigt hatte.

Der japanische Außenminister war für mehrere Tage nach Polen gereist, um Kiew Unterstützung gegen Russlands Invasion anzubieten. Japan hat sich den harten Sanktionen des Westens gegen Moskau angeschlossen. Am Dienstag kündigte der Inselstaat zusätzliche humanitäre Hilfe für Kiew in Höhe von 100 Millionen Dollar an. Weitere Unterstützung für die Ukraine und deren Nachbarstaaten über 100 Millionen Dollar waren im März bekanntgegeben worden.

Bislang nimmt Japan Kriegsflüchtlinge eher zögerlich auf. Unter Tausenden Bewerbern gewährt der Pazifikstaat normalerweise nur einigen Dutzend Flüchtlingen pro Jahr Zuflucht. Für Ukraine-Flüchtlinge hingegen hat das Land seine Türen geöffnet, bezeichnet sie jedoch als „Evakuierte“.

Ein Flüchtlingsstatus würde sie zu einem Mindestaufenthalt von fünf Jahren berechtigen, der dann in einen dauerhafteren Aufenthalt übergehen könnte. Stattdessen erhalten die „Evakuierten“ ein 90-Tage-Visum, das in einen Einjahresstatus mit Arbeitserlaubnis umgewandelt werden kann. 2020 hat Japan von rund 4000 Bewerbern lediglich 47 Flüchtlinge und 44 Menschen aus humanitären Gründen aufgenommen. Menschenrechtsgruppen werfen Tokio seit langem vor, zu wenig zu tun, um Menschen auf der Flucht vor gewalttätigen Konflikten zu helfen. (afp)

Von der Leyen und Borrell reisen diese Woche nach Kiew

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew angekündigt. Gemeinsam mit dem EU-Außenbeauftragen Josep Borrell wolle sie „in dieser Woche“ nach Kiew reisen, um dort den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski zu treffen, kündigte von der Leyens Sprecher Eric Mamer am Dienstag an.

Am Freitag war bereits die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nach Kiew gereist, um der Ukraine die Unterstützung der EU beim Wiederaufbau nach dem russischen Angriffskrieg zuzusichern. Selenski dankte Metsola für ihren „heldenhaften“ Besuch in Kiew.

Metsola war die erste Chefin einer EU-Institution, die seit Kriegsbeginn die ukrainische Hauptstadt besuchte. Mitte März waren die Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens und Sloweniens nach Kiew gereist, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu bekunden.

Für Samstag ist in Warschau die globale Unterstützungsaktion „Stand Up For Ukraine“ geplant. Bei dem von der EU und Kanada organisierten Treffen sollen Spenden für Flüchtlinge aus der Ukraine gesammelt werden. (afp)

Dänemark weist 15 russische Geheimdienstmitarbeiter aus

Dänemark weist nach Angaben des Außenministeriums 15 russische Geheimdienstmitarbeiter aus. Die Betroffenen arbeiteten den Angaben zufolge in der russischen Botschaft in Kopenhagen. Außenminister Jeppe Kofod erklärte: „Sie stellen ein Risiko für unsere nationale Sicherheit dar, das wir nicht ignorieren können.“ Die russischen Geheimdienstmitarbeiter haben zwei Wochen Zeit, um das Land zu verlassen.

Das Ministerium erklärte, der russische Botschafter sei am Dienstag über die Entscheidung informiert worden. Dänemark verurteile „Russlands Brutalität gegen ukrainische Zivilisten in Butscha“ scharf. Vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten seien ein Kriegsverbrechen. Am Montag hatten Frankreich und Deutschland die Ausweisung Dutzender Russen mit diplomatischem Status angekündigt. (ap)

Flucht über sieben humanitäre Korridore möglich

Über sieben humanitäre Korridore sollen sich Flüchtende in der Ukraine am Dienstag in Sicherheit bringen können. Das erklärte die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk bei Telegram. Zu den offenen Fluchtwegen zählten Korridore aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol und der von russischen Streitkräften kontrollierten Stadt Berdjansk, sagte sie.

