Dopingfall Kamila Walijewa: Sport als Ausbeutung

Es ist einfach, den Ausschluss Russlands aus dem Weltsport zu fordern. Viel wichtiger ist, über brutale Trainingsmethoden und psychischen Druck zu reden.

Eiskunstläuferin Kamila Walijewa.

Russland raus? Eiskunstläuferin Kamila Walijewa beim Training in Peking Foto: Jeff Roberson/ap

Russland raus! Jetzt reicht es wirklich mit der ganzen Doperei. Jetzt füttern sie schon Kinder mit leistungssteigernden Medikamenten, die eigentlich dazu da sind, älteren Herzpatienten das Leben ein wenig leichter zu machen. Genug damit! Der Sport muss sauber sein. Moment mal! Ist das nicht eine Themenverfehlung? Ja, man kann nach dem irrwitzigen Dopingfall um Kamila Walijewa eine Diskussion über sauberen Sport führen, über faire Wettbewerbe und Chancengleichheit für alle Athletinnen.

Man kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass man russische Athleten wirklich vom Weltsport ausschließen muss, bis die Funktionäre dort endlich eingesehen haben, dass sie Schluss machen müssen mit der systematischen Medikation ihrer Sportlerinnen.

Aber eigentlich müsste man über etwas anderes sprechen: über den Sport als Gefahrenraum für Heranwachsende. Psychischer Druck, brutale Trainingsmethoden bei Heranwachsenden, die zur Folge haben können, dass die Pubertät verzögert wird, oder problematische Vertrauensverhältnisse Jugendlicher zu ihren Trainern, die in sexualisierte Gewalt münden können – das sind die Themen, denen sich der Sport stellen muss.

Was die erfolgreichen Turnerinnen der USA um Simone Biles über ihren Trainingsalltag berichtet haben, zeugt von einer Sportkultur, in der es die Regel ist, junge Körper regelrecht auszubeuten. Auch die brutalen Methoden von Kamila Walijewas Trainerin Eteri Tutberidse zeigen, wie menschenverachtend Sport sein kann.

Es braucht Ansprechpartner

Ja, das kann und sollte man bestrafen. Wofür man aber zunächst sorgen sollte, sind sichere Räume für Sportler und Sportlerinnen – vor allem für die ganz jungen unter ihnen. Es braucht Ansprechpartner, an die sich Betroffene wenden können. Sie sollten unabhängig von den Sportverbänden agieren. Auch im Olympischen Dorf sollte es solche sicheren Räume geben, zu denen die medaillenversessenen Verbände keinen Zugang haben.

Man weiß nicht, ob Kamila Walijewa einen solchen Raum aufsuchen würde. Dennoch: Gäbe es ihn, es wäre schon viel gewonnen.

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