Anwerbung von Pflegekräften: Deutsch ist ein Standortnachteil

Deutsche Agenturen werben zunehmend Pflegekräfte aus Übersee – doch es gibt Hürden. Nun wurde ein Gütesiegel für faire Anwerbung verliehen.

Pflegekraft hilft einer alten Frau, die Pantoffeln auszuziehen

Laut Mediendienst Integration arbeiten 120.000 Pflegekräfte aus Drittstaaten in Deutschland Foto: deepol/plainpicture

BERLIN taz | Bernadette Bacud auf den Philippinen hat einen akademischen Abschluss als Pflegefachkraft und will in Deutschland arbeiten. „Das Schwierigste ist, du musst die Sprache lernen“, sagt sie. Ihre Landsmännin Jasmin Agatep plant ebenfalls die Arbeit in Deutschland, der Verdienst spielt eine große Rolle. „Ich will meiner Mutter zu Hause helfen, einen Laden aufzumachen“, erzählt sie.

Bacud und Agatep traten am Mittwoch in einem Video der Charité auf, sie werden künftig im Berliner Klinikum als Pflegefachkraft arbeiten. Das Klinikum gehört zu den Einrichtungen, die das neue Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ verliehen bekamen. Es wurde im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt und von der „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland“ beim Kuratorium Deutsche Altershilfe am Mittwoch an 17 Agenturen und Einrichtungen vergeben.

Das Gütesiegel gibt es dann, wenn bei der Anwerbung zum Beispiel das Kriterium eingehalten wird, dass im Herkunftsland der Angeworbenen nicht selbst ein Mangel an Pflegekräften herrschen darf und wenn die Pflegekräfte überdies für die Vermittlung nichts bezahlen müssen. Die Pflegekräfte müssen aus mindestens 3.500 Kilometer entfernten Drittstaaten kommen. Bei Kosten für die Anwerbung sowie für die Vorbereitungs- und Sprachkurse gibt es in Deutschland einen staatlichen Zuschuss für die Arbeitgeber.

Auch die Onea Care GmbH in Düsseldorf gehört zu den Gütesiegel-Trägern. Die Agentur werbe in Brasilien, auf den Philippinen, in Mexiko und Indien Fachkräfte mit einer akademischen Ausbildung in der Pflege an, sagte Geschäftsführer Leon Bauer der taz. Auch andere Länder wie die USA und Großbritannien bemühten sich in Übersee um Pflegekräfte, „da gibt es einen globalen Wettbewerb“. Die deutsche Sprache sei dabei „ein Standortnachteil“, so Bauer. Auf den Philippinen etwa ist Englisch Geschäftssprache.

In Europa stößt die Anwerbung an Grenzen. Beispielsweise hätte Serbien „ähnliche demografische Probleme wie Deutschland“, sagte Bauer. Das heißt, auch dort fehlt zumindest mittelfristig Personal im Gesundheitswesen. Serbien stoppte die Anwerbung für die Pflege aus Deutschland. In den Ländern in Übersee ist der Anteil der jungen Bevölkerung hingegen sehr hoch. In vielen afrikanischen Ländern, etwa in Ghana, fehle Gesundheitspersonal für die dortige Versorgung, daher werde dort nicht angeworben, erklärte Bauer.

Über die Agenturen mit Gütesiegel kamen vor allem Kräfte für die Krankenpflege nach Deutschland, sagte Solveig Giesecke, Sprecherin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe. Laut Mediendienst Integration arbeiten 120.000 Pflegekräfte aus Drittstaaten in Deutschland. Das sind etwa sieben Prozent des Pflegepersonals.

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