Reemtsa-Entführer Thomas Drach: Keine Reue

Vor gut 20 Jahren wurde Drach für die Entführung von Jan Philipp Reemtsma verurteilt. Jetzt steht er erneut wegen diverser Straftaten vor Gericht.

Thomas Drach: Anklage wegen vier Überfällen auf Geldtransporter Foto: Oliver Berg/dpa

BERLIN taz | Steht einer oder eine vor Gericht, angeklagt einer wirklich schweren Straftat – in diesem Fall der Entführung des Hamburger Philologen und Mäzens Jan Philipp Reemtsma –, glauben die meisten, dass wenn das Verbrechensopfer das schildert, was die Tat an ihm oder ihr angerichtet hat, der Verdächtige irgendwann Reue bekennen werde: in sich gehen, sich entschuldigen, womöglich beim Opfer auch noch um Vergebung bitten. Das allerdings war von Thomas Drach, dem Kopf des Kidnappings Reemtsmas im Jahr 1996, nicht zu vernehmen.

Als er so reglos vor gut 20 Jahren auf der Anklagebank des Hamburger Landgerichts saß, nahm er selbst die Verurteilung zu 13 Jahren Haft stumm zur Kenntnis: Als ob da einer die Freiheitsstrafe in Kauf nimmt, weil das Lösegeld quasi dem Ertrag eines Investments gleichkam – so erkannte es das Opfer Reemtsma und ließ (und vermutlich lässt) jahrelang nach der nie wieder aufgefundenen Lösegeldsumme fahnden, überwiegend vergebens.

Luxus und Glamour

Für Drach war es in der Tat ein Investment, der Mann, 1961 als Spross einer bürgerlichen Familie in Erftstadt geboren, erkannte in Delikten wie einer Entführung das ideale Mittel, um mit logistisch anspruchsvollem Aufwand viel Geld zu verdienen, denn er liebte – ausweislich einiger Episoden in seinem Leben auf der Flucht – den Luxus, den Glamour. Und womöglich dachte er sogar, er sei in puncto Intelligenz ein Großgehirn mit notorischer Verbrechensneigung.

Begonnen hat er seinen Berufsweg, der eigentlich nach dem Rauswurf aus dem Gymnasium gediegen in eine Karriere als Kfz-Mechaniker münden sollte, mit einem Überfall auf einen Supermarkt, dem Versuch einer Eroberung einer Sparkasse durch einen Autocrash durch die Frontscheibe – nie gelang ihm wirklich Intelligentes, auch die Entführung Jan Philipp Reemtsma war eigentlich mit zu viel Gewalt unterfüttert – insofern: Drach eignete sich nie zum Idol unter Kriminellen, die Noblesse und Distanz zu Gewalt gegen Menschen halten.

Drach muss mit einer weiteren hohen Strafe rechnen

In Köln ist er nun nach etlichen Überfällen auf Geldtransporter und nach versuchtem Mord an einem Wachmann angeklagt. Er muss, satt vorbestraft, wie er ist, mit einer weiteren hohen Freiheitsstrafe rechnen; die Staatsanwalt prüft, ob Thomas Drach, der Mann mit der selbst im Kriminellen gescheiterten Biografie, mit dauerhafter Sicherheitsverwahrung zu rechnen hat.

Diese kommt auf Straftäter zu, wenn sie zu notorischer Berufsausübung aus Kalkül neigen und nichts darauf hindeutet, dass sie im prinzipiellen Sinne von ihrem durch keine sozialpädagogisch inspirierten Gründe gedeckten Tun lassen. Drach, so hinterließ er bei allen Be­ob­ach­te­r*in­nen im Prozess gegen ihn wegen der Entführung Jan Philipp Reemtsmas den Eindruck, nahm die Haftstrafe in Kauf, weil das in seiner Kalkulation vom Preis-Leistungs-Verhältnis eingebongt war.

Die Staatsanwaltschaft in Köln geht in ihren Überlegungen davon aus, dass Thomas Drach über keine Mittel aus der Entführung mehr verfügt – deshalb die teils ultrabrutalen Überfälle auf die Geldtransporte.

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