Nach Wereschtschuks Angaben können Einwohner von Mariupol und Berdjansk in eigenen Fahrzeugen nach Saporischschja gelangen. Korridore sollen demnach zudem aus der Stadt Tokmak in der Region Saporischschja führen sowie aus den Städten Sjewjerodonezk, Lyssytschansk, Popasna und Hirske in der Region Luhansk.

Im selben Beitrag erklärte Wereschtschuk, russische Truppen erlaubten es niemandem, Mariupol zu betreten. Die Russen hätten Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Siedlung Manhusch westlich von Mariupol „blockiert“. Nach Verhandlungen seien die Vertreter des Roten Kreuzes in der Nacht freigelassen und nach Saporischschja geschickt worden.

Aus Wereschtschuks Erklärung ging zunächst nicht hervor, ob Russland einer Einstellung der Kämpfe entlang der bekanntgegebenen Korridore zugestimmt hat. Schon mehrfach scheiterten Anstrengungen, Zivilisten über humanitäre Korridore zu evakuieren, weil dort Kämpfe trotz Vereinbarungen mit Russland andauerten. (ap)

Schulze stockt Hilfen für Moldau auf

Das deutsche Entwicklungsministerium erhöht seine Unterstützung für Moldau angesichts der vielen dort untergekommenen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine um fünf Millionen Euro. Wie das Ministerium am Dienstag in Berlin mitteilte, wird die Hilfe von 35 auf 40 Millionen Euro aufgestockt.

Nach Angaben des UNHCR haben seit Beginn des Kriegs fast 400.000 Flüchtlinge die Ukraine Richtung Moldau verlassen. Rund 100.000 Kriegsflüchtlinge beherbergt das Land derzeit. Damit habe das kleine Land proportional zur eigenen Bevölkerung den größten Anteil Geflüchteter aus der Ukraine aufgenommen, erklärte das Entwicklungsministerium.

Zudem sei das Land durch die fast hundertprozentige Abhängigkeit von russischem Gas besonders verwundbar, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Deshalb werde die Unterstützung für das Land ausgebaut. Die finanzielle Hilfe soll nach ihren Angaben moldauische Kommunen dabei unterstützen, die Geflüchteten aufzunehmen und dafür die soziale Infrastruktur auszubauen. Ein weiteres Thema sei die Integration Auszubildender. In Gesprächen mit dem Land soll es zudem um Möglichkeiten zur Reduktion der Energieabhängigkeit gehen. (epd)

Moskau: Verhandlungen mit Kiew laufen in Videoformat weiter

Trotz bekannt gewordener schwerer Verbrechen an Zivilisten im Umland von Kiew gehen die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland Angaben aus Moskau zufolge weiter. „Derzeit laufen intensive Verhandlungen mit der ukrainischen Seite im Videoformat“, sagte Russlands Vize-Außenminister Andrej Rudenko am Dienstag in einem Interview der Agentur Interfax. Solange es noch keine Einigung über ein abschließendes Dokument gebe, sei es aber zu früh, um beispielsweise über ein Treffen von Russlands Außenminister Sergej Lawrow und seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba zu sprechen.

Lawrow und Kuleba hatten sich am 10. März im türkischen Antalya getroffen. Später verhandelten in der Türkei auch die Delegationen beider Länder miteinander.

