Modedesigner Thierry Mugler gestorben: Fetisch und Selbstermächtigung

Breite Schultern, Megahighheels: Thierry Mugler prägte maßgeblich den Look der 1980er – und damit auch ein neues Frauenbild. Ein Nachruf.

Thierrry Mugler vor einem schwarzen Hintergrund

Dem Pop näher als dem Modealltag: Der französische Designer Thierry Mugler wurde 73 Jahre alt Foto: Jens Kalaene/dpa

BERLIN taz | Der französische Designer Thierry Mugler, einer der größten Modedesigner unserer Zeit, ist tot. Er ist am Sonntag im Alter von 73 Jahren überraschend gestorben. Diese Woche wollte er neue Kooperationen bekannt geben.

Thierry Mugler, der nach einem Modedesignstudium an der Pariser „École des Arts Décoratifs“ 1974 seine erste Kollektion präsentierte, gab den Frauen eine unvergleichliche, neue Silhouette und prägte damit wesentlich den Look der 1980er und 1990er Jahre: Gigantisch breite Schultern, tiefer Ausschnitt, schmale Taille und Megahighheels. Ein Look, den die einen als Empowerment, die anderen als antifeministisch lasen.

Muglers Entwürfe und Fetischphantasien erzählen von Selbstermächtigung. Ähnlich wie bei Helmut Newton oder Jean Paul Gaultier sollten die Frauen nicht Objekt und Opfer der Blicke, sondern kraftvolle und machtbewusste Subjekte sein. Das brachte Mugler am deutlichsten mit Hartschalencorsagen zum Ausdruck, wie sie dann Grace Jones trug.

Überhaupt war Mugler dem Pop näher als dem Modealltag – David Bowie, Diana Ross und auch Lady Gaga griffen für ihre Fashion-Statements zu Muglers Entwürfen.

Feier der Künstlichkeit

Als einer der ersten hat er bereits 1998 eine Schau via Livestream im Internet gezeigt. Wie Geschöpfe zwischen Mensch und Maschine wirkten seine Models auf dem Catwalk, damit spiegelten und formten sie zugleich einen gewissen Zeitgeist, der von neuen Zukunftserzählungen und Technikverliebtheit geprägt war. Das funktionierte seit den 2000er Jahren nicht mehr, die Frauen wie auch die Bilder von der Zukunft waren nun andere.

Aktuell dominieren eher Authentizitätsfantasien, das Künstliche gilt da schnell als verdächtig und wenig korrekt. Für einen wie Mugler hingegen war Künstlichkeit freiheitsgebend. Auch am eigenen Körper zelebrierte er sie und veränderte durch zahlreiche Operationen sein Äußeres immer stärker.

Sich als Designer neu zu erfinden, gelingt nur wenigen. Nachdem im Jahr 2000 das Modelabel Mugler eingestellt worden war, arbeitete Mugler als Kreativdirektor und Choreograf. 2008 wurde das Label Mugler ohne ihn neu lanciert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.