Treffen von Putin und Xi in Peking: Zwei, die sich brauchen

Chinas Präsident verlässt nach zwei Jahren die Selbstisolation, um zu Olympia-Beginn den Kremlchef zu treffen. Sie eint ein Zweckbündnis.

Xi Jinping auf einem Bildschirm , davor winzig TänzerInnen mit roten Fahnen

Wird herabsteigen in die Wirklichkeit: Xi Jinping Foto: Ng Han Guan/ap

PEKING taz | Peking ist seit Beginn der Coronapandemie zur geschlossenen Festung geworden. Ausländische Regierungsdelegationen sind seither höchstens bis nach Tianjin gekommen, 100 Kilometer von der chinesischen Hauptstadt entfernt. Dort wurden sie dann von Außenminister Wang Yi in einem gesichtslosen Messe­hotel empfangen.

Doch am Freitag wird nun Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping höchstpersönlich nach über zwei Jahren aus seiner selbst erlegten Polit-Isolation auftauchen – eigens um Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Dann trifft dieser als prominentester Ehrengast für die Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Winterspiele in Peking ein.

Die Beziehungen der zwei Staaten sind derzeit so gut wie nie, sogar besser als während der sowjetischen Vergangenheit. China braucht als aufstrebende und energiehungrige Wirtschaftsmacht die Öl- und Gaslieferungen aus Russland, im Gegenzug kann es Technologie und Investitionen anbieten. Die zwei autoritären Staaten sind zudem in ihrem Antagonismus zum Westen geeint: Sie brauchen sich, um auf internationaler Ebene ihre Umdeutungen von konstitutioneller Demokratie, Menschenrechten und Pressefreiheit durchzusetzen. Und sie betrachten sich als Block gegen die von den Vereinigten Staaten angeführte Weltordnung – einer Weltordnung, die sowohl chinesische als auch russische Propagandamedien im Niedergang begriffen sehen.

Bei dem Bündnis handelt es sich um eine ambivalente Zweckgemeinschaft

Substanzielle Ergebnisse sind von dem Gipfel am Freitag nicht zu erwarten, neue Energie-Deals und Militärkooperationen jedoch sehr wohl. Russlands Botschafter in Peking, Andrei Denissow, sprach zuletzt in einer einberufenen Pressekonferenz davon, dass Putin mit einer „guten Überraschung“ anreisen werde, ohne konkret zu werden. Laut Denissoq, der fließend Mandarin spricht, kennt die Kooperation zwischen den zwei Ländern „keine Grenzen“.

Das ist die blumige Sprache eines Altkommunisten, mit der Realität hat sie allerdings wenig zu tun. Tatsächlich handelt es sich bei dem Bündnis zwischen Peking und Moskau um eine hochambivalente Zweckgemeinschaft. Allein schon bei der Energiepolitik verfolgen die beiden Großmächte unterschiedliche Interessen: Wenn Chinas staatliche Ölriesen wie Sinopec dieser Tage vermehrt Flüssiggas nach Europa liefern, dann unterlaufen sie damit direkt die Hebelwirkung der russischen Gasfirmen gegenüber der Europäischen Union.

Chinas Blick in Richtung Ukraine

Ohnehin sind die ökonomischen Machtverhältnisse klar abgesteckt: Für China ist Russland abseits der Energielieferungen nur von geringer Relevanz. Andersherum ist die Volksrepublik mit einem 16-prozentigen Anteil am russischen Außenhandel der wichtigste bilaterale Wirtschaftspartner des Landes.

Selbst beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat die Volksrepublik die Russen jüngst überholt. Aus chinesischer Sicht ist also klar abgesteckt, dass mit Putin am Freitag der Juniorpartner anreisen wird.

Doch militärisch agieren die beiden Atommächte natürlich auf Augenhöhe. Und Chinas Staatsführung schaut in diesen Tagen ganz besonders auf den eskalierenden Ukraine-Konflikt: Sollte Russland eine militärische Invasion planen, wären dies für Peking wertvolle Erfahrungen – dafür, wie man mit der eigenen „abtrünnigen Provinz“ Taiwan umgehen solle. Sollte Moskau in diesem Fall ohne großen Widerstand des Westens davonkommen, dann käme dies für den demokratischen Inselstaat 8.000 Kilometer östlich einer Hiobsbotschaft gleich.

Doch vor allem möchte Peking nicht, dass ein Krieg in der Ukraine die Propagandashow während der Olympischen Spiele im eigenen Land vermiest. Das dürfte Putin wohl auch tatsächlich nicht wagen: Die mit Belarus angekündigten Militärübungen, die in zwei Phasen noch bis zum 20. Februar andauern werden, werten Beobachter vor allem als Signal an Xi Jinping, die Füße bis zum Ende der Winterspiele stillzuhalten.

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