Am vergangenen Wochenende hatten Bilder von den Leichen vieler Zivilisten in der Kleinstadt Butscha bei Kiew international für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine spricht von schweren Kriegsverbrechen und „Völkermord“ und macht dafür russische Truppen verantwortlich. Dennoch betonte auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski zuletzt, dass die Verhandlungen mit Russland fortgesetzt werden sollen. Moskau bestreitet die Schuld am Tod der Zivilisten. (dpa)

Öl- und Kohle-Embargo Thema bei EU-Finanzministern

Die Finanzminister der Europäischen Union beraten über ein mögliches Öl- und Kohle-Embargo gegen Russland. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte am Dienstag am Rande des Treffens in Luxemburg, er werbe als amtierender Ratsvorsitzender um die Zustimmung aller 27 Mitgliedsländer. EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis nannte einen Einfuhrstopp für Öl und Kohle „definitiv eine Option“. Angesichts der Kriegsgräuel in der Ukraine brauche die EU ein „starkes und glaubwürdiges Sanktionspaket“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich zuvor für einen Einfuhrstopp für Öl und Kohle ausgesprochen. Aus der FDP kam Zustimmung für eine Abkehr von russischem Öl. Bei Öl könne die Umstellung – anders als etwa bei Gas – „innerhalb weniger Wochen gelingen“, sagte der energiepolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Michael Kruse, der Nachrichtenagentur AFP.

An dem Luxemburger Rat nimmt auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) teil. Er hatte sich am Montag gegen einen Stopp der russischen Gasimporte ausgesprochen, Maßnahmen im Bereich Öl und Kohle aber offengelassen. Zu dem Finanzministertreffen soll der ukrainische Ressortchef Serhiy Marschenko per Video zugeschaltet werden.

Der österreichische Finanzminister Magnus Brunner sagte in Luxemburg, bei den Diskussionen gehe es vor allem um das Thema Kohle und einen Ausfuhrstopp etwa für Zement. Zu einem Ölembargo fügte Brunner hinzu: „In Zeiten wie diesen kann man nichts ausschließen.“ Österreich ist wie Deutschland besonders stark von russischen Energieimporten abhängig. (afp)

Russische Armee bombardiert ostukrainische Stadt Kramatorsk

Die ostukrainische Großstadt Kramatorsk ist in der Nacht zu Dienstag von der russischen Armee bombardiert worden. Bei den Raketenangriffen wurde unter anderem eine Schule im Stadtzentrum zerstört, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Seit der Ankündigung Moskaus, seine Militäraktionen auf den Donbass zu konzentrieren, wird in Kramatorsk und anderen östlichen Regionen eine Großoffensive der russischen Armee befürchtet.

Die attackierte Schule in Kramatorsk liegt neben einem Gebäude der Polizei. Neben dem teilweise eingestürzten Schulgebäude war nach dem Angriff ein Krater mit einem Durchmesser von etwa zehn Metern zu sehen. Zahlreiche Fensterscheiben wurden zerstört. Da sich zum Zeitpunkt des Angriffes niemand in der Schule aufhielt, gab es nach Angaben von Anwohnern offenbar keine Opfer.

Die ukrainischen Behörden gehen davon aus, dass sich die russischen Streitkräfte aus Gebieten im Norden der Ukraine, insbesondere um Kiew, zurückgezogen haben, um ihre Angriffe im Osten und Süden des Landes zu intensivieren.

Aus Angst vor russischen Angriffen waren in den vergangenen Tagen tausende Einwohner aus Kramatorsk geflohen. Die Evakuierungen per Zug mussten am Dienstagmorgen aber aufgrund der nächtlichen Bombardierungen unterbrochen werden. (afp)

Steinmeier sieht unter Putin keine Rückkehr zur Normalität

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rückkehr zu normalen Beziehungen mit Russland für unmöglich, solange Präsident Wladimir Putin dort an der Macht ist. „Es wird unter Putin keine Rückkehr zur Normalität geben“, sagte Steinmeier am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Ob Russland eine Zukunft in Europa habe, könne er momentan nicht sagen.

Steinmeier wiederholte in dem Fernsehinterview das Eingeständnis eigener Fehler in der Russlandpolitik. „Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind“, sagte Steinmeier. Dies betreffe das Bemühen, Russland einzubinden in eine europäische Sicherheitsarchitektur und auf dem Weg zu demokratischen Verhältnissen zu unterstützen.

