Sanktionen gegen Russland: Paris und Berlin auf gleichem Kurs
Die Außenminister beider Länder zeigen sich gegenüber Russland weiter gesprächsbereit: Das oberste Ziel sei die Verhinderung eines Krieges.
Auf die Frage, ob diese Sanktionen eine Änderung des russischen Kurses bewirken könnten, blieben die beiden Außenminister wage. Le Drian äußerte die Vermutung, dass die Sanktionen Russland „Schmerzen zufügen“ werden. Allerdings handle es sich um ein abgestuftes Sanktionspaket, weitere Maßnahmen könnten jederzeit ergriffen werden. Baerbock sagte: „Wir haben es in der Hand. Wenn man von heute auf morgen jeglichen Kontakt abbricht und das Minsker Abkommen zertrümmert, akzeptieren wir das in keiner Minute“.
Beide Außenminister sagten, dass sie zu Gesprächen mit Moskau weiterhin bereit seien, auch wenn Russland das Völkerrecht gebrochen habe. Das oberste Ziel sei es, Krieg zu verhindern. Gerade für die russische Bevölkerung sei es wichtig, Teil der internationalen Gemeinschaft zu bleiben. Daher sei es an Russland, die Eskalationsschritte zurückzunehmen. Baerbock streckte Putin ihre Hand entgegen, als sie auf Englisch sagte: „It’s up to you, to come to the table“ („Es liegt an Ihnen, an den Tisch zu kommen“).
„Der russische Präsident versucht, im Osten der Ukraine das Rad der Geschichte auf Kosten seiner Nachbarn zurückzudrehen, mit Macht, mit Militär, mit absoluter Verachtung gegenüber all dem, was die Friedensordnung in Europa ausmacht“, sagte Baerbock. Niemand könne in den Kopf des russischen Präsidenten Putin schauen. Aber ein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner sei er nicht. „Wenn man vor einer Woche A gesagt hat und jetzt das Gegenteil tut, dann hat man nicht die Wahrheit gesagt. Oder auf Deutsch: dann hat man gelogen.“ Die EU sei auf alle Szenarien vorbereitet.
Annalena Baerbock, Außenministerin
Angesichts der Truppenaufmärsche an der Grenze mit der Ukraine betonten Baerbock und Le Drian die Bedeutung der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ostukraine. Die Mission sei das „Ohr und Auge der internationalen Gemeinschaft“, so Baerbock. In den Krisengebieten wohnten Frauen und Familien, „wir können die Augen nicht verschließen.“ Es werde geprüft, wie die Mission ausgeweitet werden könne, um auch die Sicherheit der Beobachter:innen zu gewährleisten.
Nicht nur auf europäischer Ebene wurden Sanktionen beschlossen, Deutschland hatte am Dienstag auch das umstrittene Pipeline-Projekt Nord Stream 2 vorerst gestoppt. „Uns als Bundesregierung war es sehr wichtig, auch auf nationaler Ebene zu zeigen: Für eine freie, souveräne und demokratische Ukraine nehmen wir wirtschaftliche Folgen in Kauf“, sagte Baerbock.
Le Drian hatte wegen der Eskalation der Ukrainekrise an der Kabinettssitzung der Bundesregierung teilgenommen.
Sondergipfel am Donnerstag
Unterdessen kommen die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zu einem Sondergipfel zusammen, um über die Russlandkrise zu beraten. Die Anwendung von Gewalt zur Veränderung von Grenzen habe im 21. Jahrhundert keinen Platz, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel bei Twitter. Deshalb berufe er einen Sondergipfel ein. (mit Reuters)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung