Umweltverbände zu Autobahnblockaden: „Gut, dieses Thema zu pushen“

Umweltverbände loben, dass auf die Verschwendung von Lebensmitteln aufmerksam gemacht wird. Die Blockaden selbst wollen sie aber nicht bewerten.

Ein Mann mit Warnweste sitzt auf einer Autobahnausfahrt und hält ein Schild mit der Aufschrift "Letzte Generation"

Gegen die Verschwendung: Ein Aktivist der „Letzten Generation“ sitzt auf einer Berliner Autobahn Foto: Christian Mang/reuters

BERLIN taz | Große Umweltorganisationen begrüßen die Aufmerksamkeit, die die Klimaschutz-Initiative „Letzte Generation“ mit ihren Autobahnblockaden für den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung erzeugt. Doch nicht alle stimmen der Hauptforderung der AktivistInnen zu, Supermärkte gesetzlich dazu zu verpflichten, nicht verkaufte Lebensmittel zu spenden.

Unter dem Slogan „Essen retten – Leben retten“ blockieren die AktivistInnen seit drei Wochen in Berlin und anderen Städten immer wieder Autobahnen und weitere Straßen. Am Montag setzten sich mehrere Demonstranten auf Ausfahrten der Berliner Stadtautobahn und verursachten Staus. Die Polizei räumte die Blockaden recht zügig und nahm 21 Blockierer vorläufig fest.

In Deutschland werden Schätzungen zufolge ein Viertel bis ein Drittel der Nahrungsmittel weggeworfen, obwohl weltweit mehr als 800 Millionen Menschen hungern. Die durch Lebensmittelverluste verursachten Treibhausgasemissionen betragen nach Angaben des Umweltbundesamts von 2017 circa 4 Prozent des gesamten deutschen Ausstoßes.

„Es ist immer gut, dieses Thema zu pushen, und die Aufmerksamkeit kommt zu einem guten Zeitpunkt, weil wir eine neue Bundesregierung haben“, sagte Tanja Dräger de Teran, Agrarreferentin des Umweltverbands WWF, der taz. „Was diese Initiative gut macht, ist, darauf hinzuweisen, dass die Lebensmittelproduktion als Ganze sich ändern muss“, ergänzte Greenpeace-Experte Lasse van Aken. Ähnlich äußerte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Warnung vom Naturschutzbund

Keiner dieser Verbände wollte sich aber dazu äußern, wie er das Mittel Autobahnblockade bewertet. Der Naturschutzbund (Nabu) dagegen warnte davor, „dass die Forderungen durch diese Form des Protests innerhalb der Gesellschaft an Akzeptanz verlieren“.

Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe unterstützen die Forderung der AktivistInnen, große Supermärkte zur Abgabe nicht verkaufter Nahrungsmittel zu verpflichten. „So eine Pflicht würde ein Umdenken im Einzelhandel bewirken, weil es viel mehr Organisation erfordert, die Lebensmittel zu spenden, als sie wegzuwerfen“, argumentierte Elisa Kollenda, Projektmanagerin Ernährung und Landwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Der WWF dagegen sieht so ein Gesetz kritisch. „Wir finden es halt zu kurz gegriffen. Es betrifft nur die Verteilung des Überflusses“, sagte Dräger. Stattdessen müsse schon vom Acker ausgehend verhindert werden, dass überhaupt zu viel Lebensmittel produziert werden. Dafür müssten Nahrungsmittelunternehmen berichten, wie sie Verschwendung reduzieren. ­Dräger setzt auch darauf, dass die EU-Kommission ein Gesetz für verpflichtende Reduktionsziele vorschlagen wird. Hintergrund ist, dass laut Bundesagrarminis­terium in Deutschland nur 4 Prozent der gesamten Lebensmittelabfälle im Handel an­fallen.

„Es reicht nicht aus, hier nur auf den Handel und die Kon­su­men­t*in­nen zu schauen“, schrieb Katrin Wenz, Landwirtschaftsexpertin des BUND, der taz. Ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung solle die gesamte Produktionskette inklusive der Landwirtschaft in den Blick nehmen.

Der Nabu hat nach eigenen Angaben keine detaillierte Position zum Thema Lebensmittelverschwendung. Aber man stimme vielen weiteren Forderungen der AktivistInnen zu, etwa dem Umbau der Agrarsubventionen der Europäi­schen Union hin zur Honorierung ökologischer Leistungen, entwaldungsfreien Lieferketten und fairen Lebensmittelpreisen, weniger Fleischkonsum und Tierhaltung.

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