Putin habe sich zu einem „eingebunkerten Kriegstreiber“ entwickelt, sagte Steinmeier. „Es war eine Fehleinschätzung, dass wir – und auch ich – gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2021 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen und moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seinen imperialen Wahn.“

Steinmeier räumte ein, dass seine Bemühungen in seinem früheren Amt als Bundesaußenminister, ein friedvolles Verhältnis mit Russland aufzubauen, gescheitert seien. „Wir haben es nicht geschafft, die Entwicklung aufzuhalten, die jetzt eingetreten ist und die sich jetzt in diesem Krieg entladen hat“, sagte der Bundespräsident.

„Die Warnungen von unseren osteuropäischen Partnern hätten wir ernster nehmen müssen“, sagte Steinmeier. Insbesondere das Festhalten Deutschlands am deutsch-russischen Pipeline-Projekt Nord Stream 2 sei ein Fehler gewesen, „weil es uns viel Glaubwürdigkeit bei unseren europäischen Partnern gekostet hat“. (afp)

Ukrainischer Botschafter fordert Panzer-Lieferungen

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, fordert zur Abwehr der russischen Invasionstruppen von Deutschland die Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen. Bislang seien leichte Waffen wie Flugabwehrraketen und Panzerfäuste geliefert worden, sagte Melnyk am Dienstag im Deutschlandfunk. Was die Ukraine aber nun brauche, seien schwere Waffen, Panzer, gepanzerte Wagen, Artilleriesysteme und Mehrfachraketenwerfer, womit man auch die Gebiete im Südosten der Ukraine befreien könne.

„Man kann keine Gegenoffensive starten mit einer Panzerfaust“, sagte Melnyk. Die Ukraine erwarte, dass auch aus den Beständen der Bundeswehr ähnliche Technik wie der Schützenpanzer Marder, der Flugabwehrpanzer Gepard und der Kampfpanzer Leopard geliefert werde. Dazu sei die Bundeswehr in der Lage. Die Rüstungsindustrie habe signalisiert, dass Marder, die an die Ukraine geliefert würden, sofort ersetzt werden könnten. (rtr)

Giffey fordert mehr Unterstützung vom Bund

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), fordert mehr Unterstützung des Bundes bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. „Berlin leistet einen großen Beitrag, aber wir werden diese große Aufgabe auch nicht allein aus Landesmitteln stemmen können“, sagte Giffey am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin.

Es seien 26.000 Geflüchtete alleine in landeseigenen Unterkünften in Berlin untergebracht worden. Mehr als 35.000 Menschen aus der Ukraine hätten in der Hauptstadt einen Aufenthaltstitel beantragt. Für Berlin sei dies „eine große Belastung“, betonte Giffey. „Wir stemmen hier gerade für die gesamte Bundesrepublik mehr als alle anderen Bundesländer zusammen.“

Giffey forderte eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer. Wer zu krank für die Weiterreise sei, vulnerablen Gruppen angehöre oder für sechs Monate eine Unterkunft nachweisen könne, könne in Berlin bleiben. „Aber wir können nicht alle hier in Berlin dauerhaft lassen. Deshalb ist die bundesgerechte Verteilung für uns ein ganz entscheidender Punkt.“

Mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen am Donnerstag pochte die SPD-Politikerin zudem auf finanzielle Unterstützung des Bundes. „Wir wollen gerne, dass die Geflüchteten in den Rechtskreis des SGB II kommen, also über die Jobcenter auch vom Bund finanziert werden, dass sie dort auch in Arbeit vermittelt werden, echte Perspektive bekommen, Integrations- und Gesundheitsleistungen.“ Zudem forderte sie eine vollständige Übernahme der Kosten für die Unterkunft der Flüchtlinge durch den Bund sowie eine Integrationspauschale für die Leistungen für Kita und Schule. (afp)

Ukraine erobert wichtige Gebiete im Norden zurück

Ukrainische Streitkräfte haben nach britischen Angaben wichtige Gebiete im Norden des Landes zurückerobert. Sie zwangen russische Truppen zum Rückzug aus Gegenden nördlich der Hauptstadt Kiew und rund um die Stadt Tschernihiw, wie das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf den britischen Militärgeheimdienst mitteilt. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig bestätigen.

