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Plakate gegen das Patriarchat in den USAMadonnas Lust

Mit Plakaten von internationalen Künstlerinnen macht eine Pussy-Riot-Aktivistin in den USA dem Patriarchat Dampf. Die Message: Es möge in Frieden ruhen.

Autumn Breon and Michele Pred, The Art of Equal Pay Foto: Autumn Breon und Michele Pred

New York. Hier irgendwo müssten sie zu sehen sein. Die beiden Großplakate mit den Arbeiten von zwei Künstlerinnen, die sich gegen die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen richten sollen. So steht es zumindest in der Pressemitteilung zu der Kunstaktion. Irgendwo hier an der Kreuzung von Forsyth Street und East Broadway in der Lower East Side von Manhattan.

Und tatsächlich, wer genau hinsieht, wird sie entdecken. Die obere Plakatwand zeigt einen Sarg, auf dem in großen weißen Buchstaben der Titel der Aktion steht: „Patriarchy R. I. P“ – Patriarchat, ruhe in Frieden. Und darunter die Fotografie eines auf den ersten Blick geschlechtslosen nackten Oberkörpers mit großer Narbe unter der linken Brust. Die rechte Körperhälfte wird von einer augenscheinlich in Stein gehauenen Nachbildung des Oberkörpers verdeckt. Eine Arbeit der britischen Künstlerin Holly Silius.

„Patriarchy R. I. P.“ wurde von der Pussy-Riot-Aktivistin Nadya Tolokonnikowa ­kuratiert – das Sargmotiv stammt von ihr – und von der Non-Profit-Organisation ­SaveArtSpace organisiert. Über einen Monat lang werden zehn Arbeiten von Künstlerinnen auf Werbeflächen in neun US-Bundesstaaten präsentiert (bis 7. April). Neben der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen soll die Aktion auf noch viel mehr aufmerksam machen. Leider.

Alles hängt zusammen, irgendwie

Schon die Ausschreibung klingt reichlich schwammig. Nadya Tolokonnikowa hat Werke von Künstlerinnen und LGBTQ+ für das Projekt ausgewählt, die aufgerufen waren, Arbeiten zu den Themen „Ermächtigung von Frauen und LGBTQ+“, „Zer­schlagung des Patriarchats“ und „Vernichtung der Geschlechterungleichheit in der Vermögensverteilung“ einzureichen. Natürlich hängt das alles irgendwie zusammen, wie alles immer irgendwie zusammenhängt. Irgendwie ist ja auch das Pa­triarchat an alldem schuld. Aber wie denn nun genau?

Gezeigt werden zwei Drittel der Arbeiten in konservativen, von Republikanern regierten Bundesstaaten wie Nevada, Arizona oder Georgia. Dort also, „wo Frauen und LGBTQ+ am meisten Inspiration und Solidarität brauchen“, sagt Tolokonnikowa. Das mag so stimmen. In diesen Bundesstaaten werden die Rechte von Frauen und LGBTQ+ gerade sehr konkret infrage gestellt, zum Teil wurden sie bereits abgeschafft. Die Problematik der ungerechten Bezahlung von Männern und Frauen aber geht alle an. Auch die Einwohner der liberalen, von Demokraten regierten Bundesstaaten. Oder worum geht es jetzt noch mal genau?

Entsprechend unterschiedlich fallen die Ansätze der Arbeiten aus. Die Arbeit der schwedisch-amerikanischen Konzeptkünstlerin Michele Pred zeigt eine pink eingefärbte Eindollarnote, über die schräg mit schwarzen Druckbuchstaben „Equal Pay“ geschrieben ist. Sehr plakativ, fast schon ein bisschen erwartbar. Aber für ein Plakat gar nicht mal verkehrt.

Andere Bilder spielen subtil mit weiblichen Stereotypen. „We Run This Mother“ hat die marokkanische Künstlerin Fatima Zohra Serri ihr Selbstporträt genannt. Gesicht und Haare von einem Nikab verdeckt und in ein langes schwarzes Kleid gehüllt, liegt sie auf der Fotografie seitlich auf dem Boden. Provokativ streckt sie ein Bein in grobmaschiger Netzstrumpfhose senkrecht nach oben. Auf ihrer Fußsohle balanciert sie eine fußballgroße Weltkugel.

Die Last der Welt balancieren

Die New Yorker Fotografin Reka Nyari zeigt die Schwarz-Weiß-Aufnahme einer am ganzen Körper tätowierten Frau, die in madonnenhafter Pose ein Baby stillt. Über ihrem Kopf schwebt ein Heiligenschein, ihre Augen sind geschlossen, zwei künstliche Tränen kleben unter ihrem linken Augen. Ihr Mund ist leicht geöffnet, mit ihren zwei Schneidezähnen beißt sie lustvoll auf ihre Zunge.

Fatimazohra Serri, We Run This Mother Foto: Fatimazohra Serri

Alles in sich ansprechende Werke. Trotzdem überwiegt der Eindruck der Beliebigkeit. Weil das Konzept so beliebig ist. Und zehn Arbeiten irgendwie die ganze Last des Patriarchats zum Ausdruck bringen sollen.

Pussy Riot wollten immer laut sein, gesehen und gehört werden. Sie boten unter großem persönlichem Risiko Aktionskunst, die auf das System zielt und jene Menschen erreicht, die eher nicht ins Museum gehen. Am eindringlichsten ist der Gruppe das 2012 mit ihrem unangekündigten Auftritt in einer Moskauer Ka­the­dra­le gelungen. Mit bunten, über die Köpfe gezogenen Strickmasken performten sie einen Putin-kritischen Punksong. Dieser Auftritt machte sie weltberühmt – und hatte fatale Folgen. ­Tolokonnikova und eine weitere Mitstrei­terin mussten dafür zwei Jahre ins Gefängnis.

Niemand sollte für seine Kunst ins Gefängnis gehen. Das steht außer Frage. Aber ein bisschen mehr Radikalität, oder einfach nur ein klares Konzept, hätte dem Projekt „Patriarchy R. I. P“ gutgetan.

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1 Kommentar

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  • Jetzt noch ein Konzert von Aktivisten und ein Theaterstück und die alten weißen Männer treten zurück.