Die ukrainischen Behörden haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über die gesamte Region Kiew und andere Bezirke wiederhergestellt. In seiner abendlichen Videoansprache sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, in den Regionen Kiew, Tschernihiw und Sumy weiter nördlich und östlich hätten die Besatzer Dinge getan, die die Einheimischen nicht einmal während der Nazi-Besetzung vor 80 Jahren erlebt hätten.

🐾 Mutmaßliche Kriegsverbrechen

Die EU und Berlin versuchen, angemessen auf die Bilder aus der Ukraine zu reagieren. Ein Stopp für Energieimporte aus Russland ist umstritten, schreiben für die taz Eric Bonse, Anna Lehmann und Tobias Schulze.

USA frieren russische Finanzreserven ein

Die Vereinigten Staaten haben die russische Regierung am Montag daran gehindert, den Inhabern ihrer Staatsschulden mehr als 600 Millionen US-Dollar aus den Reserven amerikanischer Banken auszuzahlen. Ein Sprecher des US-Finanzministeriums sagte, mit diesem Schritt solle Moskau gezwungen werden zu entscheiden, ob es die Dollar, auf die es Zugriff hat, für die Zahlung seiner Schulden oder für andere Zwecke, wie die Unterstützung seiner Kriegsanstrengungen, verwenden wolle.

Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew reagiert auf die Ausweisung russischer Diplomaten aus mehreren Ländern. Russland werde auf die gleiche Weise reagieren und die Türen zu den westlichen Botschaften zuschlagen, sagte Medwedew: „Das wird für alle billiger sein. Und dann werden wir uns am Ende nur noch mit dem Gewehr im Anschlag gegenüberstehen“. (rtr)

Russland zum Verzicht auf Landminen aufgefordert

Eine Vertreterin der weltweiten Kampagne gegen den Einsatz von Landminen hat Russland zum Verzicht auf den Einsatz dieser Waffen in der Ukraine aufgefordert. Die diesjährige Vorsitzende der Ottawa-Konvention, Alicia Arango Olmos, zeigte sich tief besorgt über Medienberichte, wonach die russischen Truppen bei ihrem Angriff auf die Ukraine auch Landminen einsetzen.

Ihr Appell an Russland sei: „Antipersonenminen verursachen nur Opfer, sie lösen kein einziges Problem“, erklärte Arango Olmos auf einer Pressekonferenz am Montag, dem internationalen Tag der Aufklärung über Minen und der Unterstützung bei der Minenräumung. Sie verwies darauf, dass die Ukraine als einer von 164 Vertragsstaaten die Ottawa-Konvention unterzeichnet habe, Russland jedoch nicht. Die internationale Vereinbarung sieht das Verbot der Nutzung, Lagerung, Produktion und Weitergabe von Landminen vor.

Arango Olmos verwies auf die Organisation Human Rights Watch, die am 29. März mitteilte, dass ukrainische Kampfmittelbeseitiger einen Tag zuvor verbotene Antipersonenminen in der Region Charkiw im Osten des Landes gefunden hätten. Von den Kriegsparteien verfüge nur Russland über diese Art von Minen.

Prinz Mired von Jordanien, der sich als Sonderbeauftragter für die weltweite Anwendung der Landminenkonvention einsetzt, sagte, dass etwa 80 Prozent der Länder der Welt der Vereinbarung beigetreten seien. Einige Länder, die nicht zu den Vertragsparteien gehörten, hätten die Macht, diese schreckliche Waffe zu beseitigen, wie China, Russland und die Vereinigten Staaten. „Es bedarf einer koordinierten und konzertierten Anstrengung auf höchster Ebene, um weitere Beitritte zu erreichen. Das wird nicht einfach sein, aber es ist möglich.“ (ap)

Nato bestätigt Einsatzbereitschaft von neuen Truppen

Die Nato kommt mit ihren Bemühungen um eine Verstärkung der Ostflanke voran. Wie eine Sprecherin des Militärbündnisses der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, haben die vier neuen multinationalen Gefechtsverbände in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei die erste Stufe der Einsatzbereitschaft erreicht. Ihr Aufbau war erst vor einigen Wochen angekündigt worden.

Zur genauen Zusammenstellung und Größe der sogenannten Battlegroups äußerte sich die Nato zunächst nicht. Nach einer Aufstellung vom 21. März waren allerdings schon damals 2.100 Soldaten aus Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Tschechien und den USA in der Slowakei präsent. In Ungarn waren es 800 Soldaten aus Kroatien, in Bulgarien 900 aus den USA und in Rumänien 3.300 aus Ländern wie Frankreich, Belgien, Italien und den USA.

Die neuen Gefechtsverbände sollen angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine die Abschreckung und die Verteidigungsfähigkeiten weiter erhöhen. Bislang hatte die Nato nur in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen dauerhaft multinationale Verbände stationiert. Normalerweise sind diese Battlegroups etwa 1.000 bis 1.200 Soldaten stark, sie wurden allerdings zuletzt wegen des Ukrainekriegs deutlich verstärkt.

Deutschland führt derzeit einen rund 1.600 Soldaten starken Gefechtsverband in Litauen. In die Slowakei wurden im März zudem Soldatinnen und Soldaten der Luftwaffe mit dem Flugabwehrraketensystem Patriot verlegt. (dpa)

Nato will tun, „was nötig ist“

Wann die neuen Gefechtsverbände in der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien nach der sogenannten Anfangsbefähigung (Initial Operational Capability) auch die sogenannte Vollbefähigung (Full Operational Capability) zertifiziert bekommen, blieb zunächst unklar. Ebenfalls ist noch offen, wie die langfristige Nato-Präsenz an der Ostflanke aussehen soll.

Als Option gilt, erstmals Brigaden im östlichen Bündnisgebiet zu stationieren. Sie könnten jeweils rund 5.000 Soldaten stark sein und zum Beispiel durch Elemente der Luft- und Seestreitkräfte oder Spezialkräfte ergänzt werden.

Ein solcher Schritt dürfte allerdings die Spannungen mit Russland weiter verstärken. Moskau würde vermutlich argumentieren, dass die langfristige Stationierung solcher Brigaden nicht mit der Nato-Russland-Grundakte vereinbar sei. Darin hat sich die Nato verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung „substanzieller Kampftruppen“ im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten.

Die bislang stationieren Battlegroups in Bataillonsgröße fallen nach Nato-Interpretation nicht in diese Kategorie. Zugleich gilt als unwahrscheinlich, dass die Nato wegen der Grundakte auf die Stationierung von Brigaden verzichtet. So hat Generalsekretär Jens Stoltenberg bereits deutlich gemacht, dass Russland nicht erwarten kann, dass sich die Nato noch an alle Vereinbarungen aus dem Jahr 1997 hält. Die Grundakte habe einen klaren Bezug zum Sicherheitsumfeld im Jahr 1997, als man Russland noch als strategischen Partner gesehen habe, sagte er jüngst. Heute befinde man sich in einem völlig anderen Sicherheitsumfeld, und die Nato werde tun, „was nötig ist“. (dpa)

🐾 Massaker in Butscha

Die Bilder von Leichen in Butscha gehen um die Welt. Anastasia Magasowa hat vor Ort für die taz mit den dort lebenden Menschen gesprochen.

Selenski soll am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski soll am Dienstag erstmals seit dem russischen Einmarsch in seinem Land vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen. Dies teilte Großbritannien am Montagabend mit, das derzeit den Vorsitz innehat. Unterdessen treibt Großbritannien zusammen mit den USA wegen des mutmaßlichen Massakers an der Zivilbevölkerung in dem Kiewer Vorort Butscha den Ausschluss Russlands vom UN-Menschenrechtsrat voran. Russland kritisierte die westlichen Vorstöße scharf.

In seiner abendlichen Videoansprache bestätigte Selenski seinen Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat, in dem Russland einen ständigen Sitz hat. Selenski verwies auf die mutmaßlich von russischen Truppen getöteten Zivilisten in dem Hauptstadt-Vorort Butscha: „Die Zeit wird kommen, wenn jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfährt, wer von ihren Landsleuten getötet hat. Wer die Befehle gegeben hat.“

Der Staatschef rief die internationale Gemeinschaft erneut dazu auf, die Sanktionen gegen Moskau zu verschärfen und mehr Waffen an sein Land zu liefern. Der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Jake Sullivan, kündigte neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland noch in „dieser Woche“ an.

Die britische UN-Vertretung teilte auf Twitter mit, sie werde „dafür sorgen, dass die Wahrheit über Russlands Kriegsverbrechen ans Licht kommt“. Großbritannien werde „Putins Krieg als das entlarven, was er wirklich ist“, erklärte die diplomatische Vertretung unter Verweis auf den russischen Staatschef Wladimir Putin. (afp)

🐾 Entsetzen über russischen Autokorso

In Berlin und anderswo wurde für Russland demonstriert. Die Bundesregierung warnt vor Desinformation, ein Innenminister will härtere Auflagen. Für die taz berichtet Konrad Litschko.

Ukraine befürchtet „massiven Angriff“ auf Luhansk

Die russischen Streitkräfte bereiten nach ukrainischen Angaben einen „massiven Angriff“ auf die Truppen in der östlichen Region Luhansk vor. Es werden Ausrüstung und Treibstoff gebracht sowie die Truppen verstärkt, teilte der Gouverneur der Region, Serhij Gaidaj, am Montag mit. „Wir glauben, dass sie sich auf einen massiven Angriff vorbereiten.“

„Die Bombardements werden immer dichter“, sagte Gaidaj in einer Videobotschaft. Er forderte die Bewohner auf, die Region so schnell wie möglich zu verlassen. „Wartet nicht darauf, dass eure Häuser zerbombt werden“, rief er die Menschen auf. Bei der Explosion einer Mine seien am Sonntag „zwei Freiwillige“ getötet worden, sagte er weiter. Beim Angriff auf eine Kirche wurden demnach zwei Priester verletzt. Zahlreiche Menschen machten sich am Montag auf die Flucht Richtung Westen. Hunderte von ihnen warteten am Bahnhof von Kramatorsk, einer Großstadt in der Region Donezk, auf Züge.

Die ukrainischen Behörden gehen davon aus, dass sich die russischen Streitkräfte aus Gebieten im Norden der Ukraine, insbesondere um Kiew, zurückgezogen haben, um sich auf den Osten und Süden des Landes zu konzentrieren.

Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums gab am Montagabend an, dass zwei Drittel der russischen Streitkräfte, die seit Beginn der Invasion das Gebiet um Kiew besetzt hielten, sich nach Belarus zurückgezogen haben. Demzufolge handelte es sich dabei wahrscheinlich um eine Neuorganisation vor einem neuen Angriff an anderer Stelle in der Ukraine. Russland hatte seinerseits kürzlich angekündigt, dass es seine Offensive auf den Donbass konzentrieren werde, wo sich die Region Luhansk befindet. (afp)

Hier lesen Sie die Nachrichten zum Ukrainekrieg vom Montag.

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